Politische Rahmenbedingungen und Regulierung
Von Seiten der Politik können Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Gründungsaktivitäten erleichtern. Das betrifft den Zeit- und Kostenaufwand für eine Unternehmensgründung, die Bereitstellung öffentlicher Fördermittel oder Gesetze für die Gestaltung von Venture-Capital-Fonds und deren Investments. Auch die Entwicklung unternehmerischer Kompetenzen und einer Gründungskultur kann durch Maßnahmen der öffentlichen Hand gezielt unterstützt werden. Darüber hinaus hat der Staat die Möglichkeit, über Investitionen in Forschung und Entwicklung neue Technologien und die Märkte der Zukunft aktiv mitzugestalten.
Die nachfolgenden Bewertungen der politischen Rahmenbedingungen und der Regulierung durch die befragten Startups beziehen sich vor allem auf die nationale Ebene und weniger auf regionale Aspekte. Die beschriebenen institutionellen Bedingungen betreffen unterschiedliche Gründungsstandorte in Deutschland gleichermaßen.
Der Prozess einer Unternehmensgründung und der damit verbundene bürokratische Aufwand wurden von den befragten Startups tendenziell negativ bewertet. Vor allem die häufigen Amtsbesuche und die Vielzahl an undurchsichtigen Gesetzesparagrafen wurden als hinderlich bezeichnet. Zumindest hat die Einführung der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft (UG) 2008 die Gründung für junge Startups enorm vereinfacht, da sie mit bedeutend weniger Stammkapital eine Unternehmung gründen und diese später zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umfirmieren können.
Viele der Unternehmerinnen und Unternehmer vermissen eine Vereinfachung und Digitalisierung der Prozesse, beispielsweise zur Gründung der gewünschten Gesellschaftsform. Auch gaben einige an, dass es sehr schwer sei, sich einen Überblick über beratende Institutionen sowie Behörden und deren Angebote zu verschaffen, da keine einheitlichen, transparenten oder gebündelten Informationspakete verfügbar seien. Möglichkeiten für sinnvolle Gründungsberatungen bleiben somit wegen des undurchsichtigen „Förderdschungels“ häufig ungenutzt.
Allgemeine Stärken und Schwächen
+ Einführung der Unternehmergesellschaft (UG) als günstige Alternative zur GmbH
+ Die Digitale Agenda der Bundesregierung wird als positiver Ansatz gesehen, es besteht dennoch großer Handlungsbedarf
− Undurchsichtiges deutsches Steuersystem, das selbst einem Unternehmer mit relativ kleinen Umsätzen erschwert, die Steuerabrechnung korrekt zu melden
− Politische Maßnahmen sind für die Stimulierung eines Gründerökosystems aufgrund der Wahlzyklen häufig nicht langfristig genug angelegt
Die Startup-Perspektive nach Kompetenzfeldern
Startups aus der Fintech-Branche sehen sich mit einer undifferenzierten Regulierung konfrontiert, die sowohl große Kreditinstitute als auch kleine Startups in einen Topf wirft. Dieser Regulierungsansatz wird kritisiert, da von den Fintech-Startups, im Gegensatz zu etablierten Finanzdienstleistungsunternehmen, kein systemisches Risiko ausginge. Ferner scheitere das Bestreben der EU-Kommission, bankenunabhängige Kreditversorgung zu fördern, nach Ansicht einzelner Gründerpersonen, an den gegebenen institutionellen Rahmenbedingungen.
Aus der Sicht der befragten Fintech-Startups erscheint der regulatorische Status Quo im Vereinigten Königreich deutlich besser. Die dort verantwortliche Financial Conduct Authority (FCA) genießt einen sehr guten Ruf in der Branche. Sie gilt als flexibel, offen und proaktiv. Die FCA hilft Fintechs bei der operativen Umsetzung ihrer Businesspläne, schaut sich aktiv Geschäftsmodelle an und begleitet sie bereits vor der Antragstellung. Eine eigene Abteilung für Startups ist vorhanden und nimmt aktiv an Workshops und spezifischen Fintech-Veranstaltungen teil. Bezüglich dieser gänzlich verschiedenen regulatorischen Rahmenbedingungen zeigten viele Unternehmen Verständnis darüber, dass eine beträchtliche Zahl an Fintech-Startups aus Deutschland und anderen europäischen Ländern ihren Standort nach London verlagern.
Aus Sicht der Startups aus dem Web- & Mobile-Bereich besteht – auch vor dem Hintergrund der Versprechen der Bundesregierung im Rahmen der Digitalen Agenda – noch eine Menge Handlungsbedarf. Unter der Überschrift „Digitale Wirtschaft und digitales Arbeiten“ und darunter „Junge digitale Wirtschaft unterstützen“ wird explizit auf Startups der Online- und Digitalbranche eingegangen (vgl. www.digitaleagenda.de). So plant die Bundesregierung bis 2017, die Informations- und Beratungsangebote für Startups aus dem IT-Bereich weiterzuentwickeln, die Finanzierungsmöglichkeiten durch Venture Capital, also Wagniskapital, und Crowdfunding zu verbessern und eine stärkere Vernetzung mit anderen Startup-Hubs global voranzutreiben.
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