Personalentwicklung

Experten wünschen sich, die eigenen Kompetenzen und das eigene Fachwissen ständig erweitern zu können. Ihre größte Befürchtung besteht darin, dass ihre Expertise nicht mehr nachgefragt wird (Schein, 1990), weshalb es von großer Bedeutung ist, Experten Weiterbildungsmöglichkeiten einzuräumen (siehe Ausführungen zum organisational carrer management (OCM) unter 1.4 Karrieremanagement). Möglichkeiten zur Weiterentwicklung eigener Fähigkeiten stellen für Experten eine Form der Anerkennung der eigenen Leistung dar (siehe 5.1 Anreizsystem) und haben somit eine motivierende Wirkung.

Entwicklungsmaßnahmen für Experten sollten sich nicht auf die Förderung und die Erhaltung fachlicher Kompetenzen und des Spezialwissens beschränken, sondern in Anlehnung an den Unternehmensbedarf und den definierten Anforderungskriterien die Weiterentwicklung überfachlicher Kompetenzen, wie persönliche, soziale und Kommunikationskompetenzen umfassen (siehe 5.4 Anforderungskriterien). Dies liegt darin begründet, dass sich das Anforderungsprofil von Experten aufgrund ihrer vielseitigen Aufgaben geändert hat und inzwischen weit über rein fachliche Kompetenzen hinausgeht. Hinsichtlich überfachlicher Kompetenzen werden bei Experten oft Entwicklungsbedarfe festgestellt (Francke & Chmielarski, 2010; Lang, 2009; Sauermann, 2011). Durch die Behebung dieser Defizite werden die Fähigkeiten von Experten ausgeweitet, was wiederum Auswirkungen auf die Motivation der Experten hat: Die gesteigerte Selbstwirksamkeitserwartung, die Überzeugung der Person, eine Aufgabe erfolgreich bewältigen zu können, führt zur Motivationssteigerung bei zukünftiger Aufgabenbearbeitung, was in einer Leistungssteigerung resultiert. Ein gutes Beispiel hierfür sind Kommunikationskompetenzen, die es Experten erleichtern, die Aufgaben der internen Beratung oder externen Vertretung (siehe 5.7 Arbeits- & Aufgabengestaltung) auszuführen.

Um Mitarbeitern zu ermöglichen, Verantwortung für die eigene Entwicklung zu übernehmen (siehe career self-management (CSM) unter 3.4 Karrieremanagement), sollte eine Atmosphäre etabliert werden, in der ihnen vermittelt wird, dass persönliches Wachstum erwünscht ist (Visagie & Koekemoer, 2014), weshalb unternehmensseitige Maßnahmen angeboten werden sollten, die es Mitarbeitern ermöglichen, CSM zu betreiben (Noe, 1996). Es bietet sich an, eine funktionale Strukturierung dieser Maßnahmen vorzunehmen, die zwischen verpflichtenden und individuell wählbaren Bausteinen unterscheidet (Francke & Chmielarski, 2010). Verpflichtende Module können so gestaltet sein, dass sie für alle Experten eines Unternehmens relevant sind und übergreifende Schlüsselkompetenzen umfassen, die eventuell auch für Führungskräfte auf vergleichbarer Hierarchiestufe wichtig sind (Sieber Bethke, 2007). Solche Inhalte können zum Beispiel Management-, Kommunikations- oder unternehmerische Fähigkeiten sein. Die Teilnahme an einem derartigen Entwicklungsprogramm bietet außerdem eine Gelegenheit zur Netzwerkerweiterung (Sieber Bethke, 2007), was der Bedürfnisbefriedigung nach sozialer Eingebundenheit dienlich ist. Werden Führungskräfte und Experten in Entwicklungsprogrammen zusammengebracht, besteht des Weiteren die Möglichkeit, die Ansichten der anderen Laufbahnvertreter kennenzulernen, was dazu beiträgt, das gegenseitige Verständnis zu verbessern (Allen & Katz, 1992; Katz, Tushman & Allen, 1995; siehe 5.6 Entwicklungswege & Beförderungen). Außerdem wird durch gemeinsame Veranstaltungen für Führungskräfte und Experten die Gleichwertigkeit beider Laufbahnen betont (Sieber Bethke, 2007) und die Durchlässigkeit der Laufbahnen wird durch die Angleichung der Wissensstände von Experten und Führungskräften erleichtert.

Zur Abdeckung experten- oder fachspezifischer Inhalte müssen weitere Personalentwicklungsmaßnahmen konzipiert werden. Hierbei ist es ebenfalls denkbar, eine Bündelung vorzunehmen, die sich zum Beispiel auf Jobfamilien mit ähnlichen Anforderungsprofilen je Hierarchieebene stützt. So können Experten ähnlicher Jobfamilien gemeinsam an übergreifenden Personalentwicklungsprogrammen teilnehmen (Francke & Chmielarski, 2010). Zur Weiterentwicklung individuell benötigter Kompetenzen müssen Einzelabsprachen bezüglich möglicher Maßnahmen gehalten werden. Hierbei sollten Experten Einfluss darauf haben, an welchen Maßnahmen sie teilnehmen (siehe 5.9 Unterstellungsverhältnis).

Um die Eigenverantwortung von Experten zum Ausbau ihrer Fähigkeiten zu unterstreichen, können separate Budgets zur Verfügung gestellt werden, die zur Finanzierung von Personalentwicklungsmaßnahmen von Experten dienen und durch diese verwaltet werden (Trost, 2014).

Entwicklungsmaßnahmen, die sich für Experten anbieten, sind solche, die auch zur Personalentwicklung anderer Mitarbeitergruppen angewandt werden. Hierzu zählen zum Beispiel lernorientierte Designs wie Trainings und Seminare, die besonders auf niedrigeren Stufen der Expertenlaufbahn Anwendung finden, oder auch erfahrungsorientierte Designs wie die Bearbeitung einer Entwicklungsaufgabe gemeinsam mit anderen Experten, Maßnahmen zur Aufgabenerweiterung (Job Enlargement, Job Enrichment, Job Rotation), Coaching, Mentoring oder kollegiale Beratung, die sich für höhere Ebenen der Expertenlaufbahn anbieten (Sieber Bethke, 2007). Maßnahmen, die on-the-Job stattfinden, bieten im Arbeitsalltag eine anspruchsvolle berufliche Entwicklung und sind deshalb wertvoll, weil hierbei gleichzeitig der Umgang mit der zu tragenden Verantwortung erprobt wird (Gunz, 1980; Allen & Katz, 1986; Katz, Tushman & Allen, 1992). Die Teilnahme an Kongressen und Fachtagungen ist ebenfalls eine Personalentwicklungsmaßnahme, da hierdurch die Aktualität des Expertenwissens gesichert und ein Fachaustausch mit Peers ermöglicht wird.

Anhand des Praxisvergleichs wird deutlich, dass sowohl lern- als auch erfahrungsorientierte Formate in der Praxis Anwendung finden. Fortbildungen, Schulungen, Seminare oder Trainings werden als häufigste Personalentwicklungsmaßnahmen erwähnt (zwölf Nennungen). Einzelgespräche zur Karriereplanung mit der Personalabteilung (sechs Nennungen), Mentoringprogramme (fünf Nennungen), Coachings (fünf Nennungen), Möglichkeiten zum Aufbau interner Netzwerke (fünf Nennungen), (360°) Feedback 46 Karrieren jenseits von Führung – Grundlagen und Gestaltungsdimensionen von Expertenlaufbahnen in der betrieblichen Praxis (vier Nennungen), Übertragung von Projektaufgaben/Entwicklungsaufgaben (vier Nennungen), Trainingon-the-Job (drei Nennungen) und der Besuch von Kongressen beziehungsweise Tagungen (zwei Nennungen) werden ebenfalls genannt. Diese Maßnahmen dienen der Entwicklung von fachlichen, sozialen, persönlichen, methodischen und Führungskompetenzen, dem Ausbau des Fach- und Erfahrungswissens sowie der Netzwerkentwicklung. Fünf Unternehmen geben an, gemeinsame Entwicklungsprogramme für Experten und Führungskräfte anzubieten und zehn Unternehmen sagen aus, dass spezifische Entwicklungsprogramme für Mitarbeiter der Expertenlaufbahn bestehen. Individualisierte Entwicklungspläne werden in 20 Unternehmen erstellt. Zwölf Unternehmen betonen, dass die Eigeninitiative des Experten notwendig ist, damit an Personalentwicklungsmaßnahmen teilgenommen werden kann. Drei Unternehmen stellen ein Budget für Weiterbildungsmaßnahmen von Experten bereit. Trost (2014) stellt in einer Befragung unter 140 deutschen Unternehmen fest, dass in 17 Prozent der Unternehmen Experten über ein eigenes Weiterbildungsbudget verfügen.