Phase 4: „Organisieren & Umsetzen“
Die Zukunft ist und bleibt unbekannt, denn mit jeder eintretenden Gegenwart schiebt sie sich hinaus, erneuert sich als Zukunft.
Niklas Luhmann
In aller Regel war in den begleiteten Unternehmen an dieser Stelle nicht mehr viel offen. Stand fest, was ist und wohin die Reise geht, war der „Rest“ meist einfaches Projektmanagement, das mitunter Platz auf einem DIN-A4-Blatt gefunden hat. Vieles ist an diesem Punkt allgemeines Handwerkszeug. Daher beschränkt sich dieser Abschnitt auf wenige Aspekte im Bereich „Organisieren & Umsetzen“, die eine günstige Hebelwirkung versprechen. Auch diese Phase ist kreisförmig angelegt. Die Entscheidungen, die das Ergebnis der vorherigen Phase darstellen, werden auf kurze Sicht operationalisiert im Sinne erster Schritte (Wer macht was bis wann und woran wird der Erfolg festgemacht?), nach Dringlichkeit sortiert und ergebnisbezogen ausgewertet.
Die Phase „Organisieren & Umsetzen“ entspricht weitgehend dem Grundmuster des Managementregelkreises oder auch des Deming-Zyklus: „Plan, Do, Check, Act“. Da sich Einschätzungen als falsch erweisen können, Umwelten sich verändern und Erfahrungen vieles in neuem Licht erscheinen lassen, ist eine schnelle Auswertung meist wichtiger als ausgefeilte Pläne. Deshalb sollte bereits vor der Umsetzung ein Reviewprozess festgelegt und terminiert werden, verlässlich und in relativ kurzen Abständen. Im Mittelstand scheint genau darin der Kern der vielfach geforderten „Agilität“ zu bestehen.
Prägnanz anstelle von Ausführlichkeit ist auch das Motto des Leitinstruments dieses Abschnitts, der „Strategischen Roadmap“. Es stellt gewissermaßen die Umsetzungslandkarte dar, die aus Gründen der Nachvollziehbarkeit möglichst kompakt aufgebaut ist.
Unser „Beipackzettel“:
- Die erste Station des Instruments ist wiederum als Rückgriff auf die bestehenden Ergebnisse angelegt. Die „Strategische Identität“ ist Ausgangspunkt der Umsetzung und wesentlicher Bestandteil der Roadmap. Dadurch bleiben Maßnahmen mit den zugrunde liegenden Ideen verknüpft, wenn Sie das Instrument später – etwa zu Controllingzwecken – wieder in die Hand nehmen.
- Die „wichtigen nächsten Schritte“ sind gedacht als Grundlage für ein synchronisiertes Handeln über die gesamte Organisation oder zumindest die entsprechenden Teilbereiche hinweg. Neben solchen Maßnahmen, die unmittelbar die Strategieumsetzung betreffen, sind auch risikobearbeitende Maßnahmen berücksichtigt. Geht der Führungskreis etwa davon aus, dass die Einführung des ERP-Systems an den Interessen einzelner Bereiche oder Mitarbeitergruppen scheitert, kann eine risikobearbeitende Maßnahme beispielsweise schlicht darin bestehen, dies im Blick zu behalten. Es ist neben dem „Mehr“ an Handlungen auch ein „Weniger“ berücksichtigt. Die Verabschiedung eines neuen Unternehmenskurses ist immer eine gute Gelegenheit, um sich von Überkommenem oder weniger Wichtigem zu trennen. Gerade Schlüsselpersonen, die die Umsetzung tragen wollen und sollen, müssen Sie die entsprechenden Freiräume verschaffen. Dieser „strategische Frühjahrsputz“ kann (in Anlehnung an Roman Stöger) als „Systematische Müllabfuhr“ toolgestützt erfolgen.
- „Organisatorische Anpassungen“ sind häufig eher das letzte als das erste Mittel der Wahl, um eine neue Strategie umzusetzen. Mitunter sind sie jedoch wesentlich. Üben Sie sich an dieser Stelle in Zurückhaltung, so lange wie möglich. Sind solche Anpassungen jedoch wichtig für die Umsetzung „des Neuen“, gehen Sie diese konsequent und entschieden an.
- Der Teilabschnitt „Reflexion und Controlling“ betrifft die Auswertung der durchgeführten Maßnahmen. Wir unterscheiden zwischen regulären Auswertungsschleifen („Dieses und jenes wird dann und dann mit diesen und jenen reflektiert.“) und kritischen Indikatoren, die von einer (!) konkreten Person im Blick behalten werden. (Sinkt beispielsweise die Liquiditätskennziffer Quick Ratio angesichts der massiven strategischen Investitionen unter 40, ist unmittelbar der Geschäftsführer zu konsultieren, um Liquiditätsengpässen vorzubeugen.) Beides ist gerade bei ambitionierten Neuerungen im Sinne eines reaktiven Risikoma- nagements wichtig. Denn trotz aller Auseinander- setzung mit der Zukunft bleibt diese doch immer unbekannt und mit Risiken behaftet. Zudem zeigt Ihnen häufig genug der möglichst frühe „Praxistest“, ob eine Idee tatsächlich funktioniert und wo vielleicht nachgebessert werden kann und muss.
Leitinstrument „Strategische Roadmap“
Eine mögliche Anwendung des Leitinstruments besteht darin, dass Sie es im Führungskreis Schritt für Schritt durchgehen und ausfüllen. Übereinstimmungen können Sie festhalten oder hinterfragen. Wesentlicher ist eine grundlegende Auseinandersetzung mit den Aspekten, die unterschiedlich beschrieben, erklärt oder bewertet werden. Dabei gibt es keine Pflicht zum Konsens, aber es empfiehlt sich eine Klärung, soweit möglich. Unterschiede können Sie (beispielsweise andersfarbig) hervorheben. Nach einer Gesamtschau stellen sich die ent scheidenden Fragen, ob ein gemeinsames und tragfähiges Bild über die Ausrichtung des Prozesses entstanden ist und ob der Fokus inklusive der angedachten Arbeitsweise dazu geeignet ist, ein reelles Problem sinnvoll zu bearbeiten.
Genauso ist es jedoch auch möglich, dass Sie die Fragen des Leitinstruments „lediglich“ als roten Faden im Kopf behalten und den einzelnen Themenkomplexen etwas freier nach gehen. Die Zusammenführung und Dokumentation können dann beispielsweise wieder über das Leitinstrument erfolgen. Welche Rolle es im Prozess einnehmen soll, ist sowohl eine Geschmacksfrage als auch stark abhängig vom jeweiligen Einzelfall.
Hinweise und Erfahrungswerte
- Beschränken Sie sich bei Controlling und Reflexion nicht auf die Risiken, die von vorneherein im Blick waren. Beziehen Sie Ihr Bauchgefühl und den gesunden Menschenverstand ein.
- Veränderungen produzieren immer auch Betroffene und womöglich Verlierer. Je nach Situation ist ein passender Umgang gefragt, der selten auf „Ignorieren“ oder „Mitnehmen“ zu reduzieren ist. Für den Moment genügt die Erinnerung daran, dass Sie mit diesem Phänomen rechnen dürfen.
- Das Bestehende hat meist auch eine erhebliche Beharrungstendenz. Problematische Muster – psychologischer Natur oder auf Teambeziehungsweise Organisationsebene – reproduzieren sich oft genug erneut, sobald der Alltag wieder einkehrt. Hier ist ein langer Atem, ein waches Auge und manchmal auch Unterstützung gefragt, sei es etwa durch ein Führungskräfte-Coaching für die Geschäftsleitung oder die Unterstützung von Schlüsselpersonen durch eine Assistenz.
Übersicht der Vertiefungsinstrumente (Tools)
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