Wirken durch die eigene Person
Die Selbstführung ist das Kraftzentrum jeglichen Führungshandelns. Die Art und Weise, wie sich Führungskräfte selbst führen, strahlt auf die Wirkung der Managementaufgaben, die erreichte Beziehungsqualität sowie auf die persönliche Leistungsfähigkeit und die eigene Gesundheit aus. In der Selbstführung wurzeln daher Effizienz und Effektivität, aber auch Zufriedenheit und Wohlergehen. Sogar talentierte und bestens ausgebildete Führungskräfte sind in einem Arbeitsumfeld, das von Komplexität und Druck geprägt ist, ohne adäquate Selbstführung zum Scheitern verurteilt oder bleiben dauerhaft unter ihrem Potenzial.
Die Wirkung der Selbstführung wird vielleicht am schnellsten deutlich, wenn man sich etwas Zeit nimmt und folgende Fragen beim Lesen der Beispiele vorstellt:
Wie wirkt es sich auf die Leistungsfähigkeit und die Gesundheit einer Führungskraft, aber auch auf das verantwortete Geschäft und die Beziehungen zu den Mitarbeitern aus, wenn sie:
- kein Vertrauen aufbauen kann und infolgedessen bis zur Erschöpfung alles allein erledigen muss?
- sich Unsicherheit grundsätzlich nicht eingestehen darf und so komplexe Sachverhalte immer allein entscheidet, ohne sich mit anderen zu konsultieren?
- für jede Selbstverständlichkeit Anerkennung und Applaus einfordert und frustriert ist, wenn beides ausbleibt?
- ohne es wirklich zu wollen, Kollegen anschreit oder abwertet?
- in Veränderungsprozessen starr an einem Zielbild festhält und dieses ohne Toleranz für Abweichungen durchboxen will?
- sich selbst nicht erlauben kann, Fehler zu machen und es vom Umfeld in gleicher Strenge ebenso erwartet?
Diese Beispiele zeigen die Auswirkung und die Bedeutung einer bewussten Selbstführung. Sie sollen aber auch verdeutlichen, dass es keine perfekte Selbstführung gibt und dass Beispiele dieser Art immer auch zutiefst menschlich sind.
Der zunehmende Druck und die Komplexität des Geschäfts können jedoch dazu führen, dass Führungskräfte aus unterschiedlichen Gründen Orientierung verlieren, ausbrennen und letztlich an Wirksamkeit einbüßen. Um sich in der heutigen Geschäftswelt selbst führen zu können, ist es daher hilfreich, ein gewisses Maß an Bewusstheit und innerer Wahlfreiheit zu erlangen.
Das ist deshalb so wichtig, weil wir alle hochgradig darauf konditioniert sind, auf bestimmte Weisen zu reagieren. Oft reagieren wir dabei nicht so, wie wir es uns eigentlich wünschen würden. Wir befinden uns dann in einer Art „Autopilot-Modus“, der die Wahrnehmung der Realität und, damit eng verbunden, die potenziell vorhandenen Handlungsmöglichkeiten einschränkt. In schwierigen Situationen, unter Stress oder wenn persönliche Grenzen erreicht werden, können die individuelle Wahrnehmung und die daran gekoppelten Handlungsmöglichkeiten dann noch knapper werden. Dies schränkt die Sicht auf gute Lösungen weiter ein. Dieser „Autopilot“ folgt inneren Fixierungen, die oft in den individuellen biografischen Erfahrungen wurzeln und unweigerlich mit Gefühlen verbunden sind. Daher lässt sich der Führungsalltag auch nicht allein durch den Verstand und die korrekte Anwendung von Managementtools regeln, sondern durch die Kenntnis der eigenen Persönlichkeit und dem bewussten Umgang mit seinen Gefühlen.
Damit dies gelingen kann, ist es von Vorteil, innerlich beweglich zu sein. Das bedeutet nicht, sich an alles und jeden anpassen zu müssen. Damit ist vielmehr gemeint, in den vielen anspruchsvollen Situationen des Führungsalltags sein persönliches Handlungsspektrum situativ und variabel ausschöpfen zu können – also nicht vorschnell in automatische oder lieb gewonnene Handlungen und Reaktionen zu verfallen, wie die obigen Beispiele illustrieren. Schlüssel dafür sind Entschleunigung und Selbstreflexion: Dies ermöglicht die Wahrnehmung der eigenen Gedanken, Emotionen und der persönlichen Wirkung. Die Bereitschaft dazu sowie die Offenheit Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen sind wichtige Voraussetzungen, damit Führungskräfte dem oft hohen Druck mit Klarheit und Handlungsfähigkeit begegnen können.
Zusammenfassung
Führungswirksamkeit zeigt sich letztlich im Ergebnis. Wirksamkeit wurzelt und entsteht in den drei beschriebenen Wirkfeldern. Sie wirken unabhängig davon, welchen Führungsansatz oder -stil man verfolgt und auch unabhängig davon, ob sie einem bekannt sind oder berücksichtigt werden. Ein Managementprofi wird durch zu starke Einseitigkeit ebenso unwirksam wie ein begnadeter Beziehungsmanager ohne Management-Know-how. Führungskräfte, die diese Ebenen kennen, einen Zugang dazu haben und bereit sind, sich darin weiterzuentwickeln, haben die besten Voraussetzungen, ihr Unternehmen in die Zukunft zu führen.
Das größte Hindernis auf diesem Weg liegt darin, dass die drei Wirkfelder unterschiedlichen Logiken und Gesetzen folgen. Das heißt, um sie zu erschließen und voll nutzen zu können, braucht es spezielle Zugänge und Vorgehensweisen. Dieses Hindernis kann schnell aufgelöst werden, wenn Folgendes gegeben ist:
- Interesse an der Aneignung und Anwendung von Management-Know-how
- Offenheit anderen Menschen in ihrer Vielfalt zu begegnen und mit ihnen im Kontakt zu bleiben, auch wenn es mal „eng“ wird
- Bereitschaft, die Wirkung der eigenen Person kennenzulernen und sich weiterzuentwickeln