Typen von Gründern 45+
Typen von Gründern 45+
Die unterschiedlichen Lebenslagen aufgrund verschiedener Lebens- und Berufsbiografien machen Gründer in der zweiten Lebenshälfte zu einer noch heterogeneren Gruppe als jüngere Existenzgründer. Einerseits handelt es sich bei der älteren Bevölkerung selbst um keine homogene Gruppe und andererseits ist eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Typen von Unternehmern in der Bevölkerung im mittleren und fortgeschrittenen Alter extrem schwierig (Hatak et al., 2013).
Aus diesem Grund kann eine Typenbildung hilfreich sein und Hinweise zu den sehr unterschiedlichen Berufsbiografien und Einstellungen zur Gründung geben.
Typologie nach Kohn und Spengler 2008
Wenn wir nach den Motiven für eine Gründung schauen, lassen sich in der Literatur im Wesentlichen zwei Typen von Gründer ab dem mittleren Alter, Not- und Chancengründer, unterscheiden:
- "Die typischen Notgründer sind Gründer aus altersbedingter Notwendigkeit; darunter sind weniger Fachschul- und mehr Lehrabsolventen, mit erhöhten Anteilen von Nichterwerbspersonen und von Gründern aus der Not und die häufig im Vollerwerb gründen.
- Zu den Chancengründern gehören diejenigen, die – häufig im Nebenerwerb – durch ihren späten Schritt in die Selbstständigkeit eine schon lange gehegte Idee realisieren und sich gegen Ende des Erwerbslebens beruflich selbst verwirklichen wollen. In dieser zweiten Gruppe gibt es einen hohen Anteil von Hochschulabsolventen, relativ viele innovative und zugleich wissensintensive Gründungen, relativ hohe Anteile von Chancengründern und von Gründern mit einem größeren Finanzierungsbedarf (über 25 Tausend €)" (Kohn und Spengler, 2008b, S. 268).
Typologie nach Hatak et al. 2013
Eine Alternative zur oben dargelegten stellt die Klassifikation von Hatak et al. dar, die in Anlehnung an die ursprüngliche Taxonomie von Singh und DeNoble aus dem Jahr 2003 zwischen drei Idealtypen von Senior-Unternehmern differenziert (2013, S. 9-11):
- "Existenzgründer", für die die Selbstständigkeit ein negatives Ereignis ist, das aus mangelnden Beschäftigungsmöglichkeiten im Primärarbeitsmarkt resultiert (engl. Necessity-based senior entrepreneuship). Als Beispiel kann eine Person genannt werden, die ihren Arbeitsplatz verloren hat und keine adäquate Anstellung finden kann.
- "Selbstständige", für die die Selbstständigkeit zwar ein erstrebenswertes Ziel ist, deren vorrangiges Ziel aber darin besteht, sich selbst zu beschäftigen. Als Beispiel kann ein Arzt genannt werden, der im Anschluss an seine Krankenhauskarriere eine Privatpraxis eröffnet hat.
- "Entrepreneure", die im Unterschied zu den beiden anderen zwei Idealtypen stark unternehmensorientiert sind. Diese Entrepreneure sind vor allem daran interessiert, ein Unternehmen zu besitzen, zu führen und in dieses Unternehmen zu investieren.
Während der erste Idealtypus eindeutig dem typischen Notgründer entspricht, sind die beiden anderen eher Chancengründer. Mit dem "Selbstständigen" wurde ein Mischtypus geschaffen, der keine hohen unternehmerischen Ziele verfolgt, dessen positive Bewertung aber eher aus dem Wunsch nach Selbstverwirklichung abzuleiten ist. Große volkswirtschaftliche Effekte im Sinne von Wachstum und Beschäftigung sind insbesondere vom so genannten "Entrepreneur" zu erwarten.
Ein ähnlicher Zuordnungsversuch wurde früher vom Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung unternommen, aus dem drei Gründertypen entstanden sind: die Notgründer, die Ideenverwirklicher und die High-Potenzial-Gründer (2007).
Typologie für Gründerinnen 45+
Diese Typologie kann mit einigen Modifikationen auch auf Gründerinnen 45+ übertragen werden (Fernández Sánchez, 2012):
1. Gründertyp A, die Umsteigerinnen: Gründerinnen im mittleren Alter, einige davon "Notgründerinnen", meistens verheiratet und mit Kindern, die nach einer (langen) Familienpause den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt suchen, Gründung im Voll- oder Nebenerwerb, Bereiche Handel oder Hotellerie
2. Gründertyp B, die Berufserfahrene: Gründerinnen – häufig im Nebenerwerb –, die aus einem langjährigen Angestelltenverhältnis kommen und jetzt ihr eigenes Konzept umsetzen wollen (gut bis sehr gut ausgebildet); innovative Gründungen, auch mit großem Finanzierungsbedarf, sind möglich
3. Gründertyp C (EFA-Typ36): "Notgründerinnen" aus der Arbeitslosigkeit im mittleren Alter, ledig, die eine Tätigkeit im Dienstleistungsbereich (freiberuflich, im Gesundheitssektor oder im Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen) anstreben.
Typologie nach Franke 2012
Eine noch kontrastierte Betrachtung der Gründertypen 45+ ist die von Franke, die auf Grundlage der Beweggründe im Vergleich zu den jüngeren Gründern sieben Typen identifiziert. Differenzierungsmerkmal sind hier Push- und Pull-Faktoren. Vier der sieben Typen können der Kategorie "Push-Gründung" zugeordnet werden: Wunschtraum-Realisierer, Integrierende, Anknüpfer und Notgründer. Die anderen drei haben eher auf der Grundlage von Pull-Faktoren gegründet: Aufstiegsorientierte, Hobbygründer und Dauerunternehmer (2012, S. 294-298).
Differenzierung nach Alter und Gründererfahrung
Weitere mögliche Klassifizierungen älterer Gründer wären eine Differenzierung nach Alter. Hier kann man zwischen Gründern mittleren Alters (45 bis 55 Jahre) und älteren Gründern (55 bis 65+ Jahre) unterscheiden sowie nach vorheriger (Gründer- und Unternehmer-)Erfahrung. Bei der letzten Unterscheidung lassen sich wiederum zwei Untergruppen bilden: novice und serial entrepreneure. Die einen gründen zum ersten Mal, die anderen waren bereits an einem oder mehreren Gründungsprojekten beteiligt (Kautonen, 2008; Rossi, 2009).
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