Wie weit ist der Baumittelstand Bayerns mit der Einführung der Digitalisierung und speziell mit der Umsetzung von BIM?

Die Entwicklungen, die sich im Rahmen der digitalen Transformation vollziehen, verlaufen in vielen Sektoren und Branchen in ähnlicher Weise – jedoch zu verschiedenen Zeitpunkten und mit unterschiedlichem Tempo. Während die meisten Branchen seit geraumer Zeit einen tiefgreifenden Digitalisierungsprozess durchlaufen, steht die Bauwirtschaft hier noch am Anfang.

Gerade in Bayern herrscht Vollbeschäftigung in der Baubranche. Fachkräfte werden händeringend gesucht und die Branche konkurriert mit anderen Wirtschaftszweigen. Besonders die stationäre Industrie ist in Sachen Digitalisierung der Bauwirtschaft um Längen voraus und kann diese schon ausreichend nutzen, um effizienter und zielgerichteter zu arbeiten.

Jede Branche hat aber ihre ganz speziellen Besonderheiten und verändert sich durch die Digitalisierung auf ihre ganz eigene Art und Weise. Im Bereich der Bauwirtschaft sind es auf der Ebene der harten Fakten die gravierenden technologischen Veränderungen, auf der Ebene der ‚soft skills‘ vor allem die neuen Möglichkeiten des miteinander Kooperierens über die gesamte Wertschöpfungskette Bau hinweg. Vor allem aus Letzterem ergeben sich konkrete Änderungen für die Beschäftigten in den Baubetrieben.

Zwar werden im Bauwesen für die Planung, Errichtung und den Betrieb von Gebäuden digitale Werkzeuge eingesetzt, der Grad der Weiternutzung von einmal erzeugten, digitalen Informationen bleibt allerdings hinter dem anderer Branchen zurück. Die Digitalisierung in der Bauwirtschaft hat bisher im Wesentlichen die Büroarbeitsplätze erreicht. Die Kolonnen- und Maschinensteuerung – konkret die Prozesssteuerung auf den Baustellen – wird noch immer vorwiegend analog abgewickelt. Dadurch treten vielfältige Informationsbrüche über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerkes auf. Das Potenzial, das die Informationstechnologie zur Unterstützung der Abwicklung und Bewirtschaftung von Bauprojekten im Sinne von big open BIM bietet, bleibt daher tendenziell eher ungenutzt.

Dennoch geht der gegenwärtige und in naher Zukunft im Vordergrund stehende Digitalisierungsschub besonders von der Arbeitsmethode BIM aus – auch für die KMU-Bau in Bayern. Während einzelne, besonders innovative Planungsbüros und Baufirmen BIM bereits konsequent einsetzen, steht die flächendeckende Einführung auch in Bayern noch bevor. Das heißt: Momentan befindet sich die bayerische Bauwirtschaft an der Schwelle zur BIM-Einführung in der Breite. Dabei kommt der öffentlichen Hand eine treibende Rolle zu. So wurde beispielsweise mit dem BIM-Stufenplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) eine Initiative ins Leben gerufen, die die verbindliche Nutzung der BIM-Methode für alle Bauvorhaben im Infrastrukturbereich ab 2020 vorsieht. Dennoch erfolgt die Einführung von BIM – gerade in den KMU Bayerns – bisher weiterhin nur zögerlich, obgleich dies eine wichtige Voraussetzung für die nachfolgenden, tiefergreifenden Formen der Digitalisierung des Bauwesens ist, wie beispielsweise das automatisierte Bauen im Sinne der Industrie 4.0.

Auch die Ergebnisse zum Stand der Digitalisierung beziehungsweise zur Umsetzung von BIM aus der RG-Bau Beschäftigungsstudie mit Schwerpunkt Bayern unterstreichen, dass sich die Anwendung der Methode BIM im Bereich der KMU erst im Anfangsstadium befindet (siehe: Abbildung 1). Einzelne Prozesse werden bereits digital beziehungsweise mit BIM umgesetzt, von einer flächendeckenden Anwendung ist die Branche jedoch noch weit entfernt. Die befragten KMU-Bau gehen meist davon aus, dass das Image der Bauwirtschaft durch BIM verbessert werden kann. Sie stehen der Methode BIM also grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, verhalten sich aber weiterhin zögerlich.

Eine große Herausforderung bei der Einführung von BIM ist die Fragmentierung und die große Anzahl von kleinen und mittelständischen Unternehmen, sowohl in den planenden Bauberufen als auch bei den Bauunternehmen und Zulieferern. Folge dieser kleinteiligen Struktur ist, dass die Prozessketten stark gesplittet sind. Für die wertschöpfenden Einzelunternehmen verpuffen dadurch die Effizienzgewinne im Gesamtprozess, die mit BIM erschlossen werden. Von der Einführung von BIM profitieren bisher im Wesentlichen jene Bauunternehmen, die einen weiten Bereich der Wertschöpfungskette abdecken. Insofern wird die branchenweite Einführung von BIM durch die Fragmentierung geradezu ausgebremst.

Die Ergebnisse aus der RG-Bau Beschäftigungsstudie mit Schwerpunkt Bayern zeigen auch auf, dass die Unsicherheiten BIM einzuführen bei den KMUBau unter anderem auf die fehlenden BIM-Standards zurückzuführen sind, aber auch auf die unzureichende Übersicht auf dem Softwaremarkt sowie auf die Scheu der Unternehmen vor den zu hohen Anschaffungskosten einer ‚passgenauen‘ Software und der Einführung digitaler Methoden (siehe: „Die 10 größten Hemmnisse in Sachen Building Information Modeling (BIM)“, S. 12).

Die Bauwirtschaft – vor allem auch die kleinen und mittleren Unternehmen der Branche – kann die Transformation auf das durchgängig modellbasierte Arbeiten mit (open) BIM nur im Zuge einer schrittweisen Einführung sinnvoll bewältigen. Dies zeigen auch die dargestellten Unternehmens-Leuchttürme (siehe: S. 14 -29).

Mit der Abwicklung von BIM-Projekten entsteht eine Vielfalt an neuen Aufgaben für die Beschäftigten der Baubranche – vor allem in Bezug auf die Verwaltung digitaler Bauwerksmodelle und die Koordination von Informationsflüssen. Damit einhergehen neue Arbeitsrollen – BIM-Manager, BIM-Koordinator, BIM-Modeler, et cetera – und in letzter Konsequenz auch neue beziehungsweise modifizierte Berufsbilder.

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