Finanzierung

Vielfältige Finanzierungsmöglichkeiten sind ein wesentliches Element für ein dynamisches Gründungsgeschehen. In Bezug auf das Gründerökosystemmodell sind Finanzierungsmöglichkeiten ein Teilbereich des Elements „Unterstützung & Infrastruktur“ (vgl. Abbildung 1, Seite 11). Bankdarlehen und Förderkredite sind nach wie vor die häufigste Form der Finanzierung von Unternehmensgründungen. Diese eignen sich nur bedingt für innovative und technologieorientierte Startups, die vor allem auf die Unterstützung von Business Angels und ein umfassendes Venture-Capital-Angebot angewiesen sind. Das regionale Angebot von Beteiligungskapital variiert jedoch sehr stark. In der Regel folgt Venture Capital auf vorangegangene erfolgreiche Unternehmensgründungen. Die Investoren gehen langfristig immer dorthin, wo die besten Chancen liegen. Von Seiten der öffentlichen Hand besteht die Möglichkeit, durch die Etablierung von Venture-Capital-Fonds die regionale Attraktivität für Startups und Investoren zu verbessern. Zwischen den Bundesländern und Stadtstaaten bestehen hier große Unterschiede.

Der Zugang zu finanziellen Mitteln in der Rhein-MainRegion wurde von den Startups insgesamt als problematisch eingestuft. Als Lichtblick erweist sich eine aktive Business-Angels-Szene, die in der frühen Entwicklungsphase der Startups Kapital und Know-how zur Verfügung stellt. Mehr als die Hälfte der befragten Gründerpersonen hatten und haben mit größeren Finanzierungschwierigkeiten zu kämpfen. Eine besondere Finanzierungslücke besteht im Bereich der Startups, die nach der Gründung für ihr weiteres Wachstum neues Kapital benötigen (Post-Seed-Phase), aber noch nicht die nötige Größe erreicht haben, um für Venture-Capital-Fonds attraktiv zu werden. Dies scheint, mit einer etwas abgeschwächten Situation in Berlin, eine nationale Herausforderung zu sein.

Allgemeine Stärken und Schwächen

+ Im Allgemeinen wurden die Möglichkeiten zur Seed-Finanzierung durch Business Angels im Rhein-Main-Gebiet als positiv eingeschätzt.
+ Die Finanzierung durch Business Angels erscheint aus Sicht der Startups als attraktive Option. Der Business-Angels-Szene wird durch eine Reihe von Startups international wettbewerbsfähiges Niveau zugesprochen.
+ Ein weitere Stärke der Rhein-Main-Region betrifft die vorhandenen Netzwerke aus Unternehmensberatungen, Banken, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Anwaltskanzleien, welche einen entscheidenden Beitrag zur Startup-Finanzierung leisten.

Startups berichten über größere Hürden, nach der Gründungs- und frühen Entwicklungsphase weiteres Kapital zu akquirieren. In der RheinMain-Region besteht eine Lücke zwischen der Business-Angels-Community und der Venture-Capital-Welt.
Viele Gründerinnen und Gründer beschrieben die Suche nach Venture-Capital-Investoren als schwierig und nervenaufreibend. Der Prozess sei langwierig und die Auswahl an Unterstützern sehr unübersichtlich.
Viele Veranstaltungen, die von Startups besucht werden, um Investoren und Unterstützer zu finden, seien extrem überlaufen. Außerdem bleiben Initiativbewerbungen oftmals unbeantwortet.

Die Startup-Perspektive nach Kompetenzfeldern

Im internationalen Vergleich hat Frankfurt in Bezug auf die Finanzierungsmöglichkeiten für Startups noch Nachholbedarf. Für Fintech-Unternehmen wurde London auf europäischer Ebene mit deutlichem Vorsprung vor Frankfurt als Musterbeispiel genannt. Auch Berlin genießt bei der Kapitalversorgung, trotz einer sehr breiten Aufstellung der ansässigen Startups, einen deutlich besseren Ruf als die hessische Metropole am Main. Wurde der Betrachtungsrahmen international ausgeweitet, belegte New York City den uneingeschränkten ersten Platz. Durch die Etablierung von neuen Venture-Capital-Fonds in der RheinMain-Region wurden die Finanzierungsmöglichkeiten für Startups in den letzten 12 bis 24 Monaten etwas verbessert. Für bedeutende, mit erheblichem Kapital verbundene Wachstumsfinanzierungen erschien den allermeisten Gründenden der nationale Venture-Capital-Markt als schwierig, der regionale als unterentwickelt. Zudem wird ein stärkeres Commitment von Seiten der großen Corporates vermisst. Das Potenzial ist aus Sicht der Startups vorhanden.

Mehrere Fintech-Startups gaben an, dass sogenannte Pre-Seed-Finanzierungen mit Investmentbanken und Unternehmensberatungen aus dem eigenen Netzwerk durchgeführt wurden. Diese unterstützen die Gründenden nicht nur durch Kapital, sondern auch durch ihre jeweilige Branchenexpertise.

Wir haben drei Investoren und keiner von ihnen kommt aus Frankfurt – einer kommt aus Brasilien und zwei sind aus Berlin. (Beispielzitat aus den Interviews)

Eine Reihe der befragten E-Commerce-Startups konnten von der Finanzierung über öffentliche Fördergelder profitieren. Sie zeigten sich mit dem Finanzierungsvolumen und den Modalitäten zufrieden. Die Finanzierung erfolgte dabei über nationale Fördermittel. Ein regionales Investment konnte nicht identifiziert werden. Darüber hinaus nannten die Startups aus der E-Commerce-Branche die Möglichkeit des Crowdfunding besonders häufig als vielversprechende Finanzierungsform. Offensichtlich bietet das Crowdfunding für die befragten Startups eine geeignete Möglichkeit, um die Produkte und Leistungen vielen potenziellen Kunden und damit einem breiten Investorenpool vorzustellen.

Bei den Startups aus dem Web- & Mobile-Segment besteht die größte Unzufriedenheit mit den Finanzierungsmöglichkeiten in der Rhein-Main-Region. Sogenannte Gründungskredite wurden von den lokalen Startups eher nicht in Betracht gezogen. Die Kapitalform wird als wenig geeignet angesehen. Außerdem wird der Aufwand für die Beantragung als unangemessen hoch eingestuft. Die Etablierung des Frankfurter Gründerfonds wurde als erster kleiner Schritt in die richtige Richtung bewertet. Frankfurter Gründerinnen und Gründer können hier ihren Businessplan einreichen, Beratungsgespräche mit Experten führen und sich anschließend für eine Bürgschaft bei der Bürgschaftsbank Hessen sowie eine Kreditvergabe empfehlen lassen. Die Kreditsumme ist dabei auf maximal 50.000 Euro begrenzt. Für Startups mit einem relativ geringen Finanzierungsbedarf eine durchaus geeignete Fördermaßnahme. Auch der Pitch Club des Unibators der Goethe-Universität Frankfurt wurde als besonders hilfreich empfunden. Bei dieser Veranstaltung können Startups, nach einer Bewerbung, ihr Produkt vor Investoren und einer Fachjury vorstellen.

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