Führung von Teams, Abteilungen oder Unternehmen – die feinen Unterschiede
Führung ist nicht gleich Führung. In Abhängigkeit von der Führungsebene im Unternehmen verändern sich auch bestimmte Anforderungen an die Führungskräfte. So muss ein Teamleiter einer Produktionsabteilung oder eines Call-Centers andere Schwerpunkte verfolgen und beachten, als es ein Abteilungsleiter tun muss. Zudem steigt die Komplexität des Führungsjobs bei jeder Stufe, vom Schicht-, über den Team- oder Abteilungsleiter bis hin zur Gesamtverantwortung eines Geschäftsführers an. Gerade für größere Mittelständler ist es daher für die Auswahl, Entwicklung und Unterstützung der Führungskräfte hilfreich, die besonderen Anforderungen in Abhängigkeit von der Führungsebene zu kennen und zu definieren. Das Ergebnis davon kann Bestandteil der definierten Führungsrolle sein.
Dies ist nicht nur für die Auswahl externer Bewerber, sondern vor allem für die konkrete Unterstützung der eigenen Führungskräfte wichtig, die neu in den Führungsjob kommen oder eine Führungsebene nach oben steigen. Denn die Wirksamkeit hängt maßgeblich davon ab, inwieweit die neue Rolle auch voll ausgefüllt werden kann. Damit dies gelingt, ist es von mindestens gleicher Bedeutung zu wissen, was auf der jeweiligen Führungsebene die besonderen Herausforderungen sind, wie das Wissen darüber, was nach solch einem Wechsel dann nicht mehr gemacht werden darf. Das ist deshalb so wichtig, weil viele Führungsdefizite hier ihren Ursprung haben, wie das folgende Beispiel verdeutlichen soll:
Damit ein großes Schiff sicher und zielgerichtet fahren kann, ist es erforderlich, dass der Maschinist die Maschinen, der Restaurantleiter das Essen sowie die Gäste und der Kapitän den Kurs (und mögliche Eisberge) fest im Blick haben. Wenn der Kapitän zu sehr damit beschäftigt ist, den Zustand der Rettungsboote zu prüfen und die Gäste zu unterhalten, fehlt ihm die Zeit und die Aufmerksamkeit, nach dem Kurs und den Eisbergen zu schauen – er wird so auf seiner Position unwirksam. Ähnliches passiert beispielsweise:
- Wenn jemand neu im Führungsjob ist, den „Absprung“ von den bisherigen Fachaufgaben nicht schafft und „keine Zeit“ zur Führung seines Teams hat.
- Ein Gründer nach mehreren Wachstumsphasen zu wenig Zeit mit der Unternehmensführung und zu viel Zeit in der Werkstatt verbringt.
- Ein Geschäftsführer immer wieder die Aufgaben eines Abteilungsleiters übernimmt, weil dieser die Aufgaben seines Teamleiters übernimmt.
- Ein Produktionsmeister die Maschinen für seine Werker einstellt und ihm dadurch die Zeit abhandenkommt, die Produktionsprozesse zu optimieren.
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Die Folge ist immer Unwirksamkeit, da die Führungsaufgaben, die mit der jeweiligen Position verbunden sind, „liegen bleiben“ und so auf Dauer die Geschäfte geschädigt werden. Um Ordnung, Rollenklarheit und Professionalität zu schaffen, ist es notwendig, die „feinen Unterschiede“ der Führungsebenen zu definieren (z. B. für Schichtleiter – Teamleiter – Abteilungsleiter – Geschäftsführer). Also, was sind die jeweiligen besonderen Führungsaufgaben und welche Herausforderungen treten beim Wechsel in eine Ebene typischerweise auf? Zur Verdeutlichung werden zwei Passagen und deren Spezifika beschrieben:
Vom Kollegen zum Teamleiter: Die erste Karrierepassage bildet den Schritt vom Selbst- zum Mitarbeitermanagement ab. Die neue Führungskraft ist nicht mehr nur für die Ergebnisse ihrer eigenen Arbeit verantwortlich, sondern für die ihrer Mitarbeiter. Dies nicht nur rational zu erfassen, sondern auch zu leben, erweist sich in der betrieblichen Praxis oft als schwierig. Hier wird die Verabschiedung von ihrer bisherigen Facharbeit notwendig, damit sie sich vermehrt um Aufgabendefinition, -verteilung, Delegation, Ressourcenmanagement, Mitarbeiterförderung und den Aufbau tragfähiger Führungsbeziehungen kümmern kann.
Vom Teamleiter zum Abteilungsleiter: Die nächste Karrierepassage ist davon geprägt, dass jetzt eine gesamte Funktion/Abteilung geführt werden muss. Spätestens hier ist die strategische Perspektive gefragt: Die Führungskraft hat die Spreizung von kurzfristigen Ergebnissen einerseits und der längerfristigen Ausrichtung und Entwicklung ihres Bereichs andererseits zu bearbeiten. Zudem muss hier die Abteilung als Teil eines Ganzen geführt werden, um schädliche Effekte zu vermeiden. Führung auf dieser Ebene muss nicht nur das komplette Geschäftsmodell verstehen, sondern auch in Zeiträumen denken, die über das kurzfristige Handeln hinausgehen. Je nach Funktion braucht es zudem ein vertieftes Verständnis der Prozesse und der verwendeten Technologien. Zudem muss die Führungskraft jetzt lernen, nicht nur Mitarbeiter, sondern andere Führungskräfte zu führen und größere Budgets zu managen.