Szenario 3: Altersrisiken bei Schlüsselkräften
1. Strategische Ausgangslage
Das mittelständische IT-Unternehmen mit 180 Mitarbeitern bietet unter anderem Serviceleistungen, IT-Lösungen und Plattformen an. Die Kundenaufträge werden als Projekte abgewickelt. Projektmanagement ist der Schlüsselprozess. Mit über zwölf Prozent Umsatzsteigerung pro Jahr ist das Unternehmen auf Wachstumskurs. Marketing, Vertrieb und Verwaltung existieren nur rudimentär. Direkte Kundenorientierung und -bindung über die Projekte und persönliche Kontakte ist das leitende Prinzip. Die zentrale Herausforderung für das Unternehmen besteht darin, Flexibilität und Kundenbindung einerseits zu erhalten, andererseits die Redundanz einer Projektorganisation durch Ausbzw. Aufbau interner dienstleistender Funktionen zu reduzieren. Davon hängt ab, ob man die Leistungen auch zukünftig zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten kann sowie ob man die hohe Stressbelastung der wettbewerbsrelevanten Jobfamilien und Schlüsselkräfte (vor allem Projektleiter, -manager und Softwareentwickler) in den Griff bekommt. Diese Balance ist die tagtägliche, mit jedem Wachstumsprozent schwieriger werdende Aufgabe des Managements, und zugleich die zentrale strategische und personalstrategische Herausforderung für das Unternehmen.
2. Zusammenhang mit den Personalressourcen des Unternehmens
Da die Kunden feste verlässliche Ansprechpartner erwarten und jeder Kundenauftrag neue Anforderungen und Themen mit sich bringt, müssen die Projektteams und besonders die Projektleiter ständig Neues lernen. Personalentwicklung/Weiterbildung wird immer wichtiger. Auch die Mitarbeiterbindung spielt eine zentrale Rolle. Die Fluktuation ist aktuell gering, obwohl wichtige Mitarbeiter immer wieder Abwerbeversuchen ausgesetzt sind. Eine Altersstrukturanalyse zeigt, dass der Altersdurchschnitt des Personals im Branchendurchschnitt liegt. Bei den wettbewerbsrelevanten Jobfamilien (s.o.) stehen jedoch in fünf Jahren sieben altersbedingte Abgänge (Projektleiter) und in acht Jahren vier Abgänge (Softwareentwickler) an. Um auch mittelfristig den Wachstumskurs nicht zu gefährden, will die Geschäftsführung die Mitarbeiterzahl in den prioritären Jobfamilien mittelfristig um 30 Mitarbeiter aufstocken – aber wie?
3. Optionen einer strategischen Vorsteuerung
Gemeinsam mit den Personalverantwortlichen erörtert die Geschäftsführung Optionen zur Gewinnung neuer Mitarbeiter für die prioritären Jobfamilien sowie zur systematischen Nachwuchsförderung für diese:
- Deutschlandweite Personalrekrutierung.
- Verstärkte interne Rekrutierung von Projektmanagern aus anderen Jobfamilien (Systemadministratoren).
- Offensive externe Rekrutierung von Systemadministratoren (Sprungbrett für Projektmanager). Hier sind Arbeitskräfte leichter zu bekommen, dafür ist aber der Einarbeitungs- und Qualifizierungsaufwand hoch.
- Intensivierung der Nachwuchsförderung mit Unterstützung durch die Arbeitsagentur und diverse regionale Wirtschaftsförderer.
4. Mitarbeiterinteressen und Perspektive des Betriebrats
Personalgespräche haben ergeben, dass besonders die Projektmanager Qualifizierungsbedarf anmelden und mit weiter steigenden Arbeitsbelastungen rechnen, obwohl sie bereits heute am Limit arbeiten. Vor diesem Hintergrund setzt der Betriebsrat folgende Akzente:
- Zur personellen Aufstockung der Projektleiter/-manager und Softwareentwickler wird ein internes Rekrutierungs- und Qualifizierungsprogramm für ausgewählte Systemadministratoren entwickelt.
- Parallel Neueinstellungen von Systemadministratoren und verstärktes Personalmarketing für diese.
- Entwicklung eines umfangreichen Einarbeitungsprogramms für neue Mitarbeiter.
- Für jeden der mittelfristig ausscheidenden Projektleiter wird frühzeitig eine Nachfolgeplanung begonnen.
- Mit der organisatorischen Durchführung dieser Aktivitäten wird die Personalfunktion beauftragt, die um die Stelle eines Personalreferenten erweitert wird.
- Ein zeitweiliger Personalüberhang durch Neueinstellungen von Systemadministratoren wird als Zukunftsinvestition in die Personalressourcen betrachtet.
- Ein Projektteam entwickelt ein Konzept zur Erweiterung der Back-office Funktionen.
Besonderer strategischer Fokus des Betriebsrats: Entlastung der Mitarbeiter besonders in den prioritären Jobfamilien durch Organisationsmaßnahmen und Stabilisierung des Unternehmenswachstums durch mittelfristige Absicherung der Personalressourcen in diesen Jobfamilien.
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