Beitrag 1 Spanier in Wunsiedel

Beispiele aus der Praxis - Projekte und Aktionen

→ Roland Schöffel

Vorgeschichte
Jede Aktion – wir nannten unsere Aktion bis vor kurzem „Experiment“ – wird für den Außenstehenden erst dann verständlich, wenn man sie in einen größeren Rahmen stellt. Diesen Rahmen kann man beschreiben durch die aktuelle Bevölkerungsstatistik, die im Jahr 1996 für die Stadt Wunsiedel 10.700 Einwohner ermittelte, 16 Jahre später jedoch nur noch 9.400 Einwohner, einen anhaltenden Sterbeüberschuss, der allein pro Jahr für einen Bevölkerungsschwund von etwa 50 Personen verantwortlich ist. Man kann den Rahmen beschreiben durch ein Thesenpapier des Bayerischen Zukunftsrates, der im Dezember 2011 seinen Abschlussbericht vorlegte und für die Regionen Oberpfalz und Oberfranken bis 2030 beträchtliche Bevölkerungsverluste prognostizierte. Diesen wenig erfreulichen Zahlen steht der Optimismus der örtlichen Unternehmen (IHK 15.3.2012) gegenüber, der jedoch durch eine anhaltende Klage über den Mangel an Fachkräften getrübt wurde.

Wunsiedel ist im Zusammenhang mit dem Zuzug fremder Personen durchaus erfahren. Bereits seit dem Jahr 1990 hat es über 1.000 deutschstämmige Aussiedler aus der damaligen Sowjetunion erfolgreich integriert. Gehen wir zeitlich noch weiter zurück in die Zeit der Hochkonjunktur der Porzellanindustrie des Kreises Wunsiedel (ab 1960), stellen wir fest, dass es schon damals erfolgreiche Kontakte in die spanische Provinz Galicien gab, Kontakte, die zu einem personellen Zuzug von Arbeitskräften geführt haben.

Der Beginn
Im Juni 2011 veröffentlichte der Zweite Bürgermeister Roland Schöffel deshalb die Absicht, spanische Fachkräfte nach Wunsiedel zu holen. Man kann anhand der lokalen Presse, die detailliert über dieses nun beginnende „Experiment“ berichtete, sehr gut nachvollziehen, dass diese Absicht nicht nur auf Gegenliebe stieß. Es sei hier nur am Rande erwähnt, dass die beiden Bürgermeister, die sich in der Folgezeit für das „Experiment“ einsetzten, in ihren jeweiligen Parteien durchaus auch gegenläufige Positionen kennen.

Zwischenrufe aus der lokalen Politik waren da schon heftiger. Die Frage, warum die über Fachkräftemangel klagenden kleineren und mittelgroßen Unternehmen sich nicht selbst im Ausland um Nachwuchs bemühen, konnte – auch mit Blick auf ähnliche Vorgehensweisen an anderen Orten – noch entschärft werden. Die Sorge, dies könne zu einer Verknappung der Lehrstellen für hiesige Auszubildende führen, teilten wir – auch aufgrund der Erfahrungen des Deggendorfer Landrates – nicht. Dennoch wollten wir unsere Suche auf „Fachkräfte“ begrenzen und zur Risikobegrenzung innerhalb der Wunsiedeler Stadtgrenzen bleiben und damit ausdrücklich den Landkreis ausschließen. Und nur mit knapper Mehrheit konnte im Stadtrat verhindert werden, dass die Reisefreiheit des Bürgermeisters eingeschränkt wurde. Wer die spanische Mentalität kennt, weiß, dass solche Projekte nicht zuletzt durch persönliche Beziehungen und Kontakte erfolgreich werden. 

Bei allem persönlichem Engagement war es wichtig, auch externe Hilfe dort in Anspruch zu nehmen, wo Bordmittel nicht mehr ausreichen. Wir haben deshalb frühzeitig Kontakt zu einer spanischen Unternehmensberaterin in München gesucht, mit deren Fach- und Sprachkenntnis wir die täglichen Fragen lösen konnten. Auf übergeordneter Ebene hat die Spanische Botschaft Berlin uns bestätigt, dass wir tendenziell auf dem richtigen Weg sind, dieses „Experiment“ erfolgreich zu bestehen.

Erste Kontakte
Keine Experimente – jede Aktion politischer Entscheidungsträger sollte wohlbegründet sein. Wir haben deshalb in einer Umfrage bei Unternehmen in Wunsiedel den Bedarf an Fachkräften erfragt und gleichzeitig „atmosphärisch“ geprüft, ob unsere Gemeinde dafür bereit ist, Spanier zu integrieren. Das Ergebnis gab uns Recht: Von den 52 betrieblichen Rückmeldungen, die in der Verwaltung eingingen, fanden über 60 Prozent die Idee an sich gut, 20 Prozent hatten keine Meinung, weitere 20 Prozent waren dagegen. Noch beeindruckender als diese Zahlen war aber die Tatsache, dass elf unserer Unternehmen uns insgesamt 69 zu besetzende Stellen nannten – quer über eine Vielzahl von Branchen.

Die Spanische Botschaft Berlin war es, die beim ersten Zusammentreffen der deutschen und galicischen Bürgermeister Anfang Dezember 2011 als Gastgeber fungierte. Der Leser sei daran erinnert, dass zu diesem Zeitpunkt der – inoffizielle – Beginn unseres „Experimentes“ bereits sechs Monate zurücklag und die – ich darf das vorwegnehmen – erfolgreiche Umwidmung von „Experiment“ in „Projekt“ noch mehr als 15 Monate in der Zukunft liegt. Dieser Zeitstrahl sei all jenen Unternehmensleitern eine Hilfe, die den Zeitaufwand einer Personalakquisition im Ausland unterschätzen.

Die berufliche Situation in Padrón, einer Kleinstadt mit etwa 9.000 Einwohnern in der Nähe des berühmten Santiago de Compostela in der spanischen Provinz Galicien unterschied sich nicht wesentlich von den Daten anderer spanischer Regionen: Die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen lag bei gut 40 Prozent, die der übrigen Erwachsenen bei etwa 25 Prozent. Deutschkenntnisse vor Ort waren kaum vorhanden, insofern galt es, hier die Frage zu klären, ob unsere Volkshochschule (VHS) in ausreichender Anzahl geeignete Deutschkurse anbieten kann, wer die Anforderungsprofile der Unternehmen ins Spanische übersetzt und wo die Spanier in der ersten Zeit untergebracht werden können.

In der Rückschau können wir anderen Institutionen, die vergleichbare Projekte planen, raten, die fehlenden Deutschkenntnisse in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen. Obgleich zugesagt, hat der geplante, sechswöchige Deutschkurs in Spanien nicht oder nicht in vollem Umfang stattgefunden (Spiegel-Online, 30.4.2013). Die sprachlichen Resultate bei der Einreise bedürfen deshalb keines weiteren Kommentares. Der Erfolg eines solchen „Experimentes“ ist aber zu einem hohen Maß von den Sprachkenntnissen abhängig. Ein Mindestmaß an Kommunikation zwischen neuem Arbeitnehmer und seiner Arbeitsumgebung ist schon aus fachlichen Gründen zwingend notwendig. Ebenso wichtig muss aber der Aspekt der Integration bewertet werden. Ohne sprachlichen Zugang zur neuen Arbeitsumgebung kann eine solche Integration kaum stattfinden.

Auch in einer anderen Beziehung sind wir einen sicher neuen, aber innovativen Weg gegangen. Auch hier glauben wir, dass andere Akteure mit vergleichbaren Fragen in die gleiche Richtung schauen sollten. Die Frage der vorübergehenden Unterbringung haben wir gelöst. Wir haben im Zentrum unserer Stadt eine städtische Immobilie hergerichtet und an unsere neuen Mitbürger vermietet, das Zimmer zu 170 Euro monatlich. Daneben standen Doppelzimmer und ein Apartment zur Verfügung. Die ersten „Mieter“ sind dort bereits wieder ausgezogen – diesmal in eigene Wohnungen.

In Padrón
Im März 2012 flog eine fünfköpfige Delegation aus Wunsiedel über Frankfurt am Main, Madrid und Santiago de Compostela nach Padrón, um das „europäische Experiment“ vorzustellen. Neben den beiden Bürgermeistern waren ein lokaler Unternehmer mit dabei, eine seit vielen Jahren in Wunsiedel lebende Spanierin und die bereits erwähnte Unternehmensberaterin aus München.

Auch die Wahl von Padrón erfolgte nicht willkürlich, sondern war wohlüberlegt. Padrón hat etwa die gleiche Größe wie Wunsiedel, damit war von vornherein vermieden, dass etwa spanische Großstädter sich erst an die deutsche Provinz gewöhnen müssten. Wie Padrón, so liegt auch Wunsiedel „eher am Rand“ des jeweiligen Staates. Auch die Topografie der beiden Orte ist in etwa vergleichbar.

Es versteht sich, dass unsere Aktivitäten in Padrón erhebliche Aufmerksamkeit erfuhren. Die lokale Presse berichtete ausführlich, die Anzahl der geführten Gespräche mit dem dortigen Landkreis, der beteiligten Handelskammer und lokalen politischen Vertretern nahmen erhebliche Zeit in Anspruch. Die Vorgehensweise entsprach jedoch – das wissen wir heute besser als damals durch die Information, die wir mittlerweile über vergleichbare Aktionen erhielten – in vollem Umfang dem Vorgehen anderer, teils wesentlich größerer Akteure.

Etwa 120 Personen nahmen in Padrón an einer Informationsveranstaltung teil, in deren Verlauf alle bis dahin feststehenden Details genannt wurden. Erneut ist an dieser Stelle die persönliche und damit auch emotionale Ansprache an die zukünftigen Mitbürger zu erwähnen, geht es doch bei einer Entscheidung um nicht weniger als die Wahl des zukünftigen Lebensmittelpunktes.

Zurück in Wunsiedel
Es gibt im Rahmen des „Experimentes“ zwei Phasen, über die man als Beteiligter – manche sagen mit Recht: als Initiator – nicht glücklich sein kann. Dies ist die erste dieser zwei Phasen. Nach der Rückkehr aus Spanien sah sich der Bürgermeister massiver Kritik ausgesetzt, die aus dem Stadtrat an ihn heran getragen wurde. Natürlich ging es um Geld, um Kosten und deren Tragung, um die Notwendigkeit der Reise an sich und die Kompetenz des Bürgermeisters in personalwirtschaftlichen Angelegenheiten.

In gewisser Weise sind solche Nachfragen gerechtfertigt, es geht hierbei auch um Steuergelder und deren Verwendung, und dem Stadtrat steht ein Kontrollrecht zu. Vielfach wurde bei der Diskussion nicht hinreichend berücksichtigt, dass es sich um eine Dienstreise im Interesse der heimischen Wirtschaft handelte. Wenn ein bundesweit erkennbares Problem auch vor der eigenen Haustür derart massiv auftritt, muss es einen geben, der vorangeht und den Karren zieht. Wenn sich kein anderer dazu bereiterklärt, bleibt dies dem Bürgermeister vorbehalten. Ein anderes Problem ist die Kostenverteilung oder Kostentragung und – soweit die Informationen dazu reichen – das ist auch an anderer Stelle in unserer Republik nur oberflächlich geklärt. So sind andere, ähnliche Aktionen bekannt, bei denen die öffentliche Hand auf fünf- oder sechsstelligen Beträgen sitzengeblieben sein soll.

Die Spanier kommen
Im August 2012 war der Auswahlprozess mit Hilfe der Münchener Unternehmensberaterin abgeschlossen. Die Wunsiedeler Unternehmen hatten zwölf Personen finden können, die ihren Anforderungen entsprachen. Damit wurden nur etwa knapp 20 Prozent der ursprünglich angebotenen 69 Arbeitsplätze gefüllt. Aber es wurde der Versuch deutlich, punktgenaue Vermittlungen zu ermöglichen, eine weitgehende Übereinstimmung zwischen individuellem Angebotsprofil und ausgeschriebenen Anforderungen.

Im Rahmen der Willkommenskultur erhielt jeder Spanier einen „Paten“, das war entweder ein Spanier, der schon vor langer Zeit den Weg nach Wunsiedel gefunden hatte, oder es war ein Wunsiedeler Bürger mit spanischen Sprachkenntnissen. Bei dem Niveau der jetzt erstmals deutlich werdenden – kaum vorhandenen – Deutschkenntnisse war dies ein unverzichtbarer Baustein. Die Paten sollten die neuen Mitbürger im Prozess der Integration „begleiten“. Dieser so glatt formulierte Tatbestand setzt sich aus vielen Einzelaktionen zusammen, die zu Beginn kaum alle bekannt sind und die einen Paten schon fordern können. Es geht auch hier nicht ohne den persönlichen Einsatz im Interesse der Sache. Positiv zu werten ist jedenfalls die mediale Aufmerksamkeit, die ein Pate und sein „Patenkind“ generell genossen und die es vielleicht ermöglichte, dass die notwendigen Formalitäten rasch erledigt werden konnten.

Der 3. September 2012 war der Tag der Arbeitsaufnahme. Zwölf überwiegend auf sechs Monate befristete Verträge auf Probe wurden abgeschlossen: Vier Arbeitsplätze betrafen einen Automobilstützpunkt, vier Arbeitsplätze stellte ein überregional tätiger Elektrobetrieb zur Verfügung, drei Plätze entstanden in einem Hotel und ein weiterer Platz in einem holzverarbeitenden Unternehmen.

Bemerkenswert war die Frage der Zusammensetzung der Gruppe sowie die Situation im Bereich Familiennachzug, weil auch in der Kürze der Zeit damit nicht unbedingt gerechnet werden konnte. Zwölf Erwachsene bildeten die erste Gruppe der Spanier, davon neun Männer und drei Frauen sowie ein achtjähriger Junge. In relativ rascher Folge holte die Mutter zusätzlich zu ihrem achtjährigen Sohn auch ihre damals 22-jährige Tochter nach, zwei weitere männliche „Lebensgefährten“ folgten ihren Frauen nach Deutschland, brachen aber schon nach kurzer Zeit mangels Deutschkenntnissen wieder ab. Ein weiterer „Lebenspartner“ hat ebenfalls aus freien Stücken seinen Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlegt und arbeitet derzeit qualitativ unter seinem juristischen Niveau. In einem weiteren Fall sind sogar die 60-jährigen Eltern ihren beiden (!) Söhnen nach Deutschland gefolgt. Einer hat allerdings der Liebe wegen seine Zelte hier wieder abgebrochen und ist nach Spanien zurückgekehrt.

Noch im Herbst 2012 vermeldete die FRANKENPOST in einem weiteren Artikel „alles in Ordnung“ und verbreitete damit etwas vorschnell gute Stimmung. Das sollte sich Anfang 2013 ändern.

Das „schwarze“ Frühjahr 2013
Im Laufe des Frühjahrs 2013 verloren insgesamt sieben der zwölf Spanier ihren Arbeitsplatz wieder. Es traf die zwei der drei Damen, die im Hotel beschäftigt waren, sowie die vier Fachkräfte des Autohauses. In gewisser Weise potenzieren sich für die spanischen Neubürger die Gefahren des deutschen Arbeitsmarktes, in den sie mit kurz laufenden Verträgen hineingekommen sind. Das Hotelmanagement hatte gewechselt und verfolgte nun andere Ziele als vorher,  das Autohaus ging in die Insolvenz. Drei der dort angestellten Fachkräfte haben aber mittlerweile wieder eine neue Arbeitsstelle gefunden. Auch eine der beiden Damen aus dem Hotel arbeitet nun wieder. Die alleinstehende Mutter mit ihren beiden Kindern arbeitet heute wieder in ihrem erlernten Beruf als Friseuse – zwar nicht bei uns, aber immerhin in der Nachbarstadt.

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Presse muss sein, darin besteht kein Zweifel. Aber bei allem Respekt vor der Informations- und Mediengesellschaft unserer Tage muss man bei einem Thema, das derart den Menschen und seine Lebenswirklichkeit in den Mittelpunkt stellt, verlangen dürfen, dass die Damen und Herren der schreibenden Zunft in ihrer Berichterstattung nah bei der Wahrheit bleiben. Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Das Autohaus trieb bereits auf die Insolvenz zu, da war in der Presse nachzulesen, zwei der dort beschäftigten Personen, Lackierer mit langjähriger Erfahrung, könnten dort nicht bleiben, weil ihre berufliche Erfahrung in Spanien im Lackierbereich auf der Verwendung von Acryllacken beruhe, in Deutschland hingegen werde Wasserlack verwendet, „… dessen Handhabung eine deutlich höhere Qualifikation erfordere …“ (Frankenpost 15.02.2013). Eine weitere Verwendung hätte demnach eine komplette Zusatzausbildung gefordert, diese jedoch sei aufgrund der Sprachprobleme ohne realistischen Hintergrund. Diese Meldung stellte sich im Nachgang nicht nur als sachlich falsch heraus und hinterließ in der Psyche der betroffenen Personen deutliche Spuren, sie wäre auch geeignet gewesen, bundesweit ein falsches Bild zu vermitteln. Ich sage deshalb noch einmal für alle bundesdeutschen Lackierbetriebe: Spanische Lackierer machen einen guten Job, wenn man solche Leute braucht, wir wissen das und wir wissen auch, woher und wie sie zu kriegen sind.

Einen anderen medialen Aspekt muss ich noch unbedingt erwähnen. Allein die diesem Beitrag zugrunde liegende Artikelliste umfasst 21 Positionen verschiedener Medien. Darüber hinaus haben uns deutsche und internationale Rundfunk- und Fernsehanstalten geradezu belagert. Wir fassen das einerseits als Kompliment für unser „europäisches Experiment“ auf, andererseits haben uns unsere spanischen Neubürger deutlich zu verstehen gegeben, dass ihnen der mediale „Rummel“ in diesem Ausmaß missfällt. Ich stehe sozusagen zwischen den Stühlen und hoffe, dass die Beiträge der Medien zur Versachlichung der Diskussion um den Zuzug ausländischer Mitbürger beitragen und anderen Akteuren Anregungen geben können, wenn sie vor ähnlichen Fragestellungen stehen.

Hoffnung und Ausblick
Wie bereits geschildert, haben einige der arbeitslos gewordenen Spanier nach relativ kurzer Zeit wieder einen Arbeitsplatz gefunden. Auch ein weiterer, bisher nicht weiter erwähnter Neubürger hat seinen Arbeitsplatz gewechselt, sich aber dort bereits gut integriert. Nach etwa zehn Monaten sei es deshalb erlaubt, ein Fazit zu ziehen, das wir im September oder Oktober 2013 im Rahmen einer Evaluierung offiziell machen werden. Insofern handelt es sich hier (Stand: Mitte August 2013) noch um eine vorläufige, eher private Meinungsäußerung. Im Rahmen der Evaluierung soll dann auch geklärt werden, ob und wenn ja, mit welchen Modifizierungen wir gegebenenfalls eine Wiederholung unseres – jetzt darf man es sagen – Projektes anstreben.

Und so sieht die vorläufige Bilanz aus:

  • Das „Experiment“ ist geglückt.
  • Die Arbeitslosenquote liegt in Wunsiedel aktuell bei 4,7 Prozent und damit deutlich unter dem Landesdurchschnitt. Die Stadt Wunsiedel behält sich deshalb weitere Schritte, weitere Aktionen ähnlicher Art, vor. Dies wird in Abhängigkeit vom Fachkräftebedarf gesehen.
  • Fehlende Sprachkenntnisse waren das größte Problem und wurden im Vorfeld unterschätzt. Für Facharbeiter war es teilweise problematisch, sich nach dem Arbeitstag der Sprachentwicklung zu widmen. Die Sprachkurse wurden seitens der Lehrerschaft ohne Muttersprachler durchgeführt.
  • Die Integration kann als geglückt angesehen werden. Es gibt einen Stammtisch am Freitag und eine „Spanische Nacht“ in der Innenstadt.
  • Etliche Spanier haben inzwischen Wohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt angemietet.
  • Die Häufigkeit der Fernsehberichterstattung war einigen Spaniern zu viel. Viele nationale und internationale Radio- und Fernsehanstalten haben über Wunsiedel berichtet.
  • Es ist von Vorteil, wenn ein Arbeitgeber gleichzeitig zwei Fachkräfte einstellt. Neben den Sprachproblemen, die so in etwas geringerem Maße wahrgenommen werden, ergibt sich eine psycho-soziale Wirkung.
  • Die Spanier sind nicht (oder kaum) motorisiert. Die öffentliche Verkehrsanbindung stellt deshalb ein Problem dar. Einer der Lackierer arbeitet heute in einer 30 km entfernten Stadt und fährt mit dem Motorrad. Es ist derzeit unklar, wie das im Winter dargestellt werden soll.
  • Die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Zuzug muss gegeben sein. Es muss vermittelt werden können, dass die Neubürger niemandem einen Arbeitsplatz wegnehmen, den dieser besetzen könnte. In Wunsiedel arbeiten wir noch an dieser Akzeptanz.
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