Wie können die Unternehmen mit diesem Transformationsprozess umgehen und welche Ansätze gibt es in der Aus- und Weiterbildung?
Schubert-Raab: Solange wir unsere analogen Prozesse nicht im Griff haben, brauchen wir uns mit der Digitalisierung nicht ernsthaft auseinandersetzen. Hier hat die Digitalisierung ihre Grenzen. Sie kann keine Ordnung in die Firma bringen. Aus meiner Sicht müssen zwei Dinge berücksichtigt werden: Zum einen das Verständnis und Know-how davon, wie unsere Prozesse auf der Baustelle und im Büro tatsächlich ablaufen. Zum anderen die Einbindung aller Beschäftigten, denn auch die Ressourcen der älteren Mitarbeiter müssen genutzt werden.
Beck: Es wird in der Tat nicht anders gehen, auf der einen Seite Verständnis für die Bedürfnisse der Beschäftigten und gleichzeitig die Zeit aufzubringen, Prozesse zu lernen. Die Arbeitgeber sollten überlegen: Fange ich an, meine Beschäftigten zu beteiligen? Nehme ich die Betriebsräte mit und binde sie auch als Berater ein? Schließe ich beispielsweise Betriebsvereinbarungen zu den Themen ab? (…) Denn die Ängste sind bei den Mitarbeitern da und die müssen wir ihnen nehmen. Dabei sind auch wir Sozialpartner gefordert.
Eine weitere Frage ist, wie decke ich den Weiterbildungsbedarf ab, der in den Unternehmen vorhanden ist? (…) Auch dies ist aus meiner Sicht eine Aufgabe für die Sozialpartner. Wir sollten vor allem gut qualifiziertes Personal nicht nur nach der Ausbildung, sondern auch durch Fort- und Weiterbildung sichern. Durch unsere Tarifverträge haben wir hier gute Gestaltungsmöglichkeiten.
Reifgerste: Wenn es mir gelingt, durch den Einsatz von kollaborativen Tools oder durch den Einsatz von Planungsinstrumenten und -prozessen, Optimierungen in der Kommunikation herbeizuführen, dann spüren wir das nach kurzer Zeit auf der Führungsebene und dann spüren das auch die Mitarbeiter sehr schnell. Die Verbesserung der Kommunikation ist ein riesiger Motivationsfaktor für die Mitarbeiter, denn unter nichts leiden sie so sehr, wie unter einer mangelhaften Kommunikation. (…).
Es wird logischerweise immer auch Tätigkeiten geben, die sich der Digitalisierung nicht erschließen. Als Unternehmer muss ich prüfen: Gibt es Prozesse, die ich eins zu eins digitalisieren kann? Gibt es Prozesse, die ich substituieren kann, also analoge Prozesse, die ich durch digitale Prozesse ersetzen kann? Oder muss ich ganz neu denken?
Schubert-Raab: Die Zeit drängt, wenn wir uns bewusst werden, dass wir in unseren Ausbildungszentren und in den Berufsschulen überhaupt nicht auf die Einführung der Digitalisierung vorbereitet sind. Allein die technischen Mittel sind nicht vorhanden, um den jungen Menschen digitale Methoden beibringen zu können. Im Landesverband in Bayern wird in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer überlegt, welche Wege es gibt, um die Digitalisierung in der Ausbildung finanzieren zu können. Glücklicherweise sind viele junge Menschen privat gut aufgestellt und haben sich selbst eine digitale Basis geschaffen, die künftig genutzt werden kann. Aber wir dürfen uns nicht blenden lassen, denn in der schulischen Ausbildung weist der Nachwuchs mitunter riesige Lücken auf.
Beck: Bei allem Willen, digitale Transformationsprozesse im Unternehmen voranzutreiben, sollte IT-Affinität aus meiner Sicht niemals Baukompetenz ersetzen! Ich glaube, dass am Ende nicht nur die Frage im Raum steht, ob sich Berufsfelder ändern, oder gar neue Berufsfelder aufgesetzt werden müssen. Ich meine vielmehr, dass die entscheidenden Fragen lauten: Welchen Bedarf haben wir überhaupt? Welche Ausstattung braucht ein Unternehmen und gibt es schon eine IT-Ausstattung, auf der aufgebaut werden kann? Schneller, plakativer Aktionismus hilft uns nicht.
Schmieg: Wenn wir von Digitalisierung sprechen, darf die Schule nicht außen vor bleiben. Sie ist ein wesentlicher Teil der Grundausbildung. Wir kümmern uns natürlich als Verbände darum. Aber auch die Politik ist gefragt, entsprechende Gelder, beispielsweise aus ihrem „Digital Pakt“, zur Verfügung zu stellen. (…).
Aber wir Unternehmer werden begreifen müssen, dass keine fertigen Menschen Berufsschulen oder Berufskollegs abschließen, und wir den Nachwuchskräften mit dem Einstieg ins Berufsleben noch das ein oder andere vermitteln müssen.
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