Gründungsausbildung an Schulen und Hochschulen: Ergebnisse aus dem Global Entrepreneurship Monitor Deutschland 2017/2018

Der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) misst und vergleicht jährlich in mehr als 60 Ländern weltweit die Einstellungen und Voraussetzungen für Unternehmensgründungen. Die deutsche Erhebung wird vom RKW Kompetenzzentrum gemeinsam mit dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeografie der Leibniz Universität Hannover durchgeführt. Die nachfolgend dargestellten Ergebnisse stammen aus dem qualitativen Teil des GEM Deutschland, dem National Expert Survey 2017/2018 (GEM 2018: 52–54). Dabei wurden von 57 Gründungsexperten Rahmenbedingungen für Gründungen in Deutschland – gegliedert in 18 Themenblöcke – bewertet. Zu den untersuchten Faktoren gehört auch die hier dargestellte „Schulische und Außerschulische Gründungsausbildung“. Die Rahmenbedingung zeigt auf, inwiefern unternehmerisches Denken und ökonomisches Wissen an Schulen, Universitäten und in der beruflichen Aus- und Weiterbildung gefördert und berücksichtigt werden.

Hohe Bedeutung der Gründungsausbildung

Die Gründungsexperten schätzen die Wichtigkeit der Rahmenbedingung „Schulische und Außerschulische Gründungsausbildung“ für den Gründungsstandort Deutschland mit 86 Prozent als sehr hoch ein. Keiner anderen Umfeldbedingung wird durch die Experten eine höhere Bedeutung beigemessen.

Gründungsausbildung bietet Verbesserungspotenzial

An Schulen wird dem Thema Wirtschaft in den Lehrplänen der Primar- und Sekundarstufe noch ein zu geringer Stellenwert eingeräumt – zu diesem Schluss kommen 77 Prozent der Umfrageteilnehmer (siehe Abbildung 1). Die Wertschätzung des Themas „Entrepreneurship“ wird an Schulen ebenfalls als ausbaufähig gesehen.

Auch die Vermittlung marktwirtschaftlicher Funktionsmechanismen sehen nur knapp ein Drittel der Experten als ausreichend an. Noch höher ist das Chancenpotenzial bei der Vermittlung „weicher“ Fähigkeiten wie der Förderung von Kreativität, Selbstständigkeit und Eigeninitiative. Hier sehen 90 Prozent der Befragungsteilnehmer einen Steigerungsbedarf (siehe Abbildung 2).

Bezogen auf Hochschulen und Universitäten kommen 27 Prozent der Gründungsexperten zu dem Urteil, dass diese gut und angemessen auf eine Unternehmensgründung vorbereiten.

Der Ausbau der schulischen und auch universitären Entrepreneurship Education ist beim GEM 2017/2018 die mit großem Abstand erste Empfehlung der Experten, um Deutschland zukünftig als Gründungsstandort zu stärken und eine bessere Gründungskultur zu entwickeln. Auch im Vergleich mit den 23 weiteren innovationsbasierten Ländern des GEM wird das Handlungspotenzial deutlich. Bei der schulischen Gründungsausbildung nimmt Deutschland im Ranking den vorletzten Platz ein.

Handlungsempfehlungen der Experten

Zu den positiven Maßnahmen innerhalb des Faktors Gründungsbezogene Aus- und Weiterbildung gehören nach Ansicht der Experten das EXIST-Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie die Beratungsmöglichkeiten an universitären Gründerzentren. Allerdings werden durch die befragten Experten auch mehrere Probleme angesprochen.

Die berufsorientierte Lehre an Schulen und Hochschulen klammert oft den Bereich der Selbstständigkeit aus. Die Sensibilisierungsmaßnahmen für Unternehmertum müssen gesteigert werden. Als hinderlich wird ebenfalls die teilweise mangelnde Kompetenz von Lehrkräften in ökonomischen und digitalen Themen angesehen. Beide Felder sind in den Lehrplänen noch zu wenig enthalten.

Der Handlungsbedarf wird als sehr hoch eingestuft. Die Experten empfehlen die Verankerung eines umfassenden Entrepreneurship-EducationKonzeptes – welches stufenweise aufeinander aufbaut: beginnend in der Grundschule über weiterführende Schulen bis hinein in die Berufsausbildung oder das Studium. Auch soll in Schulen und Universitäten offenes, problemlösungsorientiertes Arbeiten in eigenverantwortlicher und praxisorientierter Projektarbeit Bestandteil der Ausbildung werden. Der Wirtschaftsunterricht sollte in den Lehrplänen aller Bundesländer als eigenständiges Schulfach verbindlich und mehrjährig aufgenommen werden. Hier ist auch auf die Bedeutung des Unternehmers für die Gesellschaft einzugehen. Um technologische Aspekte abzubilden, ist darüber hinaus auch die Einführung eines Faches „Digitalkunde“ als ergänzendes Pflichtmodul denkbar.

Der Global Entrepreneurship Monitor Länderbericht Deutschland 2017/18 steht zum Download bereit: www.rkw.link/gem2018

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