Seit einem Jahr lernt Helena Friebis den Beruf der Hörgeräteakustikerin im Karlsruher "Haus des Hörens", ab August 2015 kommt ein weiterer Azubi dazu. Sie weiß schon jetzt, wie es nach der Lehre für sie weitergeht: Sie möchte sich zur Päd-Akustikerin fortbilden und schon bei ganz kleinen Babys Hörgeräte anpassen können. Und danach möchte sie auch noch Meisterin werden.
Helena Friebis kann darauf bauen, dass Inhaberin Anke Bünting-Walter sie darin fördert. Fast jeder der Mitarbeiter hat hier gelernt und plant eine Weiterbildung, ist mitten drin oder hat sie gerade abgeschlossen. Serafin Mlynski beispielsweise, der voriges Jahr die Gesellenprüfung abgelegt hat, will sich in Richtung Lärmschutz spezialisieren, ein relativ neues Feld für Akustiker, aber das "Haus des Hörens" hat bereits entsprechende Anfragen von Industriekunden. Oder Patricia Peters, Betriebswirtin im Handwerk und Meisterin, die wirtschaftlichen Aufgaben wie Kalkulation und Einkauf übernommen hat. Oder Johanna Bernutz, die nach der Gesellenprüfung erst einmal ein Jahr nach Peru ging, um dort Kinder mit Hörgeräten zu versorgen und ihnen so überhaupt eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben zu geben. Auch das hat Frau Bünting-Walter unterstützt und sie freigestellt. Jetzt ist die Päd-Akustikerin im Meisterkurs. Oder David Gnirs, der als Bürokaufmann im Haus des Hörens ausgebildet wurde und nun in den Startlöchern zum Betriebswirt steht. Er sieht den kleinen Betrieb als großen Vorteil, gerade bei der Weiterbildung. "Es gibt einfach mehr Möglichkeiten, wenn man direkt mit der Chefin sprechen kann, und nicht erst durch die Hierarchie muss."
Darin sind sich alle einig: Der kurze Draht zur Inhaberin und ihr offenes Ohr für die Mitarbeiter prägen das familiäre Miteinander. Aus dem jährlichen Mitarbeitergespräch, auf das sich Anke Bünting-Walter und die Beschäftigten sorgfältig vorbereiten, entsteht ein Weiterbildungsplan, der Zeile für Zeile abgearbeitet wird. Jede Schulung – auch eine interne – wird mit einer Bewertung dokumentiert. Entsprechend der Zusatzqualifikationen werden auch Funktionspläne fortgeschrieben, so hat jeder zusätzlich zu seinen fachlichen Kompetenzen weitere Aufgaben im Unternehmen zu übernehmen.
Doch wie kann sich das Unternehmen diese umfassende Qualifizierung leisten? Und hat Frau Bünting-Walter keine Angst, dass die Meister und Spezialisten dann weggehen? Sie zuckt die Achseln: "Wenn ich in meinem Betrieb mehr Kompetenz habe, kann ich mehr Leistungen anbieten, und ein wachsender Betrieb kann auch immer neue Aufgabengebiete verteilen." So ist eine Meisterin nach der Babypause halbtags wieder in den Beruf eingestiegen und hat 2013 die neue Filiale im Stadtteil Durlach übernommen.
Frau Bünting-Walter übernimmt die Kosten, die für den Blockunterricht der Auszubildenden in Lübeck, anfallen, für Produkt- und Geräteschulungen, für vertiefende Schulungen eines Themas oder Kongressbesuche. Bei Fortbildungen wie zum Meister wird ein Kredit angeboten. Meistens entscheiden sich die Mitarbeiter aber für eine Teilfinanzierung durch die Agentur für Arbeit und eine Gehaltserhöhung nach bestandener Prüfung. Da ihnen die Gehaltfortzahlung während der Fortbildung wichtig ist, nehmen sie Urlaub und wird ihnen Sonderurlaub gewährt. Die Inhaberin will die Wünsche der Mitarbeiter berücksichtigen, aber ebenso ist es ihr wichtig, dass die Mitarbeiter sich selbst für ihre Kariere engagieren. Azubi Friebis ist sehr zufrieden damit: "Ich weiß schon heute mehr über das Ohr als viele andere und lerne einen außergewöhnlichen Beruf." Sie habe viel zu tun und müsse überall mitmachen. David Gnirs stimmt ihr zu:
In dem kleinen Betrieb kann man jeden fragen und durchläuft in der Ausbildung alle Stationen sehr intensiv."
Die Mischung aus medizinischem, technischem und psychologischem Know-how, das Helfenkönnen, das feinmechanische Handwerk und das Verkaufen – diese abwechslungsreiche Arbeit finden die Mitarbeiter reizvoll und interessant. Anke Bünting-Walter fördert ihre unterschiedlichen Stärken so, dass jede und jeder sich entfalten und entwickeln kann. Kein Wunder, dass sie sich um Nachwuchs nur wenige Sorgen machen muss in ihrem "lernenden Unternehmen". Auf ihrer Website hebt sie genau diesen Punkt besonders hervor und signalisiert damit zudem ihren Kunden, dass sie die Spezialisten für jedes Hörproblem hat.
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