Produkte und Dienstleistungen für die Zukunftsmärkte 50plus

Internationalisierung im demografischen Wandel

Auch wenn der demografische Wandel nicht primär im Fokus der Internationalisierung und der internationalen Aktivitäten deutscher Unternehmen stehen mag, so können die Veränderungen, die sich daraus ergeben Anlass dafür sein, internationale Geschäftsaktivitäten und Geschäftsmöglichkeiten unter genau diesen Aspekten zu beleuchten: um einerseits Impulse aus ebenso betroffenen Auslandsmärkten aufzugreifen und andererseits, um auf diesen Zielmärkten neue Chancen zu entdecken und aktiv zu werden.
In vielen Marktsegmenten im In- und Ausland werden Produkte und Dienstleistungen benötigt und nachgefragt, die sich an den Bedürfnissen älterer Menschen orientieren und dabei einen Beitrag zu mehr Lebensqualität aller Generationen leisten.

TIPP

Hinweise für die Entwicklung und Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen finden Sie in der

Strategiemappe „Wirtschaftsfaktor Alter“ – Zukunftsmarkt 50plus
Anregungen, Handlungshilfen und Tipps für Unternehmen

Faktenblatt 5 Produkte und Dienstleistungen: Generationengerecht entwickeln und Faktenblatt 3 Design für Alle: Funktional, nutzerfreundlich und ästhetisch gestalten

Schon heute sind deutsche Unternehmen sowohl mit Angeboten für die spezifischen Bedürfnisse und Wünsche älterer Nutzer als auch mit generationengerechten Produkten auf Auslandsmärkten präsent. Absatzmöglichkeiten haben also nicht ausschließlich reine „Seniorenprodukte“, die sich allein an ältere Konsumenten richten. Absatzchancen haben auch solche Lösungen, die Menschen aller Altersgruppen nützlich sind, indem sie zum Beispiel bei der Betreuung oder Pflege Älterer unterstützen.
Absatzchancen können sich außerdem für klassische Konsumgüter oder Lifestyle Produkte bieten, indem sie das Qualitätsbewusstsein ansprechen und das Interesse an einem besonderen Produkterlebnis bei der älteren Kundschaft wecken.
Umgekehrt profitieren Unternehmen in Deutschland durchaus von Gewohnheiten und Traditionen des alltäglichen Lebens älterer Menschen in ausländischen Gesellschaften und Märkten. Sie können eigene Geschäftsideen daraus generieren, um sich wiederum im heimischen Markt und in anderen internationalen Märkten Geschäftsmöglichkeiten zu schaffen.

Handlungsansätze für die Wirtschaft

Ansätze für die Wirtschaft ergeben sich beispielsweise aus den Veränderungen der Haushaltsstrukturen.
Es gibt einen deutlichen Trend zu kleinen Haushaltsgrößen in den Altersgruppen der Älteren. Zudem entsprechen viele Wohnungen noch nicht den Bedürfnissen älterer Bewohner nach Barrierefreiheit oder Ausstattungen, die heute mit den Möglichkeiten technikunterstützten Lebens und Wohnens bestehen.

INFO

Hinweise zu Haushaltsstrukturen finden sich im Einzelnen für ausgewählte Länder in den Länderprofilen.

Familienstand und Haushaltsstrukturen im Alter - wurden in ausgewählten Ländern auch im Rahmen der Studie „Chancen Erkennen und Nutzen - Alternde Gesellschaften im Internationalen Vergleich. Gutachten des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ umfassend beleuchtet.

Die Studie ist nachzulesen auf der Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: www.bmfsj.de  

Andere Aspekte prägen die Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel selbst in Ländern wie Frankreich und Großbritannien und sind auch unter Marktaspekten interessant. Es sind die Fragen nach der Beteiligung am Erwerbsleben, der Lebensarbeitszeit, dem Renteneintrittsalter, der Alterssicherung. Sie gehen zunehmend einher mit den Fragen nach Gesunderhaltung und Prävention, nach der Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsumgebungen und der Beschäftigungsfähigkeit älterer Menschen.
Vielerorts werden gesetzliche Regelungen angepasst z.B. in Japan mit der Neufassung des „Gesetzes zur Stabilisierung der Beschäftigung älterer Personen“.

INFO

„Gesetz zur Stabilisierung der Beschäftigung älterer Personen“/ „Revision of the Elderly Employment Stabilization Law“ Firmen mit einem internen Ruhestandsalter von weniger als 65 Jahren werden vor die Wahl gestellt, eine von drei Maßnahmen durchzuführen, um ältere Mitarbeiter länger zu beschäftigen.

dazu: www.mhlw.go.jp/english/policy/affairs/dl/01.pdf 

Schon heute befassen sich Facheinrichtungen mit der alternsgerechten bzw. generationengerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsumfeld.
Vor dem Hintergrund steigender Lebenserwartung und den Überlegungen dazu, wie Menschen länger erwerbsfähig bleiben können, werden in der Zukunft verstärkt unterstützende Technologien, Produkte und Dienstleistungen benötigt. Dies eröffnet Entwicklern und Anbietern entsprechender Lösungen Marktchancen.

INFO

Alterssicherung und Erwerbsleben in Europa
In Europa befassen sich die Mitgliedstaaten mit der Zukunft der Alterssicherung und des Erwerbslebens auch auf der gemeinschaftlichen Ebene. Näheres dazu finden Sie in den EU-Nachrichten vom 8. Juli 2010: THEMA DER WOCHE. Die Zukunft der Alterssicherung in der EU: Länger leben – länger arbeiten. www.ec.europa.eu 

Weitere Fakten zur Erwerbsbeteiligung in der Europäischen Union finden Sie im Beitrag: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (2009):
Lebenserwartung. Elixiere für Best Ager. In: iwd, Nr. 36 (3.09.2009). www.iwkoeln.de 

„Derzeit gehen nur rund 47 Prozent der 55bis 64-Jährigen in den alten EU5-Ländern einer Erwerbstätigkeit nach. Bis 2010 soll die Arbeitsmarktpräsenz der Best Ager in allen europäischen Mitgliedsländern jedoch 50 Prozent erreichen – so zumindest sieht es der Vertrag von Lissabon vor.“ So der Bericht.

Das Jahr 2012 soll zum Europäischen Jahr für aktives Altern werden. Die Initiative will dazu beitragen, bessere Beschäftigungsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen für die zunehmende Zahl älterer Menschen in Europa zu schaffen sowie alle Ebenen in Europa zur Förderung aktiven Alterns anzuregen. Mehr zum „Europäischen Jahr für aktives Altern“ erfahren Sie bei der Europäischen Kommission, Beschäftigung, Soziales und Integration auf: www.ec.europa.eu 

Dazu die EU-Kommission:
„Die EU befindet sich in einem Prozess starker demografischer Alterung. Ab 2012 wird in Europa die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter abzunehmen beginnen, während die Zahl der über 60-Jährigen jährlich um etwa zwei Millionen zunehmen wird. Der stärkste Druck wird zwischen 2015 und 2035 erwartet, wenn die sogenannten geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand eintreten werden. Dies stellt eine große Herausforderung für nachhaltige öffentliche Finanzen und insbesondere für die Finanzierung des Gesundheitswesens und der Renten dar und könnte die Solidarität zwischen den Generationen schwächen. Diese Betrachtungsweise vernachlässigt aber den erheblichen tatsächlichen und potenziellen Beitrag, den ältere Menschen – und insbesondere die geburtenstarken Jahrgänge – für die Gesellschaft leisten können.“

Daten zur Erwerbsbevölkerung finden Sie auch in Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (2010): DSW-Datenreport 2010. Soziale und demographische Daten zur Weltbevölkerung. Download: www.weltbevoelkerung.de   

Europäische und weitere Förderprogramme, Projekte, Initiativen und Studien

Die hohe Bedeutung des demografischen Wandels für Europa insgesamt und die Herausforderungen, die darin liegen, spiegeln sich auf europäischer Ebene in den Maßnahmen der EU-Kommission, darunter die Implementierung Europäischer Förderprogramme zur Unterstützung der Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen, die generationengerechte und nutzerfreundliche Lösungen für Ältere und gleichzeitig Mehrwert für Anwender und Nutzer aller Generationen bieten.
Im Rahmen dieser Programme und Initiativen bieten sich auch mittelständischen Unternehmen Möglichkeiten, an Verbundprojekten teilzunehmen und im gemeinschaftlichen Innovationsprozess mit Partnern eigene Produkte, Dienstleistungen und neue Lösungen zu entwickeln und zu erproben, um die wachsenden Zukunftsmärkte 50plus zu erschließen.

TIPP

Verschaffen Sie sich einen Überblick über Förderprogramme, Projekte, Initiativen und Studien. Die folgende Auflistung nennt Beispiele und weist auf weiterführende Informationen hin. 

  • 7. Forschungsrahmenprogramm
    www.cordis.europa.eu
    Programmschwerpunkt ist die Forschungsförderung zur Sicherung und Steigerung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung.
  • Projektbeispiele
    universAAL

    UNIVERsal open platform and reference Specification for Ambient Assisted Living.
    Eine offene Internetplattform führt Entwickler von AAL-Anwendungen, Serviceanbieter und Nutzer zusammen.
  • Living Lab 
    Nutzerorientierte Forschung und Produktentwicklung nachhaltiger, intelligenter Innovationen im Bereich Wohnen.
  • Coordination Action AALIANCE
    www.aaliance.eu 
    IKT-gestützte AAL Lösungen, die das Älterwerden am Arbeitsplatz, zu Hause und in der Gesellschaft unterstützen.
  • Ambient Assisted Living (AAL) Joint Programme
    Gemeinschaftliches, transnationales Förderprogramm der Europäischen Kommission www.aal-europe.eu und www.aal-deutschland.de/europa mit einem Überblick über die Projekte mit deutscher Beteiligung. Programmschwerpunkt ist die Entwicklung und Erprobung marktreifer Assistenzsysteme.
  • Competitiveness and Innovation Framework Programme (CIP)
    www.ec.europa.eu/cip/index_en.htm
    Zentrales Förderprogramm der EU für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, das sich hauptsächlich an KMU richtet.
  • Renewing Health
    REgioNs of Europe WorkINg toGether for HEALTH tw. gefördert im EU-ICT Policy Support Programm im Rahmen des CIP www.renewinghealth.eu Europäisches Projekt im Bereich Telemedizin.
  • World Standards Day 2010 Conference, „Accessibility for All“
    www.ec.europa.eu/growth/index_en
    Förderung von Barrierefreiheit, Zugänglichkeit für Alle und Maßnahmen zur Standardisierung nach dem „Design für Alle“.
  • ICT & Ageing – European Study on Users, Markets and Technologies
    www.ict-ageing.eu 
    Erkennen von Marktbarrieren für den Einsatz von Technologien für ein unabhängiges Leben; Identifizierung von Handlungsempfehlungen zur Ausrichtung auf die Bedürfnisse älterer Konsumenten.
  • USEM – User Empowerment in Standardisation
    Gefördert im 6. EU-Rahmenprogramm
    www.USEM-net.eu  
    Transnationales Projekt mit dem Ziel, Qualifikation und Teilnahme von behinderten und älteren Menschen, bzw. deren Organisationen, im europäischen Standardisierungsprozess zu stärken (Nutzereinbindung).
  • Wohnen im Wandel
    EU-Projekt im Förderprogramm Interreg www.wohnen-im-wandel.de 
    Plattform mit Informationen für komfortables und barrierefreies Wohnen.
  • Demographic Change: New Opportunities in Shrinking Europe, DC NOISE
    EU-Projekt im Förderprogramm Interreg
    Regionen aus fünf europäischen Ländern beschäftigen sich mit den Auswirkungen des demografischen Wandels und suchen gemeinsam nach Lösungen.
  • European Design for All e-Accessibility Network – EdeAN
    Europäisches Netzwerk Design für Alle in der Informationsgesellschaft
    Das Konzept Design für Alle wird für den Bereich der Informationstechnik weiterentwickelt, um Zugang und Teilhabe aller Bürger an der Informationsgesellschaft zu fördern.

Weitere Aktivitäten in Europa und weltweit

European Network of Living Labs – ENoLL
www.openlivinglabs.eu  
Weltweites Netzwerk von Living Labs; Anwender und Industrie entwickeln gemeinsam innovative Lösungen.

Initiative Intelligentes Wohnen;
ZVEI Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V.
www.intelligenteswohnen.com 
Plattform für AAL, um den Einsatz von Technologien zur Vernetzung von Geräten und Systemen voranzutreiben.

Niedersächsischer Forschungsverbund „Gestaltung altersgerechter Lebenswelten“
www.altersgerechte-lebenswelten.de 
Internationale Konferenz im März 2010 zum Thema „Altern und Technik/Ageing and Technology“.

SHARE – Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe
Förderung u.a. durch das 7. EU-Rahmenprogramm
www.share-project.org/deutsch 
Wissenschaftliche Befragung zum Altern in der EU;

Verwandte Studie:
ELSA - English Longitudinal Study of Ageing, mit weiterführenden Informationen zu verwandten Studien im internationalen Kontext.   

Erfahrungen aus Japan

Eine aktuelle Studie beleuchtet die Erfahrungen, die in Japan mit der Marktfähigkeit von Produkten im Bereich des AAL Ambient Assisted Living gemacht wurden und kann Anregungen geben für die Entwicklung und Vermarktung in anderen Märkten.

Easy Aging in Japan – Mikrosystemtechnik und Ambient Assisted Living
Der Lehrstuhl für Baurealisierung und Baurobotik der Technischen Universität München erstellt diese Studie in Zusammenarbeit mit der University of Tokyo für das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Auftrag der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH und schildert die Ausgangslage sowie die erwarteten Ergebnisse folgendermaßen:
„Japan ist von den Folgen des demografischen Wandels von allen Industrienationen am stärksten betroffen. Das Bewusstsein dafür ist in Japan groß, sowohl auf Seiten der Regierung und der Politik als auch auf Seiten der Wirtschaft und der Gesellschaft. Letztlich auch um die Entwicklung und den Vertrieb von neuen IuK- und MST-basierten Technologien zu fördern und eine internationale Spitzenposition hier zu halten, greift die japanische Regierung gezielt ein, verstärkt das Bewusstsein für die zukünftigen Probleme und promotet gleichzeitig insbesondere „ubiquitäre“ Technologien zur Lösung der mit dem demografischen Wandel entstehenden Probleme zum gesamtgesellschaftlichen Wohl („u-Japan“ Strategie).
Die japanische Landschaft an Akteuren, die im Bereich „AAL“ aktiv sind, ist vielfältig. Wie die folgende Analyse zeigen wird, sind hier - mehr noch als in Deutschland - bereits große Hersteller (Panasonic, DoCoMo, Fujitsu, Toto etc.) und Anwender (Wohnungsunternehmen) eingebunden und erste und erfolgreiche Testserien (Maron, YRP Location Aware Services, R-Click) und Produkte (z. B. Intelligence Toilet, bereits zweite Produktauflage) wurden inzwischen auf den Markt gebracht. Japan hat somit schon (positive und negative) Erfahrungen bei der Einführung marktfähiger Produkte getätigt und kann daher in den anstehenden Forschungen, Produkten und Dienstleistungen hinsichtlich AAL eine nächste Qualitätsbzw. Erfolgsstufe erreichen.“

TIPP

Weiteres zur Studie auf: www.br2.ar.tum.de

Weiteres zu den „ubiquitären“ Technologien und der „u-Japan“ Strategie können Sie nachlesen im Bericht:

Murakami, T. (2003): Establishing the Ubiquitous Network Environment in Japan, From e-Japan to U-Japan (englisch): In: NRI Papers No.66 (1.07.2003). Nomura Research Institute.
Download: www.nri.co.jp 

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