Stärkung der Arbeitgeberattraktivität und Nutzung von Fachkräftepotenzialen
Personalverantwortliche sind seit Corona zunehmend mit Erwartungen von Beschäftigten konfrontiert, mobil arbeiten zu können. Das Thema ist für die Unternehmen zu einem wichtigen Faktor im Wettbewerb um knappe Fachkräfte geworden. Aus Sicht von Personalerinnen und Personalern ist Arbeitgeberattraktivität daher auch der zentrale Treiber hybrider Arbeitsformen, vor den Aspekten Produktivität und Selbstorganisation.
„Natürlich nutzen wir das Thema „Mobilarbeit ist bei uns möglich“ im Employer Branding auch auf der Website. Das ist aber meines Erachtens heute ein Hygienefaktor. Also da würden wir ja, wenn wir das nicht tun würden, weit hinter unseren Konkurrenz-Arbeitgebern zurückbleiben.“ (Zitat eines Unternehmensvertreters, Auth et al. 2022)
Gerade für kleine und mittelgroße Unternehmen, die ihren Beschäftigten keine allzu hohen Löhne und Gehälter bieten können, können Angebote an flexiblen und mobilen Arbeits(zeit)modellen Nutzen bringen. Sie können über die Eigenwerbung als attraktive Arbeitgebende hinaus personalpolitisch von den Potenzialen der Arbeitsform profitieren:
- Mit Hilfe mobiler Arbeit können die Firmen ihren Suchradius und Einzugsbereich an Fachkräften vergrößern. Umzüge „mit Kind und Kegel“ oder auch lange Pendelzeiten zum Beschäftigungsort können wegfallen oder zumindest reduziert werden. Die Hürden für Jobinteressierte, eine weit entfernte Stelle anzutreten, werden gesenkt.
- Überdies erleichtert mobiles Arbeiten den Unternehmen, ihr eigenes Erwerbspersonenpotenzial besser auszuschöpfen. Eingesparte Wegezeiten und flexiblere Zeiteinteilung schaffen Spielräume für eine Aufstockung von Teilzeitstellen. Das gilt gerade für Beschäftigte, die Angehörige betreuen müssen. Dabei sollten die Führungskräfte darauf achten, dass ihre Mitarbeitenden nicht zwischen ihren betrieblichen und privaten Pflichten zerrieben und überlastet werden. Das kann ein schwieriger Balanceakt sein, da sich die Führungskräfte dabei in einer Grauzone zwischen betrieblichem Leistungsanspruch und der Privatsphäre der Mitarbeitenden bewegen.
- Darüber hinaus können durch wegfallende Pendelzeiten Zeitreserven freigesetzt werden, die von Beschäftigten möglicherweise auch für die Weiterbildung genutzt werden können.
- Außerdem kann mobiles Arbeiten dazu genutzt werden, die Elternzeit zu verkürzen und so einen früheren Wiedereinstieg in den Job zu ermöglichen bzw. anstelle eines vollständigen Ausstiegs Beschäftigte in Familienphasen betrieblich einzubinden (Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“ 2019, Klaffke 2022).
- Vollzeitnahe Führungsmodelle sowie Aufstiegsmodelle lassen sich mithilfe von mobiler Arbeit besser realisieren (ebd.).
- Ggfs. können auch ehemalige Beschäftigte im Ruhestand durch mobiles Arbeiten eingebunden werden, was den Erhalt von Wissen im Betrieb sicherstellen kann (ebd.).
Achtung: Telearbeit und Homeoffice nicht gleich Heimarbeit
Heimarbeit ist ein im Kontext von Telearbeit häufig irrtümlich verwendeter Begriff. Als Heimarbeiter bezeichnet man Heimarbeitende im Sinne des § 2 Abs. 1 Heimarbeitsgesetz, „wer in selbstgewählter Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder selbstgewählter Betriebsstätte) allein oder mit seinen Familienangehörigen (Abs. 5) im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt.“ (Bundesministerium der Justiz 2022). Bei Heimarbeit spricht man somit von nicht angestellten Beschäftigten. Somit ist auch der häufig verwendete Begriff Teleheimarbeit unzulässig.
Doch was macht das Modell der mobilen Arbeit für Beschäftigte so attraktiv?
In Umfragen der DAK und von ver.di gaben Beschäftigte eine ganze Reihe von Gründen für die Nutzung von Homeoffice an. Arbeiten im Homeoffice ermöglicht eine gute Vereinbarkeit von Arbeit und Privatem, bietet Zeitgewinn und mehr Zeitflexibilität. Es entfallen Wegzeiten, auch lässt sich die Arbeit besser und freier über den Tag verteilen. Darüber hinaus sehen viele Beschäftigte auch Vorteile für die Erledigung der Arbeit. Die Arbeit im Homeoffice wird vielfach als angenehmer und bisweilen auch als produktiver als am betrieblichen Arbeitsplatz wahrgenommen (DAK-Gesundheit 2021, ver. di 2022). Für viele Beschäftigte sind ortsflexible Arbeitsmodelle aus dem Leben nicht mehr wegzudenken. In Arbeitsbereichen der Informationstechnik sind Erwartungen an Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten oft stark ausgeprägt. Nur ein Tag im Homeoffice reicht nicht mehr aus.
„Also vier plus eins existiert nicht mehr, das würde auch keiner mitmachen. Das würde auch kein IT-ler akzeptieren. Sie sind jetzt einfach so verwöhnt. Am liebsten würden die nur remote arbeiten von Montag bis Freitag.“ (Zitat eines Unternehmensvertreters, Auth et al. 2022)
Betriebe sollten somit ihre Möglichkeiten für mobiles Arbeiten ausloten und wenn möglich und sinnvoll, entsprechende Angebote einführen, sowohl um die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern als auch um ungenutzte Erwerbspersonenpotenziale auszuschöpfen.
Dieser Leitfaden ist Teil der Arbeitshilfe „Homeoffice und mobile Arbeit bewusst gestalten“. Weitere Dokumente und Tools finden Sie unter rkw.link/mobilearbeit. |
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