Talentpool: Passendes Personal für Startups

Die Qualität und Größe des Talentpools resultiert aus den Ausbildungsprogrammen regionaler Universitäten, Fachhochschulen und Schulen sowie den ansässigen Unternehmen. Hinzu kommt noch die Attraktions- und Integrationsfähigkeit von internationalen Talenten. Neben den institutionellen Faktoren spielt hier auch die Lebensqualität und kulturelle Offenheit der Region eine wichtige Rolle. Talente stellen potenzielle Gründerpersonen dar. Im Folgenden geht es vor allem um die passenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Startups.

Das erfolgreiche Rekrutieren wird von der Mehrzahl der Interviewpersonen als „Königsdisziplin“ der operativen Tätigkeiten als Startup-Gründende im RheinMain-Gebiet betrachtet. Zwar eröffnet die räumliche Nähe zu den etablierten Corporates eine Reihe an Chancen, zugleich hat sie auch enormen Einfluss auf den Arbeitsmarkt. Diesbezüglich besteht das größte Problem in dem überdurchschnittlichen Gehaltsniveau der Region. Viele Angestellte sind nicht bereit, das erforderliche Risiko einzugehen und eine, zumindest temporäre, Reduzierung ihres Lebensstandards zu akzeptieren. Hieraus ergibt sich aus Sicht vieler Startups ein substanzielles Hemmnis für ein dynamisches Wachstum. Besonders für junge Unternehmen ist es wichtig, die richtigen Leute einzustellen, welche die Kraft und das Durchhaltevermögen besitzen, mit ihnen ihr Produkt zum Erfolg zu führen. Gerade die ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prägen die Unternehmenskultur nachhaltig. Somit ist die passende Wahl häufig von existenzieller Bedeutung für ein Startup.

Allgemeine Stärken und Schwächen

+ Innerhalb des Rhein-Main-Gebiets und der näheren Umgebung ist eine Vielzahl an wissenschaftlichen Institutionen beheimatet. Am häufigsten wurden in den Gesprächen die Goethe-Universität Frankfurt am Main sowie die Technische Universität Darmstadt angeführt. Weitere kleinere Bildungseinrichtungen, beispielsweise aus Wiesbaden und Aschaffenburg fanden ebenfalls Beachtung.
+ Die Rhein-Main-Region profitiert von der mittelbaren Distanz zu Mannheim und Karlsruhe im Süden sowie Gießen und Marburg im Norden. Hauptvorteil dieser sehr breiten und diversifizierten Aufstellung der wissenschaftlichen Landschaft besteht aus Sicht der Startups in einem stetigen lokalen Zufluss an potenziellen, gut ausgebildeten Personal.
+ In der akademischen Lehre wird das Thema Entrepreneurship inzwischen vereinzelt stärker forciert, so an der Goethe-Universität Frankfurt am Main im Rahmen von Vorlesungen und Seminaren zu diesem Thema.
+ Die Technische Universität Darmstadt wird für die gute Ausbildung von Programmierern gelobt.

Frankfurt gilt nach wie vor als Anlaufpunkt für Unternehmensberatungen, Rechtsanwaltskanzleien oder Banken. Die Gründerszene steht dabei häufig im Schatten dieser etablierten Branchen.
Das Rhein-Main-Gebiet gilt im Gegensatz zu Berlin nicht als „sexy“. Frankfurt hat sein Image als „Anzugsträgerhauptstadt“ bisher nicht abgelegt.
Aus Sicht der Startups ist der „Kampf um Mitarbeitende“ in Frankfurt weitaus schwerer als in anderen Metropolen in Deutschland.

Wenn man ständig Unternehmensberater und Banker vor junge Leute stellt, muss man sich nicht wundern, wenn junge Leute als Karriereoption nur Unternehmensberatungen und Banken in Erwägung ziehen. (Beispielzitat aus den Interviews)

Die Startup-Perspektive nach Kompetenzfeldern
Da in Städten wie Berlin, London und New York bereits ein starker Wettbewerb zwischen Fintech-Startups herrscht, kommt es dort oftmals zu einer höheren Fluktuation der Belegschaft. Qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Startups sind sich ihres Marktwertes bewusst und nutzen dies, um ihr Einkommen oder sonstige Leistungen zu maximieren. Dieses Phänomen ist in der Rhein-Main-Region (noch) kaum zu beobachten und ermöglicht eine bessere Personalplanung.

Nebst dem relativ hohen Gehaltsniveau der Bankangestellten muss der berufliche Background differenziert betrachtet werden. Zwar sind potenzielle Mitarbeitende aus der Finanz- und Versicherungsdienstleistungsbranche in ihrem jeweiligen Fachgebiet sehr gut ausgebildet, jedoch bedeutet dies, vielen Interviews zufolge, nicht unbedingt, dass sie ihre jeweilige Expertise ohne Einschränkungen in der Umgebung eines Startups einbringen können. Oftmals werden Dynamik, Flexibilität und eine hohe Leistungsbereitschaft erwartet. Eine längere Beschäftigung innerhalb unflexibler und hierarchisch geprägter Strukturen von etablierten Finanzmarktakteuren kann dazu führen, dass die erforderliche Anpassung schwerfällt.

Angestellte, die es schaffen, ihre Kompetenzen auch im Umfeld eines Startups zu entfalten, sind aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung häufig in der Lage, sehr komplexe Probleme und Aufgabenstellungen zu lösen. Im Vergleich zu Berlin sind sie älter und stellen mit ihrem fachspezifischen Know-how einen klaren Mehrwert für die Startups dar. In dieser Hinsicht ist das Gründerökosystem „Rhein-Main“ im Gegensatz zu Berlin im Vorteil.

E-Commerce-Startups berichten von häufigen Problemen bei der Suche nach gut ausgebildetem Personal im Bereich Social-Media-Marketing oder Technik. Des Weiteren gäbe es gerade im IT-Bereich momentan eine deutlich höhere Nachfrage nach digital versierten Fachkräften als noch vor fünf Jahren, der Markt sei „derzeit wie leergefegt“. Hieran anknüpfend wurde mehrfach der Clustervorteil Berlins angeführt, der sich in Form einer höheren absoluten Verfügbarkeit von auf Startups spezialisierten IT-Personal widerspiegelt. Gegen diesen regionalen Engpass mit der Hilfe von Headhuntern anzukämpfen, wurde als sehr kostspielig bewertet.

Auch im Web- & Mobile-Geschäft ist es schwierig, das passende Personal für die teils sehr spezifischen Bereiche zu akquirieren. Hier müsse man folglich entsprechende Anreize finden, um geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für sich zu gewinnen: durch das Angebot von Unternehmensbeteiligungen, familienfreundlichen Arbeitszeiten oder von Freizeitausgleichen. Generell bestätigen die Gründerpersonen, dass bei vielen Angestellten, die schon mehrere Jahre im Berufsleben stehen, derweil ein Umdenken stattfände hin zu flexibleren Arbeitsmodellen. Hierfür ist man durchaus bereit, niedrigere Gehälter im Gegenzug für flache Unternehmenshierarchien und eine niedrigere Arbeitsbelastung zu akzeptieren.

In Berlin gibt es einen viel höheren Turnover. Wenn dort ein neues, hippes Startup gegründet wird, fancy Möbel und noch mehr Club-Mate bietet, das Team jede Woche Lasertag spielen geht, kann es sein, dass dein Entwickler am nächsten Tag weg ist. (Beispielzitat aus den Interviews)

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