Infrastruktur und Immobilienmarkt
Eine moderne Infrastruktur ist für Startups genauso wichtig wie für etablierte Unternehmen. Je nach Kompetenzfeld ergeben sich unterschiedliche Anforderungen. Generell von großer Bedeutung sind ein gut funktionierendes Verkehrsnetz – im Idealfall mit einem internationalen Flughafen – und ausreichende Breitbandkapazitäten für die Internetkommunikation. Passende Büro- und Gewerbeflächen sind ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil des Systems. Je nach Zusammensetzung der Startups bietet sich eine Kombination aus Gründerzentren, Inkubatoren und Coworking-Spaces an.
Die Rhein-Main-Region liegt im Herzen Europas und zugleich im Zentrum Deutschlands. Diese hervorragende geografische Lage wird durch weitere exzellente Verkehrsanbindungen ergänzt. Einer der größten Flughäfen Europas, der bedeutendste Bahnhof Deutschlands sowie der direkte Anschluss an die Autobahnen A3 und A5 ermöglichen eine schnelle regionale, nationale wie auch internationale Anbindung. Frankfurt am Main ist zwar nach Einwohnern die fünftgrößte Stadt Deutschlands, auf ihre Fläche bezogen, belegt die Stadt allerdings lediglich den 44. Platz innerhalb der Bundesrepublik. Folglich stellen sich die innerstädtischen Wege als sehr kurz heraus. In Verbindung mit der hohen Konzentration an Unternehmen ist es somit für B2B-Startups möglich, operative Tätigkeiten mit einer signifikanten Reduzierung der Reisezeit durchzuführen. Auch innerhalb der Rhein-Main-Region erweisen sich die Fahrzeiten im Vergleich zu größeren Städten wie London und Berlin als relativ kurz.
In Frankfurt benötige ich von der Stadt aus bis zum Flughafen zehn Minuten. Um von London-Heathrow nach Canary Wharf zu gelangen, benötige ich bis zu eineinhalb Stunden. Von New York ganz zu schweigen. (Beispielzitat aus den Interviews)
Allgemeine Stärken und Schwächen
+ Der Zugang zum Internet wird als sehr positiv bewertet. Frankfurt gilt durch den größten Internetknoten der Welt (gemessen am Datendurchsatz) als der Standort für die Neuerrichtung von Rechenzentren in Deutschland.
+ Der größte internationale Flughafen Deutschlands gilt als wichtiger Standortvorteil.
+ Die Rhein-Main-Region bietet ein hervorragendes öffentliches Verkehrsnetz, das auch innerhalb der Städte schnell und zuverlässig funktioniert.
+ Es bestehen ausgezeichnete überregionale Verkehrsanbindungen durch mehrere ICE-Bahnhöfe und kurze Wege zur Autobahn.
− Der regionale Immobilienmarkt bietet für Gründungswillige und Startups häufig nicht die passenden Angebote.
− Die Mietpreise sind aus Startup-Sicht oft zu hoch. Immobilienfonds sind in vielen Fällen nicht bereit, die Mietpreise zu senken oder kürzere Mietverträge einzugehen.
− Beschränkte Verfügbarkeit von Coworking-Spaces mit einer auf Startups zugeschnittenen flexibel vertraglichen Gestaltung.
Die Startup-Perspektive nach Kompetenzfeldern
Insbesondere für Startups aus dem Bereich E-Commerce bietet die Region Frankfurt mit ihrer Infrastruktur und der hervorragenden internationalen sowie regionalen Verkehrsanbindung sehr gute Standortbedingungen. Auch günstige Lagerflächen stehen in der Region zur Verfügung, in der Regel nicht in Frankfurt, sondern in den kleineren Städten oder eher ländlichen Regionen des Rhein-Main-Gebietes.
Auch die Startups aus dem Web- & Mobile-Bereich sehen in der regionalen Infrastruktur einen großen Vorteil der Region. Passende Büroräume im Bahnhofsviertel bieten zudem einen Lichtblick: Das Viertel gilt als attraktiver Standort für Startups sowie für kreative und innovative Unternehmen, da sich gut erreichbare Büroräume zu angemessenen Konditionen direkt zwischen Hauptbahnhof und Innenstadt anmieten lassen. Das direkte Umfeld bietet auch internationales Flair sowie viele Cafés, Bars und Restaurants – ein nicht zu vernachlässigender Faktor aus Sicht der Startups.
Mehrere Fintech-Startups bewerten die schnelle Erreichbarkeit mittelständischer Unternehmen, die in der Rhein-Main-Region ansässig sind, als großen Standortvorteil. Hierdurch lassen sich eine Vielzahl von Kontakten und Geschäftsterminen mit Kooperationspartnern und potenziellen Kunden realisieren. Als inspirierendes Vorbildprojekt gilt Europas größter Fintech-Accelerator mit dem Namen „level39“ in London. Die Voraussetzungen, ein vergleichbares Start-up-Zentrum in der Rhein-Main-Region zu etablieren, sehen viele der befragten Gründerinnen und Gründer als gegeben. Durch die Etablierung von Coworking-Spaces könnten sich den Immobilienfonds eine langfristig attraktive Perspektive für leerstehende Gebäude bieten, indem diese von den Erfolgen der anmietenden Startups partizipieren.
Tabelle 3 zeigt die Durchschnittsmieten für ausgewählte Standorte für den gesamten Büro-, Vermietungs- und Investmentmarkt. Ein Rückschluss auf das Flächenangebot für Startups ist aber nur schwer möglich. Allgemein zeigt sich, dass München und Frankfurt deutlich teurer sind als Köln und Stuttgart. Berlin liegt mit 13,75 Euro pro Quadratmeter knapp vor Hamburg mit 14,50 Euro pro Quadratmeter. Aus regionaler Sicht können solche Gebiete profitieren, die sich im besonderen Maße auf die flexiblen Anforderungen von Startups einstellen. Eine Reaktion erfolgt bei privatwirtschaftlichen Immobiliengesellschaften selbstverständlich nur dann, wenn eine profitable Umsetzung möglich ist. Beobachtungen zeigen, dass sich Startups tendenziell dem Immobilienmarkt anpassen müssen und nicht umgekehrt. Offensichtlich bietet das angestrebte Verhältnis zwischen Rendite und Risiko für die Immobilien- und Investmentgesellschaften kaum Spielraum.
Als eine für Startups marktkompatible Lösung werden Mietpreise von sechs bis acht Euro pro Quadratmeter und kurze Mietvertragslaufzeiten von bis zu zwei Jahren erachtet. Für Gründerinnen und Gründer sowie Startups, die sich in einer sehr frühen Phase ihrer Entwicklung befinden und (noch) nicht in der Lage sind, marktgängige Büromieten zu zahlen, ist es demnach von großer Bedeutung alternative Angebote zu schaffen, die über einen begrenzten Zeitraum durch öffentliche Geldmittel subventioniert sind, also ein Marktsegment, das dem investment-getriebenen Büroimmobilienmarkt vorangestellt ist. Das alte Konzept der Technologie- und Gründerzentren aus den 1990er-Jahren erfährt hier eine Art Wiederbelebung. Dabei geht es nicht um Gebäude in den städtischen Randlagen, sondern um innovative Konzepte in den urbanen Zentren.
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