Die bayrische Ott Electronic GmbH verteilt sich auf fünf Filialen und beschäftigt 15 Mitarbeiter. Das Ehepaar Gottwald führt den von Emil Ott vor über 50 Jahren gegründeten Betrieb in nächster Generation weiter. Wir sprachen mit Michael Gottwald, Hörakustikmeister und Geschäftsführer, über den Ausbildungsberuf und Inklusion. Zudem sprachen wir mit der Auszubildenden Monika Oberhauser.
Herr Gottwald, was macht eine Ausbildung als Hörgeräteakustiker besonders?
Der Vorteil des Akustikerberufs ist, dass er inzwischen weltweit anerkannt ist. Es ist ein sehr junger Beruf, hat viele Kunden schon als „Fans“ gewonnen, denn man arbeitet ja direkt mit den Menschen. Das heißt, es ist jeder Mensch in seinem Hören, seinem Hörempfinden und auch in seinem Hörverstehen individuell. Durch dieses aktive Arbeiten mit Menschen ist es natürlich wichtig, sich seine Kompetenz immer wieder zu holen, seine Stärken auszubauen im Beruf. Es ist jeden Tag abwechslungsreich. Ich mache das seit vielen Jahren und es macht immer wieder Freude: Es ist ein lebendiger Beruf, dem ich jeden nur empfehlen kann, der Freude an der Arbeit mit Menschen und an moderner Technik hat.
Worauf kommt es Ihrer Erfahrung nach heutigen Jugendlichen an, wenn es darum geht, sich für eine Ausbildung zu entscheiden?
Das Bemerkenswerte ist, dass die technische Entwicklung bei uns an den Transistor gekoppelt ist. Alle Elektronik, sei es jetzt in Handys, Tablets … letztlich in jeglicher Form von IT-Technologie, fließt sofort in unseren Beruf ein. Das heißt, wir sind vernetzt mit namenhaften Herstellern, wir haben Webinare, wir nutzen YouTube, wir nutzen Snapchat. Alle modernen Kommunikationsmedien werden also von uns bedient: Handwerk 4.0 hat bei uns schon Einzug gehalten. Die Auszubildenden nehmen aktiv am Kunden und aktiv am Beruf teil – das ist spannend!
Was muss ein Ausbildungsbetrieb der heutigen Generation Z bieten?
Wir haben die Möglichkeit über Webinare zusätzlich zur bundesoffenen Landesberufsschule in Lübeck auszubilden. Das heißt, wir haben eine persönliche Meisterbetreuung, weil jede Akustikeinheit einen Meister im direkten Kontakt mit seinen Auszubildenden hat. Der Vorteil ist die persönliche Ansprache, Know-how über alle Kanäle auch im digitalen Bereich zu bekommen. Diese bundesoffene Berufsschule haben wir deshalb gegründet, weil dadurch aus allen Teilen Deutschlands Menschen zusammenkommen und ausgebildet werden. Das ist eine schöne Sache für die jungen Menschen, die dort im Jahr zehn oder zwölf Wochen gemeinsam lernen und leben. Zusätzlich haben wir als Ausbildungsbetrieb die Möglichkeit, die Auszubildenden zu internationalen Kongressen zu schicken oder auch zu Summer Camps. Gerade läuft eines in Kopenhagen (Anm. d. Red.: das Interview wurde am 28. Juli geführt). Dort wird gecampt, gegrillt, es gibt Seminare und Schulungen, Diskussionen finden statt, die in den sozialen Medien auch ihr Echo finden. Wer Leute aus der ganzen Welt kennenlernen möchte, für den sind das durchaus Anreize.
Haben Sie schon häufiger Hörgeschädigte zum Hörakustiker ausgebildet?
Ja. Wir haben bisher nur gute Erfahrungen gemacht und das werde ich auch gerne weiter tun. Kann ich also jedem nur empfehlen.
Ist es etwas anderes, Menschen mit Handicap auszubilden?
Es ist anfangs bestimmt eine Herausforderung, aber es wird mit der Zeit ein Konzept, was sehr gut funktioniert. Wir haben das Glück natürlich, im Bereich Hören aktiv zu sein. Dadurch können wir, wenn jemand im Bereich Hören ein Handicap hat, das schon mal optimal ausgleichen.
Und der Kunde profitiert in Ihrem Fall auch, oder?
Ja, weil der Kunde sich freut, jemanden zu haben, der authentisch ist und die gleiche Technik einsetzt. Viele Kunden setzen Technik ein, der eine bei sich daheim, der andere bei sich im Beruf. Und Hörtechnik wiederum hat manchmal zu Beginn eine Hemmschwelle, dass man sagt, ist Hörtechnik überhaupt etwas für mich? Wenn jemand Hörtechnik aber selbst trägt, und Kunde merkt das und sagt: „Mensch, der hat ja Erfahrung damit“, habe ich natürlich auch eine Kompetenz, weil ich bin ja schon geübt, ich setze es ebenfalls im Alltag ein. Viele Kunden bauen auf diese Kompetenz dann auf, das ist eine feine Sache!
Wenn man bei Ihnen die Ausbildung macht, wie sieht denn die Perspektive für einen Azubi aus?
Die Perspektive in der Akustik hat sich erweitert. Das heißt, als Gesundheitshandwerk sind wir inzwischen auch beim Bachelor angelangt. Man hat die klassische Ausbildung, beendet diese mit der Gesellenprüfung, kann dann – mit der entsprechenden Berufserfahrung – sich zum Meister ausbilden lassen. Nach dem Meister kann man den Bachelor in Zusammenarbeit mit der FH Lübeck machen. Hat international darüber hinaus die Möglichkeit, verschiedene Weiterbildungen in anderen Ländern zu machen. Man kann sich als Pädakustiker spezialisieren oder als Audiotherapeut arbeiten. Es gibt also viele Möglichkeiten, sich in diesem Beruf zu spezialisieren und weiterzubilden.
Danke, Herr Gottwald, für Ihre Zeit.
Direkt im Anschluss haben wir mit Frau Oberhauser über ihre Ausbildung in Wolnzach und ihre Erfahrungen als Hörgeschädigte in diesem Beruf gesprochen. Sie ist 19 Jahre alt und beginnt gerade ihr drittes Lehrjahr. Seitdem sie zwölf Jahre alt ist, trägt sie selbst ein Hörgerät. Doch hören Sie selbst …
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