Pierre Hanitsch ist Projektmanager bei der Wirtschaftsförderung Brandenburg.
Herr Hanitsch, was macht Ihre Region als Gründungsstandort einzigartig?
Brandenburg ist eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen in Deutschland. Das Bundesland bildet gemeinsam mit Berlin eine zentrale Metropolregion im Herzen Europas. Hier sind große wie kleine Unternehmen zuhause. Die Branchenvielfalt sowie die multiplexe Wissenschaftslandschaft aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Land macht Brandenburg zu einem attraktiven Standort für Kooperationen und neue Geschäftsfelder.
Gründerinnen und Gründer werden von einem zusammengewachsenen Netzwerk verschiedenster Akteure intensiv und individuell über den gesamten Gründungs- und Unternehmenszyklus hinweg begleitet. So erhalten Gründungsinteressierte von Anfang an kostenfrei Zugang zu allen relevanten Informationen und haben erfahrene Expertinnen und Experten an der Seite, um die Gründung optimal vorzubereiten, umzusetzen, Stolpersteine zu vermeiden und durchzustarten. Passgenaue Förderprogramme runden die Unterstützungsleistungen ab. Auch bei der Vernetzung mit relevanten Partnerinnen und Partnern, z.B. in die Wissenschaft, zu Kooperationspartnern, zur Fachkräfteakquise oder zur Internationalisierung, erhalten Gründerinnen und Gründer unkompliziert Zugang. Brandenburg bietet so einen „rund-um-sorglos-Service“ – über Landkreis- und Bundeslandgrenzen hinweg.
In der „Initiative Gründen in Brandenburg“ sind alle wichtigen Existenzgründungsakteure in Brandenburg vereint, um das Gründungsgeschehen in Brandenburg gemeinsam weiter voranzubringen. Die Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind die Bündelung und Kommunikation von Informationen über Gründungen in Brandenburg, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Gründungen sowie das Anwerben von Partnerinnen und Partnern und potenziellen Geldgebenden.
Wie entwickeln sich die Gründungszahlen in den letzten 5 Jahren in Ihrer Region?
Wenngleich sich der deutschlandweite Trend des Gründungsrückganges auch in Brandenburg abzeichnet, so konnte sich Brandenburg insbesondere in den letzten Jahren zu einem dynamischen Gründungsland entwickeln und befindet sich nach dem aktuellem KfW-Gründungsmonitor, als einziges der ostdeutschen Bundesländer, unter den Top 5 Bundesländern.
Wo kann man ansetzen, um das regionale Gründungsgeschehen zu beleben?
Die Belebung des Gründungsgeschehens hängt vom Zusammenspiel verschiedener Aktivitäten und aller Akteure ab. Wesentliche Elemente sind z.B.:
- dass alle Akteure zusammengebracht werden und dass sich alle Akteure als Teil eines Gründungsökosystems verstehen und sich in diesem Bewusstsein mit ihren gründungsfördernden Kompetenzen in die Community einbringen.
- gemeinsame Veranstaltungen verschiedenster Akteure, die die Zusammenarbeit stärkt und alle Zielgruppen ansprechen.
- Präsenzschaffung für das Thema Gründung in Form von frühzeitiger Sensibilisierung zum Thema Gründung (ab Schule und Studium), gezielter Information und Öffentlichkeitsarbeit, individueller Beratung von Gründungsinteressierten und Darstellung von erfolgreichen Gründungen sowie den dazugehörigen Gründungspersönlichkeiten.
- Wecken von verborgenen Potentialen, wie migrantische Gründungen oder Gründungen im Nebenerwerb.
- Schaffung bzw. Unterstützung der notwendigen Infrastruktur, wie Co-Working Spaces, Breitbandausbau, Finanzierung, leicht zugänglichen Unterstützungsmöglichkeiten.
Wie kann man (vor allem junge) Gründungsinteressierte dabei unterstützen, Ihre Gründungsidee in die Tat umzusetzen? Haben Sie spezielle Unterstützungsangebote für Frauen und Migranten?
Um die Gründungsinteressierten bei der Verwirklichung ihrer Gründungsidee zu unterstützen, stellt das Land Brandenburg ein regional verfügbares und kostenfreies Beratungs- und Qualifizierungsangebot bereit, das für alle Zielgruppen zugänglich ist. Im Rahmen des Businessplan-Wettbewerbs Berlin-Brandenburg (BPW) können Gründungsinteressierte zudem sukzessive ihren Geschäftsplan erstellen, ihr Unternehmen aufbauen, sich im Rahmen von zahlreichen kostenfreien Workshops / Seminaren weiterbilden und bei den Netzwerkveranstaltungen des BPWs wertvolle Kontakte mit anderen Gründerinnen / Gründern, Banken und Förderern knüpfen. Durch die enge Kooperation aller regionaler Akteure mit der Investitionsbank des Landes (ILB), Hausbanken und der Bürgschaftsbank, können frühzeitig Finanzierungskonzepte erarbeitet und umgesetzt werden.
Die bisherigen Erfahrungen mit der Zielgruppe der jungen Gründungsinteressierten zeigen, dass diese aufgrund der guten Arbeitsmarktlage weniger aus der Not heraus gründen, sondern eher aus der Motivation heraus, sich mit ihrer eigenen Geschäftsidee selbst zu verwirklichen. Die kammerweit agierenden drei Gründungswerkstätten für junge Leute in Brandenburg bieten daher ein maßgeschneidertes Angebot zum Ausprobieren und Verwirklichen der Gründungsidee an.
Die Förderung von Frauen ist als Querschnittsaufgabe in allen Bereichen unserer Gründungsförderung berücksichtigt. Um das Unternehmertum von Frauen in der Öffentlichkeit zu würdigen, wird alle zwei Jahre im Rahmen des Unternehmerinnen- und Gründerinnentags vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg ein Preis ausgelobt. Wir, die Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB), engagieren uns seit Jahren als Regionalverantwortliche für das Land Brandenburg in der „bundesweite gründerinnenagentur (bga)“. Wir stehen in Kontakt mit allen frauenspezifischen Netzwerken, wie z.B. dem Unternehmerinnen Netzwerk im Land Brandenburg.
Mit dem Lotsendienst für Migrantinnen und Migranten besteht ein spezielles Beratungsangebot für Personen mit Migrationshintergrund im Land Brandenburg, das bereits vor der Gründung ansetzt. Nach der Gründung besteht über das IQ-Projekt Qualifizierung von Migrantenunternehmen die Möglichkeit, die migrantischen Unternehmen beim weiteren Wachstum zu unterstützen.
Ergänzend unterstützen wir als Wirtschaftsförderung Brandenburg bei innovativen, komplexen Vorhaben aller Zielgruppen.
Inwiefern hat die Pandemie das Gründungsgeschehen in Ihrer Region beeinflusst?
Im Hinblick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie wurde im Jahr 2020 insgesamt ein sinkendes Gründungsgeschehen im Land Brandenburg festgestellt (Institut für Mittelstandsforschung Bonn = -11,7 %, KfW-Gründungsmonitor = -11%, Gewerbeanmeldungen beim Amt für Statistik Berlin-Brandenburg = -2,2). In der Phase des Lockdowns stellten die Gründungsinteressierten ihre Gründungsvorhaben kurzfristig oder ganz zurück. Die Nachfrage der Gründungsinteressierten nach Beratung und Qualifizierung im Rahmen der Existenzgründungsrichtlinie des Landes Brandenburg und bei den Kammern (IHKs, HWKs) war jedoch nahezu ungebrochen, da die Gründerinnen und Gründer insbesondere die Zeit im Jahr 2020 und 2021 nutzten, um ihre geplanten Vorhaben auf die veränderten Rahmenbedingungen im Zuge der Corona-Pandemie anzupassen. Hierbei waren z.B. die Themen der krisenfesten Finanzierung, der Aufbau digitaler Geschäftsmodelle oder der Einsatz von Social-Media zur Erreichung von potenziellen Kundinnen und Kunden für die Gründenden von besonderem Interesse.
Vielen Dank für Ihre Einblicke!
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