Szenario 1: Umsatzwachstum durch Personalmangel ausgebremst

1. Strategische Ausgangslage

Das Unternehmen mit 60 Mitarbeitern ist mit seiner Kernkompetenz im Bereich der Montage und Wartung technischer Anlagen direkt bei Kunden in einem wachsenden Markt gut positioniert. Die Servicetechniker mit Facharbeiterausbildung und langjähriger Berufserfahrung sind die strategisch wichtigste Jobfamilie – ohne sie wäre das Unternehmen nicht am Markt. Seit einigen Jahren ist die Geschäftsführung gezwungen, Wachstumsziele immer wieder zu reduzieren, weil Servicetechniker im erforderlichen Umfang nicht verfügbar sind und die Absolventen der eigenen Berufsausbildung nicht ausreichen. Hinzu kommt, dass einige von ihnen immer wieder das Unternehmen verlassen um zu studieren, und Quereinsteiger gibt der Arbeitsmarkt nicht her.

2. Zusammenhang mit den Personalressourcen des Unternehmens

Weil ein voll einsatzfähiger Servicetechniker eine Vorlaufzeit von fünf bis sieben Jahren (Berufsausbildung plus Zusatzqualifikationen plus Berufserfahrung) hat, bedarf diese Personalressource einer strategischen Vorsteuerung. Das Unternehmen muss in die Entwicklung von Servicetechnikern (deutlich mehr) investieren (als bisher) – mit einigen Risiken (z.B. Absprung der angehenden Servicetechniker zu einer Technikerschule oder Fachhochschule).

3. Optionen einer strategischen Vorsteuerung

Mehrere Optionen werden diskutiert:

  • Erhöhung der Ausbildungsquote über den Bedarf von aktuell fünf Prozent auf zehn Prozent.
    Damit wäre eine Schwelle überschritten, die das Unternehmen zwingen würde, in die Ausbildungskapazitäten deutlich mehr zu investieren und vor allem, vermehrt externe Ausbildungseinrichtungen einzubinden. Außerdem ist es schwierig, geeignete Jugendliche zu finden und es besteht auch mit einer deutlich höheren Ausbildungsquote ein höheres Absprungrisiko.
  • Beschäftigung von mehr Personal aus anderen Jobfamilien, aus denen sich Servicetechniker rekrutieren ließen (z.B. Werkstattfachpersonal). Bei dieser Option wären die zu schließenden Qualifikationslücken erheblich, was sicherlich nur in Ausnahmefällen gut gelingen würde.
  • Verstärkung der Kontakte zu einschlägigen Ausbildungseinrichtungen. So agieren Wettbewerber auch und Erfolge sind bei hohem Aufwand ungewiss.
  • Verstärkung des Azubi-Marketings. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch das beste Marketing die Arbeitsmarktlage nicht zu ändern vermag.
  • Verbesserung der Mitarbeiterbindung, um die Servicetechniker im Unternehmen zu halten.

Strategisch kommt man mit diesen Optionen nicht sehr weit. Das Grundproblem des Unternehmens bleibt bestehen: In einem wachsenden Markt mindestens ebenso stark mitzuwachsen und dafür in der wettbewerbsrelevanten Jobfamilie auf Dauer nicht über ausreichende Personalressourcen zu verfügen.

4. Mitarbeiterinteressen und Perspektive des Betriebsrats

Die Mitarbeiter (und besonders die Servicetechniker) sind interessiert an einer Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. Das Unternehmen verdient gut, aber die Servicetechniker müssen Überstunden in erheblichem Umfang leisten, verdienen vergleichsweise wenig und – das wichtigste – sie haben keine Aufstiegschancen im Unternehmen. Die besondere Perspektive des BR auf diese Interessenlage führt zu einem erweiterten (strategischen) Blick auf die personalstrategischen Optionen und ihre Ausgestaltungsmöglichkeiten:

Er schlägt die Einrichtung einer 5-stufigen Fachlaufbahn für Servicetechniker vor, vom Trainee bis zum Experten mit Vertriebskompetenz. Jede Stufe mit verbesserter Ausstattung und höherem Entgelt. Die Investition wäre erheblich, der Prozess würde nicht unter 2 Jahre dauern, aber auf diesem Weg ließen sich die Wachstumsziele des Unternehmens zukünftig erreichen und die Personalressource strategisch – auf Dauer – stabilisieren.

Besonderer strategischer Fokus des Betriebsrats: Durchsetzung einer erheblichen Investition des Unternehmens in die wettbewerbsrelevanten Personalressourcen, die das Unternehmenswachstum in einem wachsenden Markt strategisch vorsteuern und absichern und zugleich die Interessen der Mitarbeiter berücksichtigt.

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