Erwartete Beschäftigungseffekte der Gründungen in einkommensstarken Ländern
Die kontinuierliche Erneuerung des Unternehmensbestandes gilt als Voraussetzung eines volks- wie regionalwirtschaftlich sinnvollen Strukturwandels. Neue, die ökonomische Dynamik unterstützende Wirtschaftszweige werden eher von neuen Unternehmen als von bestehenden generiert. Selbiges gilt für die Erneuerung etablierter Wirtschaftszweige. Auch deshalb genießen Unternehmensgründungen in Deutschland zumindest seit zwei Dekaden hohe wirtschaftspolitische Priorität. Zwar beeinflusst nicht jeder Gründungstyp in gleichem Umfang das volkswirtschaftliche Wachstum, aber zumindest für die im letzten Kapitel adressierten innovativen Gründungen, die zudem häufiger als andere Gründungen ökonomisch wachsen und hinreichend lange überleben, gilt dies sehr wohl.
Gründungswachstum ist ein multidimensionales Phänomen, das sich nicht optimal mit nur einer Definition von Wachstum empirisch zufriedenstellend operationalisieren lässt. Das zumindest populärste Kriterium ist das Beschäftigtenwachstum einer Gründung – was erstens voraussetzt, dass die Gründung überhaupt Beschäftigte hat und zweitens ein gewisses Alter erreicht. Mittels der verfügbaren GEM-Daten lassen sich zwei Aspekte des Beschäftigtenwachstums einer Gründung in einem Indikator zusammenfassen: der vom Gründer erwartete Beschäftigtenzuwachs um mindestens zehn Beschäftigte in den kommenden fünf Jahren (absolutes Maß) sowie gleichzeitig eine Zunahme der aktuellen Beschäftigtenzahl um mindestens 50 % (relatives Maß). Die in Abbildung 12 verwendete Maßzahl zeigt den Anteil der Gründungen, die diese beiden Kriterien zugleich erfüllen, bezogen auf die Zahl der TEA-Gründungen im betreffenden Land insgesamt.
In Bezug auf den ersten Punkt der beiden zuvor genannten Kriterien, der TEA-Quote für Gründungen mit einem Zuwachs von mindestens zehn Arbeitsplätzen (zusätzlich zu jenem der Gründerperson), belegte Deutschland 2018 mit 0,68 % Rang 14 unter den 17 einkommensstarken Ländern. Die entsprechenden Werte für Chile, Kanada, Irland und Taiwan liegen mehr als doppelt so hoch. Diese Länder weisen aber allesamt auch eine höhere TEA-Quote als Deutschland auf.
Die Abbildung 12 nutzt zusätzlich das zweite erwähnte Kriterium des Beschäftigtenwachstums und zeigt den prozentualen Anteil der TEA-Gründer, die gleichzeitig wenigstens zehn Arbeitsplätze erwarten und deren Zahl um 50 % zu steigern gedenken. Exakt ein Viertel aller Gründungen in Deutschland erfüllt aktuell gleichzeitig beide Kriterien. Der Wert bedeutet im internationalen Vergleich der 17 Staaten einen vorderen Rangplatz (4) und er ist nur in Irland statistisch signifikant höher. Er übersteigt die Werte von Schweden, dem Vereinigten Königreich, von Polen und den Niederlanden.
Noch ein anderer Vergleich zeigt, dass dieses Ergebnis durchaus für die beschäftigungspolitische Relevanz von Gründungen in Deutschland spricht: Der Referenzwert für „etablierte Gründungen“ (im GEM definiert als Unternehmen, die mindestens 3,5 Jahre alt sind) liegt bei nur 3,72 %.
Die Bilanz bezüglich der Beschäftigungseffekte von Gründungen in Deutschland ist also vielversprechend: 70 % der TEA-Gründer erwarten zumindest einen Beschäftigten in den ersten fünf Jahren (bzw. haben diesen bereits eingestellt), was ein relativ hoher Wert ist. Vielleicht noch wichtiger: Gründerpersonen, die ein starkes absolutes und relatives Beschäftigungswachstum erwarten, waren in Deutschland 2018 verglichen mit den meisten anderen einkommensstarken Ländern besonders häufig – und häufiger als in den letzten Jahren in Deutschland.
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