Ausgangslage
Fachkräfteentwicklung: Einfaches Kompetenzmanagement
Das RKW Kompetenzzentrum hat im Jahr 2013 zahlreiche Werkstätten mit kleinen und mittleren Unternehmen durchgeführt, in denen Themen der Fachkräftesicherung im Mittelpunkt standen. Ziel war, die Unternehmen konkret zu unterstützen und ihnen personalwirtschaftliche Instrumente an die Hand zu geben. Verschiedene Instrumente wurden eingesetzt, erprobt und dabei auch verändert. Die Reihe "Faktenblätter aus der Unternehmenswerkstatt" beschreibt diese Instrumente mit folgenden Schwerpunkten:
- Fachkräftebedarf: Jobfamilien und Schlüsselkräfte
- Fachkräfteentwicklung: Einfaches Kompetenzmanagement
- Fachkräfteplanung: Personalwirtschaftliche Handlungsfelder
Sie sollen so auch für andere Unternehmen nutzbar sein.
Ausgangspunkte ...
für die folgenden Ausführungen sind drei Grundfragen der Organisation:
- Wie müssen wir uns organisieren, damit das, wofür der Kunde uns bezahlt, im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und von dort nicht wieder verschwinden kann?
- Wie müssen wir uns organisieren, damit das, wofür wir die Mitarbeiter bezahlen, von diesen auch wirklich getan werden kann?
- Wie müssen wir uns organisieren, damit das, wofür die Führungskräfte bezahlt werden, von diesen auch wirklich getan werden kann?
Ausgangslage
Viele Unternehmen tun sich schwer damit, ihre Weiterbildungen und Qualifizierungen systematisch auf bestehende geschäftliche und strategische Anforderungen auszurichten, neudeutsch auch Kompetenzmanagement genannt. Dabei verbergen sich für ein mittelständisches Unternehmen hinter diesem Begriff nur wenige einfache Grundsätze und Mittel der Organisationsgestaltung, die sie meist selbstständig, ohne fremde Hilfe, nutzen können.
Dieses Faktenblatt gibt ihnen dazu drei Instrumente an die Hand, deren Anwendung ein enges Zusammenspiel von Personalverantwortlichen und Vorgesetzten braucht.
Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortlichkeiten (AKV)
Die Kompetenzen, die ein Unternehmen braucht, können sinnvoll nur im Zusammenhang mit Aufgaben beschrieben werden.
Die Aufgaben, aus denen ein Geschäftsprozess (z. B. Angebotserstellung, Auftragsabwicklung, Beschaffung, Produktentwicklung, ...) oder Funktionsbereich (z. B. Einkauf, Rechnungswesen, Arbeitsvorbereitung, Konstruktion, ...) besteht, werden von der verantwortlichen Führungskraft im Einzelnen festgelegt und beschrieben. Ein Mitarbeiter der Personalabteilung kann ggf. methodisch unterstützen.
In einem Funktionendiagramm (siehe folgende Abbildung) werden dann den Aufgaben eines Bereichs oder Prozesses die erforderlichen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zugeordnet. Es ist wichtig, dass dies zunächst personenunabhängig geschieht, da ein Unternehmen(sbereich) unabhängig von bestimmten Einzelpersonen existieren (und überleben) können muss.
Völlig ausreichend dafür ist es, einen einfachen Kompetenzbegriff mit diesen Bestandteilen zugrunde zu legen:
Kompetenz = Können + Wollen + Dürfen.
Kompetenzen, wie Organisationen sie brauchen, sind demnach nicht auf das Können einer einzelnen Person beschränkt. Sie umfasst darüber hinaus auch ihre Leistungsbereitschaft (das Wollen) und das, was eine Organisation der Person und ggf. dem Team zugesteht, was sie fordert und wozu sie unterstützt (das Dürfen). Jedes Defizit in einer dieser Facetten verschlechtert die Leistungsperformance der Organisation.
Das Funktionendiagramm zeigt also, was die Mitarbeiter können, wollen und dürfen müssen, um die jeweilige Aufgabe erfüllen zu können. Diese Kompetenzen und Verantwortlichkeiten werden durch die Begriffe
- Ausführen,
- Entscheiden,
- Information an,
- Kontrollieren,
- Mitsprechen und
- Planen
beschrieben.
Komplettiert wird das Funktionendiagramm durch das Hinzufügen der Mitarbeiter, die diese Aufgaben erfüllen (Sollen).
Das Funktionendiagramm zeigt horizontal gelesen die Aufgabenteilung zwischen den Personen und damit auch die wesentlichen Schnittstellen eines Bereichs. Man sieht auf einen Blick die Koordinationserfordernisse und ggf. die Notwendigkeit, ein Gremium einzurichten. Vertikal gelesen ergeben sich jeweils die Aufgaben für die Stellenbeschreibungen der einzelnen Positionen. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass die Stellenbeschreibungen nicht von unten, ausgehend vom einzelnen Arbeitsplatz, von der einzelnen Stelle oder gar vom einzelnen Mitarbeiter erstellt werden, sondern konsequent aus der Perspektive des Prozesses oder Funktionsbereichs, seiner Ergebnisse und Kundenorientierung, seiner (personenunabhängigen) Stabilität und Führbarkeit.
Stellenbeschreibung
Wenn die AKV-Beschreibung zunächst personenunabhängig stattfindet (im Funktionendiagramm werden die Personen erst zum Schluss zugeordnet), bildet die Stellenbeschreibung dann gewissermaßen die Schnittstelle zwischen Organisation und Person: Aus Aufgaben werden konkrete Tätigkeiten mit Anforderungen an Kompetenzen ("der Stelleninhaber sorgt für..."), aus denen nachfolgend, in einem weiteren Schritt, personenbezogene Qualifizierungsanforderungen abgeleitet werden können.
Qualifikationsmatrix
Wenn es nun darum geht, im Rahmen des Kompetenzmanagements die Qualifizierungserfordernisse der einzelnen Mitarbeiter eines Prozesses oder Funktionsbereichs genauer zu bestimmen, zu dokumentieren und ggf. Qualifizierungsmaßnahmen zu planen, kann auf der Grundlage des Funktionendiagramms bzw. der Stellenbeschreibungen eine bereichsspezifische Qualifikationsmatrix erstellt werden.
Die Qualifikationsmatrix bietet eine Bestandsaufnahme, die das Kompetenz-Soll zum Kompetenz-Ist in Beziehung setzt. Die Höhe des Kompetenz-Solls sollte die gewünschte Einsatzflexibilität des Bereichs mitberücksichtigen, also tendenziell höher sein, als für die einzelnen Aufgaben erforderlich. Generell kommt man dabei zu besseren Ergebnissen, wenn die betroffenen Mitarbeiter einbezogen werden.
Im Ergebnis beschreibt die Qualifikationsmatrix den Qualifizierungsbedarf der Mitarbeiter eines Bereichs. Sie stellt damit für die verantwortliche Führungskraft ein wichtiges Controlling-Instrument dar.
Aus der Qualifikationsmatrix lassen sich im nächsten Schritt auf die einzelnen Mitarbeiter bezogene Weiterbildungsziele und -inhalte ableiten, die dann durch Qualifizierungspläne und passende Weiterbildungen umgesetzt werden können.
Insofern stellen bereichsspezifische Qualifikationsmatrizen einen wichtigen Input für die Qualifizierungsplanung, Weiterbildung und Personalentwicklung, also für die Personalabteilung, eines Unternehmens dar.
Umsetzung und Nutzen von Kompetenzmanagement
Das Funktionendiagramm zwingt die verantwortliche Führungskraft einer Abteilung oder eines Geschäftsprozesses, sich mit den "richtigen" Fragen/Themen auseinanderzusetzen:
- Passen die Aufgaben (noch) zu meinen Zielen/Ergebnissen für den/die Kunden?
- Welche Schnittstellen bestehen und wie werden sie sinnvoll bearbeitet?
- Passen die Kompetenzen meiner Mitarbeiter (noch) zu den Anforderungen?
Einmal eingeführt, wird das Funktionendiagramm zu einem wichtigen Instrument, mit dem diese Fragen von Zeit zu Zeit vom Management überprüft werden können. Es empfiehlt sich, dabei die Interessen und Wünsche der Mitarbeiter einzubeziehen. Motivierte Mitarbeiter, die ihre Stärken einbringen, sind durch nichts zu ersetzen. Das Matching von Aufgaben und Mitarbeiterstärken ist eine der wichtigsten Führungsaufgaben und die Mitarbeiter sind dabei die wichtigsten Know-how-Träger.
Dies gilt uneingeschränkt auch für das Arbeiten mit der Qualifikationsmatrix, da es hier um die Bewertung von Mitarbeiterkompetenzen im Hinblick auf Arbeitsaufgaben geht. Zusätzlich ist hier zu berücksichtigen, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 94 BetrVG hat. Das Management sollte sich mit dem Betriebsrat über die Einführung und Nutzung von Qualifikationsmatrizen einigen, denn ggf. hat ein Betriebsrat das Recht, die Einigungsstelle anzurufen, deren Spruch dann die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt.
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