Expertenbefragung NES
Die zweite empirische Säule des GEM bildet die Befragung von Gründungsexperten. Dieser National Expert Survey (NES) ist eine in allen beteiligten GEM-Ländern in weitgehend gleicher Form durchgeführte schriftliche (online oder postalisch) und zum Teil auch persönliche Expertenbefragung. Der NES dient der Einschätzung gründungsbezogener Rahmenbedingungen in den jeweiligen Ländern. Rahmenbedingungen wie gesellschaftliche Werte und Normen, Arbeitsmarkt, öffentliche Förderprogramme oder auch Marktzugangsbarrieren haben als Kontextfaktoren direkten und indirekten Einfluss auf das Gründungsgeschehen eines Landes. Für den NES werden Personen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik interviewt, die sich intensiv mit dem Thema Unternehmensgründung auseinandersetzen und somit einen breiten Überblick über das Gründungsgeschehen im jeweiligen Land vorweisen können. Hierbei kommt ein standardisierter und in die jeweilige Landessprache übersetzter Expertenfragebogen zum Einsatz. Ausgewählt werden die teilnehmenden Experten nach einem in allen Ländern einheitlichen Schlüssel. Es werden in jedem Land mindestens 36 Experten befragt, von denen jeweils mehrere Personen Experten für eine der gründungsbezogenen Rahmenbedingungen sind. Insgesamt wurden 2018 in 54 Ländern 2.228 Experteninterviews geführt. In Deutschland beantworteten 53 Gründungsexperteninnen und –experten aus unterschiedlichen Regionen die Fragen. Dabei bewerteten die befragten Experten Einzelaussagen zu gründungsbezogenen Aspekten auf einer Skala von 1 (vollkommen falsch) bis 9 (vollkommen wahr). Jeweils zwei bis sechs dieser Einzelaussagen werden zu einer von 16 gründungsbezogenen Rahmenbedingungen zusammengefasst und über einen Indexwert quantifiziert. Der Indexwert für die jeweilige Rahmenbedingung wird über die Berechnung des arithmetischen Mittels durchgeführt, d.h. die Bewertungen der einzelnen Aussagen gehen gleichgewichtig in die Indizes ein.
Dass nicht alle Rahmenbedingungen für den Gründungsstandort Deutschland gleich relevant sind, ist eine plausible Annahme. Daher bewerten die befragten Experten zusätzlich jede Rahmenbedingung hinsichtlich ihrer gründungspolitischen Relevanz auf einer Skala von 1 (sehr gering) bis 5 (sehr hoch) und werden anschließend gebeten, unter den Rahmenbedingungen in Deutschland die drei wichtigsten Gründungshemmnisse sowie die drei einflussreichsten Gunstfaktoren zu identifizieren. Die international standardisierte Expertenbefragung erlaubt einen länderübergreifenden Vergleich der Bewertung gründungsbezogener Rahmenbedingungen. Die relative Positionierung des Gründungsstandortes Deutschland bei der jeweiligen Rahmenbedingung erfolgt durch die Differenz zwischen dem Indexwert Deutschlands und dem arithmetischen Mittel der übrigen Länder.
Kategorisierung für den Ländervergleich
Die 54 (NES) bzw. 49 (APS) 2018 am GEM teilnehmenden Länder werden gemäß der Kategorisierung des World Economic Forums in drei Gruppen unterteilt. Dies macht insbesondere deshalb Sinn, weil Gründungsaktivitäten in diesen drei Gruppen sehr unterschiedliche Funktionen besitzen. Mit anderen Worten: Dieselbe Gründungsquote hat in den verschiedenen Ländergruppen eine sehr unterschiedliche Bedeutung.
Die erste Gruppe besteht aus Ländern mit geringer Wirtschaftskraft und wird entsprechend betitelt als Länder mit niedrigem Einkommenslevel. Zur zweiten Gruppe zählen Volkswirtschaften, deren Einkommenslevel im mittleren Bereich liegt. Dem höchsten Entwicklungsgrad sind Länder zugeordnet, deren Volkswirtschaft einen hohen Einkommenslevel aufweist. Deutschland gehört zur Gruppe der Volkswirtschaften mit hohem Einkommen. Von den 54 am GEM NES 2018 beteiligten Ländern zählen außer Deutschland 30 weitere Länder zu den Ländern mit hohem Einkommen (vgl. auch S. 88f.).
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