Die Verbreitung von Homeoffice und mobiler Arbeit

Die Ausbreitung von Homeoffice und mobiler Arbeit hat dazu geführt, dass diese Arbeitsformen inzwischen kein Randdasein mehr in der deutschen Arbeitswelt bilden. Gleichwohl ist es unseres Erachtens übertrieben, von einem „New Normal“ zu sprechen. Selbst an Höhepunkten des Corona-Lockdowns überstieg der Anteil von Beschäftigten, die vollständig oder zumindest teilweise im Homeoffice arbeiteten, nicht die Marke von 30 Prozent. Die aktuellen Zahlen zur Verbreitung mobiler Arbeit, meist im Wechsel mit Arbeit in betrieblicher Präsenz (sogenannte hybride Arbeit), liegen bei rund einem Viertel.

Die Art der Tätigkeiten hat einen starken Einfluss auf den Umfang von mobilem Arbeiten. Gemäß einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) liegt das Potenzial für Homeoffice-taugliche Arbeitstätigkeiten bei knapp 43 Prozent aller sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten in Deutschland (Bellmann et al. 2020). Im Gegenzug wird allerdings auch deutlich, dass nicht alle Potenziale von Homeoffice ausgeschöpft werden. Zwischen dem Potenzial von gut vierzig Prozent und derzeit rund einem Viertel der tatsächlichen Nutzung liegt erkennbar eine beträchtliche Kluft, die gestalterisch noch erschlossen werden könnte, wenn es denn von den Beteiligten – den Arbeitgebenden wie auch den Beschäftigten – gewünscht ist.

Es sind (bisher) überwiegend Bürotätigkeiten, die im Homeoffice ausgeübt werden können und wo diese Arbeitsform kaum noch wegzudenken ist. Während der Coronapandemie waren es vor allem Bürobeschäftigte, die zumindest weitgehend von zuhause aus arbeiteten (Bockstahler et al. 2020). Charakteristisch für diese Tätigkeiten ist der Umgang mit Informationen, Daten und Dokumenten, der am PC oder an mobilen Endgeräten erfolgen kann. In Verwaltungsbereichen, in kaufmännischen Abteilungen und in wissensintensiven Berufsfeldern sind solche Tätigkeiten stark verbreitet. Keine oder nur wenige Möglichkeiten für das Arbeiten von zuhause bieten demgegenüber handwerkliche und herstellende Tätigkeitsbereiche, die Pflege von Menschen und die enge Betreuung von Kunden. All diese Tätigkeiten erfordern in hohem Maße physische Präsenz.

Große Unterschiede bei der Nutzung von Homeoffice bestehen nicht nur hinsichtlich Branchen und Berufen, sondern auch bei den Betriebsgrößen. Im Mittelstand liegt der Anteil der Beschäftigung im Homeoffice deutlich unter denen in den Großunternehmen. Ein Grund dafür ist, dass es in KMU an großen spezialisierten Fachabteilungen fehlt, in denen in großem Stil Verwaltungsaufgaben anfallen, die ins Homeoffice übertragen werden können. Auch fehlende technische Ausstattung und Vorerfahrungen mit dieser Arbeitsform bilden Hindernisse.

Weiterhin zu nennen sind noch immer bestehende Vorbehalte von einigen Führungskräften gegenüber der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft ihrer Mitarbeitenden im Homeoffice. Diese sind freilich nicht allein auf kleine Unternehmen beschränkt. Auch möchten nicht alle Mitarbeitenden, für die dies möglich wäre, im Homeoffice arbeiten (Hans Böckler Stiftung 2023).

Abgesehen vom Abbau eventuell noch vorhandener arbeitskultureller Hindernisse, gibt es noch technische und organisatorische Spielräume für die Ausweitung von Homeoffice im Mittelstand. Es geht dabei im Grundsatz um die Gestaltung von Arbeitsstrukturen: Verwaltungsaufgaben, die Arbeit mit Daten und Informationen, Dokumentation und Wissensarbeit fallen nicht nur bei Bürobeschäftigten an. Solche für Homeoffice geeignete Tätigkeiten haben auch in herstellenden Bereichen ein zunehmendes Gewicht. Technisierung und Automatisierung führen dazu, dass weniger menschliche Eingriffe vor Ort in Produktionsprozesse und auch bei Dienstleistungen erforderlich sind. Auch bei der Arbeit an und mit Menschen gibt es einen relevanten Anteil an Aufgaben, die den Umgang mit Daten und Informationen beinhalten. So herrscht bei pflegerischen Tätigkeiten bekanntlich ein hoher Dokumentationsaufwand, der Möglichkeiten für mobiles Arbeiten gibt.

Auf einen kurzen Nenner gebracht:
Tätigkeiten, die nicht mehr strikt in Präsenz und in strenger zeitlicher Taktung erbracht werden müssen, nehmen in der Arbeitswelt ab. Im Gegenzug nehmen Tätigkeiten die mobil durchgeführt werden können, an Bedeutung zu. Die technischen und tätigkeitsbezogenen Grenzen für mobiles Arbeiten sind somit nicht starr: Für diejenigen, die ihr Homeoffice-Angebot ausbauen wollen, lohnt es sich genauer hinzuschauen und aktiv zu werden.

    

Dieser Leitfaden ist Teil der Arbeitshilfe „Homeoffice und mobile Arbeit bewusst gestalten“. Weitere Dokumente und Tools finden Sie unter rkw.link/mobilearbeit.