Handlungsrahmen und -schwerpunkte im Krisenmodus

Im Fokus: Absicherung der kurz- und mittelfristigen Liquidität

Im Fokus jeglichen Krisenhandelns muss die Echtzeitsteuerung und Absicherung der kurz- und mittelfristigen Liquidität stehen. Dazu wird eine Liquiditätsplanung mit rollierenden Updates und einer Perspektive von drei bis zwölf Wochen erstellt. Dabei geht es heute besonders um die Frage, wie realistisch zu erwartende Einzahlungen sind. So hat ein Textillieferant, der die Frühjahrskollektion bereits ausgeliefert hat, laut Papierlage beispielsweise eine durchgängig positive Liquiditätssituation, allerdings ist kaum davon auszugehen, dass die offenen Posten fristgerecht beglichen werden. Was sich in der Krisen-/Liquiditätssteuerung sehr bewährt hat, ist die Einführung einer "No-Go-Politik" durch niedrige Genehmigungsgrenzen und einen strengen Freigabeprozess für alle Ausgaben, das tägliche Hinterfragen des Liquiditätsausblicks und noch mehr als üblich in Szenarien zu denken.

Personalkosten werden durch die Anpassung des Personalbedarfs und das konsequente Nutzen von Kurzarbeit rasch reduziert. Ebenso konnten Steuerstundungen noch nie so einfach umgesetzt werden wie jetzt. Essentiell ist auch die proaktive Kommunikation mit den bestehenden Finanzierungspartnerinnen und -partnern, unter anderem zur Absicherung der relevanten Beiträge, etwa in Form von Linienerhöhungen, Tilgungsaussetzungen oder Covenant-Holidays. Eine weitere Notwendigkeit für viele Unternehmen ist die Beantragung von KfW-Mitteln über die Hausbank. Wichtig ist dabei, dass die Hausbank von dem vorgestellten Ansatz überzeugt ist, damit sie einen kleinen Teil des Finanzierungsrisikos übernimmt. Bislang nicht in Betracht gekommene Quellen der Liquiditätsschöpfung, wie Sale-and-Lease-back oder Factoring, müssen ebenso systematisch erschlossen werden. Auch wenn etwa die Konditionen eines Sale-and-Lease-backs von abgeschriebenen Anlagen oder Maschinen meist teurer sind als ein Kredit, geht in der Krise Liquidität vor Rentabilität. Ein wichtiger Hinweis noch: In Krisensituationen gibt es beim Generieren von Liquidität keine Tabus. Alle Möglichkeiten müssen geprüft und ausgeschöpft werden.

Praxistipps für Führungskräfte im Krisenmodus

In Turnaround- und Krisensituationen ist Führung entscheidend. Ein gutes Management-Team macht auch aus miesen Situationen das Beste. Führungskräften selbst raten wir zu einem besonnenen Pragmatismus und einem realistischen Optimismus, zu einer Haltung also, in der sich Zuversicht mit einer realistischen Einschätzung der Lage und wirksamem Handeln verbindet. Unreflektierte "Wird schon"-Parolen sind in der Krisenkommunikation unangebracht. Dazu kommt eine eindeutige Prioritätensetzung im Planen, eine gemeinsame Wirksamkeit im Handeln und ein Bewusstsein darüber, dass man im eigenen Unternehmen auch als Vorbild und Rollenmodell dient. Dabei geht es auch darum, neben all den Hard Facts einen Weg zu finden, mit Heart Facts, also verständlichen Ängsten und Sorgen umzugehen. Diese Emotionen, auch die eigenen, können und dürfen nicht ignoriert werden. Und immer daran denken: Inkonsequenz, gerade bei der Absicherung der Liquidität, rächt sich in der Krise sehr schnell. Dennoch: Solidarität ist ebenfalls Gebot der Stunde und wird in Erinnerung bleiben.

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