In der Quantenphysik spielen verschiedene Phänomene eine wichtige Rolle, um das Verhalten von physikalischen Systemen zu beschreiben. Diese Phänomene entziehen sich jedoch unseren Beobachtungsmöglichkeiten im Alltag oder der makroskopischen Welt. Deshalb sind sie oftmals schwer vorstellbar, weil man sie auch nicht unmittelbar mit bisherigen Erfahrungen vergleichen kann. Jedoch können einige Analogien aus dem Alltag dabei helfen, Quantenphysik besser zu verstehen – und umgekehrt.

An dieser Stelle möchte ich speziell zwei Phänomene der Quantenphysik mit Hilfe von Analogien aus der Wirtschaft näher erläutern: den Observer-Effekt und die Quantenverschränkung. Während man in der klassischen Physik erwartet, dass der Messwert schon vor der Messung feststeht und mehrere Experimente mit exakt dem gleichen Versuchsaufbau das gleiche Ergebnis produzieren, verhält es sich in der Quantenphysik anders. Hier beeinträchtigt der Messvorgang das Ergebnis der Messung. Er nimmt also einen direkten Einfluss auf den ursprünglichen Zustand des Quantensystems, das heißt dem Messobjekt. Messergebnisse sind demnach mit Wahrscheinlichkeiten behaftet, sodass mehrere Experimente mit exakt dem gleichen Versuchsaufbau unterschiedliche Ergebnisse erzeugen können.

Dieser so genannte Observer-Effekt ist vergleichbar mit der Einführung von Report- oder Kontrollmechanismen in Unternehmen, um Entscheidungen zu bewerten, Leistungskennzahlen zu kontrollieren oder Daten zu erheben. Die ursprünglichen Strategien, Vorgehensweisen und Methoden werden durch die Art der Kontrollmechanismen oder des Berichtswesens beeinträchtigt.

Wenn das Controlling bestimmte kurzfristige Leistungskennzahlen bei Projekten im Fokus hat, führt dies oftmals dazu, dass diejenigen Projekte mit den besten (kurzfristigen) Leistungskennzahlen gewählt werden oder Vorgänge eingeleitet werden, welche die in Beobachtung stehenden Leistungskennzahlen möglichst optimieren. Ohne einen solchen Kontrollmechanismus würden höchstwahrscheinlich andere Strategien Anwendung finden, die möglicherweise auf die langfristig vielversprechendsten Projektideen abzielen. Ein ähnlicher Zusammenhang ist auch bei Bonuszahlungen feststellbar, wenn die an das Management zu leistenden Bonuszahlungen an kurzfristige Gewinne gekoppelt werden. Dies könnte kurzfristig die Einleitung von Kostensenkungsprogrammen begünstigen. Langfristig „gesunde“ Unternehmensführung ist dann wenig attraktiv – besonders dann, wenn bei den Management-Positionen eine hohe Fluktuation herrscht. Eine solche Kopplung verspricht daher nicht immer den gewünschten Effekt. Vielmehr können solche Mechanismen mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten eine unerwünschte Kette von Ereignissen in Gang setzen, die es ohne diesen Kontrollmechanismus nicht geben würde. Dies gilt es sowohl in der Quantenphysik als auch im Alltag und Geschäftsleben zu bedenken.

Innovationen entstehen, wenn verborgene Zusammenhänge verlebendigt und greifbar werden.

Ein weiteres Phänomen der Quantenphysik ist die Quantenverschränkung. Schon Albert Einstein bezeichnete dieses Phänomen als „spukhafte Fernwirkung“. Dabei werden Quantensysteme miteinander in Wechselwirkung gebracht –verschränkt –sodass Messungen an einem Teilsystem die möglichen Messergebnisse des anderen Teilsystems unmittelbar beeinflussen. Die Teilsysteme können nicht mehr unabhängig voneinander beschrieben werden und die durch die Verschränkung bedingten Korrelationen gelten auch dann, wenn die Teilsysteme räumlich voneinander getrennt sind.

Eine naheliegende Analogie findet man im Wirtschaftssektor beispielsweise bei Fusionen, wenn also zwei konkurrierende Unternehmen miteinander „verschränkt“ werden. Sie können fortan nicht mehr als getrennte Entitäten betrachtet werden, da sie nun als eine wirtschaftliche Einheit fungieren und durch Strategien und Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden. Kontrollmechanismen und Maßnahmen, die bei einem Unternehmen zum Einsatz kommen, können dabei die Verhaltensweisen und „Messergebnisse“ beim anderen Teilsystem beeinflussen.

In gewisser Hinsicht weisen Unternehmen als Organisationseinheiten also einige Gemeinsamkeiten mit Quantensystemen auf. Insbesondere die starke Wechselwirkung von Quantensystemen, aber auch Unternehmen, mit ihrer Umgebung sticht aus der Darstellung hervor.

Vielleicht hilft Ihnen die Denkweise des „Quantum Management“ die inneren und äußeren Einflüsse, welche auf Ihr Unternehmen einwirken, nun aus einer neuen Perspektive zu sehen?

Über den Autor:
Dr. Rachid El Bansarkhani ist Gründer und Geschäftsführer von QuantiCor Security. Er promovierte in Post-Quanten-Kryptographie an der TU Darmstadt und hat sich mit QuantiCor auf die Entwicklung von quantencomputer-resistenten Sicherheits- lösungen spezialisiert. Zusammen mit seinem Unternehmen gewann er mehrere Preise und etablierte den ersten Industriestandard für quantensichere Verschlüsselung. Kontakt: rac.eb(at)quanticor-security.de

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