Warum haben Jobfamilien Konjunktur?
Dreh- und Angelpunkt bei der Bildung von Jobfamilien sind konkrete Aufgaben in einem Unternehmen. Aufgaben werden zu Stellen zusammengefasst und ähnliche Stellen wiederum zu Jobs. Berufsbilder bündeln diese Jobs auf einer unternehmensübergreifenden Ebene. Dort wird dann aus dem Schreinerjob A in Betrieb X und Schreinerjob B in Betrieb Y der Beruf des Schreiners. Der Vorteil des dualen Berufsausbildungssystems besteht (unter anderem) in der Allgemeingültigkeit von Berufsbildern und der damit verbundenen zwischenbetrieblichen Durchlässigkeit. Der in Betrieb X ausgebildete Schreiner kann mit überschaubarem Aufwand auch den Schreinerjob in Betrieb Y ausüben.
Nun beobachten wir in Betrieben häufig, dass sich deren Marktpositionierungen und damit die Anforderungen an ihr Personal schneller ändern, als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Außerdem werden die Kompetenzanforderungen in vielen Fällen spezifischer. Im Zuge der Digitalisierung dürfte sich dieser Trend eher verschärfen als abschwächen. Ergänzt ein Unternehmen intern das Ordnungssystem Berufsbilder durch das der Jobfamilien, profitiert es vom konkreten betrieblichen Bezug und der Flexibilität, die Zuordnung von Personen und Aufgaben schnell anzupassen und zu verändern.
Mehr noch: Jobfamilien bündeln ähnliche Aufgaben beziehungsweise zusammenhängende Aufgabenkomplexe. Strategische Veränderungen in einem Unternehmen können auf der Ebene dieser gebündelten Aufgabenkomplexe sinnvoll und unterscheidbar beschrieben sowie in ihren Auswirkungen auf den Personalbedarf beurteilt werden. Ein bestimmtes Umsatzziel kann demzufolge sehr präzise in seinen Auswirkungen auf die Jobfamilie „Vertrieb Außendienst“ und – unterschieden davon – auf die Jobfamilie „Produktion“ bestimmt werden. Dieses Abstraktionsniveau eignet sich daher besonders für die Verbindung zwischen Unternehmensstrategie und Personalarbeit.
Die Bedeutung von Jobfamilien im Zusammenhang mit strategischen Veränderungen sowie ihr Zusammenspiel mit etablierten Berufsbildern kann das folgende Beispiel verdeutlichen:
Ein kunststoffverarbeitender Betrieb auf Wachstumskurs stellt fest, dass es dringend mehr Zerspannungstechniker braucht, diese Jobfamilie aber nicht einfach zu beschaffen ist. Daraufhin weitet er seine Personalmarketingaktivitäten auf Industrie-, Werkzeug und Verfahrensmechaniker der Kunst- und Kautschuktechnik aus. Durch dieses ‚Ausweichmanöver‘ nimmt er zwar in Kauf, dass er diese Mitarbeiter weiterqualifizieren muss, zugleich sichert er mit der personellen Aufstockung der Jobfamilie ‚Zerspannungstechniker‘ aber auch seinen Wachstumskurs.
Kurzum: In einer globalisierten und vernetzten Wirtschaft, in der sich Märkte schnell wandeln, sterben und neu entstehen, können Jobfamilien innerhalb eines Unternehmens erheblich dazu beitragen, dass die Zuordnung von (sich verändernden) Aufgaben und Personen effektiv, effizient und damit handhabbar erfolgen kann. Im Einzelnen können Jobfamilien dazu beitragen, dass
- sich Personalprozesse stärker an Aufgaben und Prozessen orientieren und weniger an Funktionsbereichen und Berufen:
- sich für das Personalmanagement deutliche Effizienzgewinne ergeben, indem nicht jede Stelle separat, sondern Stellenbündel gehandhabt werden.
- die Verbindung zwischen Unternehmensstrategie und Personalarbeit leichter herzustellen ist.
- Antworten auf die Fragen leichter fallen, welche Kompetenzen im Unternehmen vorhanden sind und wo Personalrisiken bestehen.
auf das Geschäft bezogene standardisierte Weiterbildungsmodule für jede Jobfamilie ausgearbeitet werden können. - Karriereperspektiven für die Beschäftigten transparenter werden und eine zielgerichtete Personalentwicklung erleichtert wird. Darauf aufbauend können Entwicklungswege und Fachlaufbahnen vergleichsweise einfach konstruiert und eingeführt werden.