Einleitung

→ Jürgen Jüngel

Fachkräfte aus dem Ausland? Keine leichte Aufgabe.

Der Fachkräftemangel in Deutschland bewegt viele. Schon die Wortwahl bewegt einige. Ob es ihn denn wirklich gebe, ob er nicht eine – vielleicht von der Wirtschaft gepushte – Fata Morgana sei, der es sich nicht lohne nachzulaufen. Andere verweisen auf real existierende und unbesetzte Stellenpläne und mahnen Maßnahmen an zur Mangelbeseitigung.

Es mag sein, dass die „Rente mit 67“ ein erster Schritt war zur Auffüllung des Arbeitskräftereservoirs, sicher ist das jedoch nicht. Gegenwärtige inländische Bemühungen gehen eher in die Richtung, die Frauenquote zu erhöhen, das Reservoir der bisherigen Schuloder anderer Abbrecher in geeigneter Weise zu motivieren, sich weiterzubilden. Es werden Kurse angeboten für junge Menschen mit Migrationshintergrund, man denkt über ein flexibles Renteneintrittsalter nach und will junge Mütter wieder früher an ihren Arbeitsplatz zurückholen.

Auf einer Fachtagung am 8. April 2013 in Stuttgart wurden alle diese Möglichkeiten genannt und ihre Wirkung auf den Fachkräftemangel hin untersucht. Der Referent kam seinerzeit zu einem eindeutigen Ergebnis: Alle genannten Maß- nahmen können die Wirkungen des demografischen Wandels nicht aufhalten, der darin besteht, dass in absehbarer Zeit die Gesamtzahl der in Deutschland lebenden Menschen dramatisch zurückgeht. Eine einzige Chance gebe es, diesen Prozess signifikant abzumildern – durch Zuzug aus dem Ausland.

Wie steht es um den Zuzug von Mitarbeitern – im besten Fall von Fachkräften – aus dem Ausland? Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) als zuständige Abteilung der Bundesagentur hat Anfang 2012 die Richtung ihrer Arbeitsweise grundlegend geändert. Lag der Schwerpunkt bis dahin auf einer Hilfestellung für Deutsche, die einen Job im Ausland suchten, so stehen nun die Ausländer im Mittelpunkt, die einen Arbeitsplatz hier besetzen sollen und wollen.

Die Fachkräfteengpässe in Deutschland bewegten viele: Die Politik, viele helfende und unterstützende Organisationen, inländische Unternehmen, die betroffenen Botschaften und Konsulate europäischer Staaten, Journalisten hier und dort, viele Menschen in Ländern, in denen derzeit eine hohe Arbeitslosigkeit herrscht.

Wie aber wird eine Rekrutierung aus dem Ausland organisiert, wie wird sie durchgeführt, wer führt sie durch, wer übernimmt welche Kosten? Die ZAV gab am 30.10.2012 eine Pressemitteilung heraus, nach der sie in 2012 bis dato 87 Spanier nach Deutschland vermittelt habe. Gibt es darüber hinaus alternative Wege der Auslandsrekrutierung?

Welche Wege sind das, wer sind die Akteure und welches sind die Probleme, die dabei auftreten? Diese Publikation will einige Antworten auf diese Fragen geben. Wir haben sieben Organisationen und drei wirtschaftlich agierende Personalvermittlungen gefunden, die uns einen Blick hinter deren Kulissen gestatten. Es ist nicht das Ziel dieser Sammlung, „Best-Practice-Beispiele“ vorzustellen. Ausdrücklich wurden die Teilnehmer gebeten, auch die aufgetretenen Probleme und Risiken zu nennen, damit andere, die eine solche Aktion planen, hieraus rechtzeitig ihre Schlüsse ziehen können. Dieser Bitte sind die Autoren in unterschiedlichem Umfang entgegengekommen.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Veröffentlichung vorliegender Broschüre zunächst noch breiter angelegt war. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass allein die Spanische Botschaft Berlin über 120 Projekte zählt, in deren Verlauf mehrere Personen aus Spanien nach Deutschland kamen. Das Feld der Personalvermittlung wird zunehmend auch von professionellen Akteuren besetzt, die an einer öffentlichen Darstellung ihrer Aktivitäten wenig Interesse zeigen. Gleiches gilt für den einen oder anderen Akteur. Wessen Projekt – aus welchen Gründen auch immer – nicht ganz zufriedenstellend verlief, hat sich an der Publikation eher nicht beteiligt. Auch Unternehmen, die sich im Beschaffungswettbewerb um Fachkräfte sehen, haben ihre Informationsprioritäten eher anders gesetzt.

Die Suche nach geeigneten Fachkräften im Ausland für das eigene Unternehmen wird in vielen Fällen als Gruppensuche betrieben. Ein Arbeitgeber oder eine Organisation sucht nicht nur eine Fachkraft, sondern mehrere zur gleichen Zeit. Dies kann für Berufsgruppen wie Pflegekräfte, LKW-Fahrer oder Elektriker als durchaus typisch angesehen werden. Daneben besteht die eher traditionelle Suche nach einzelnen Personen, beispielsweise nach Ingenieuren, natürlich weiterhin.

Eine weitere Spezifizierung erscheint an dieser Stelle angebracht. Die Diskussion – auch die politische Ausrichtung – hat im Laufe des Jahres 2013 eine weitere Richtung angenommen, zusätzlich zur eigentlichen Fachkraft hin zu ausgebildeten Lehrlingen und zu angehenden Lehrlingen. Bei näherer Hinsicht kann ein Lehrling nicht als Fachkraft bezeichnet werden, nach seiner Ausbildung und einer weiteren Arbeitsphase mag das zutreffen, nicht aber zu diesem frühen Zeitpunkt. Wir haben aus diesem Grund alle Gruppen bewusst vernachlässigt, die sich mit der Heranführung von angehenden oder gestandenen Lehrlingen befasst haben.

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