Da schickt der Jugendliche seine Bewerbung, absolviert das Bewerbungsgespräch erfolgreich und schon hat er seinen Ausbildungsplatz sicher, beginnt seine Ausbildung zwei Monate später und der neue Azubi wie sein Ausbildungsbetrieb sind gleichermaßen glücklich bis zu seinem Renteneintritt. So in etwa hört sich die Märchenversion der Nachwuchskräftegewinnung an. Die Realität heutzutage sieht leider anders aus und erfordert viel mehr Initiative, aber auch Geduld seitens der Betriebe. Und darüber hinaus gehend das Verständnis, dass mit Beginn der Berufsorientierungsphase der Jugendlichen – die man guten Gewissens in Klasse 7 verorten kann – bis hin zur konkreten Lehrstellensuche viel passiert, viele ein Wörtchen mitzureden haben. Eine der Personengruppen, die für Betriebe noch nicht im Fokus steht, aber durchaus in Einzelfällen sogar entscheidend sein kann, sind die Eltern. Im Rahmen einer Interviewreihe mit teilnehmenden Betrieben des Berliner RingPraktikums, Auszubildenden, Lehrern und Eltern gehen wir in diesem Artikel insbesondere auf die Konstellation Praktikant-Eltern-Unternehmen ein.
Sascha Behrendt ist 17 Jahre alt. Frei von Zurückhaltung oder gar Angst plaudert er über seine Zeit, seine Eindrücke und Erfahrungen während des RingPraktikums. Für die Ausbildung waren die drei Wochen des Praktikums sehr hilfreich. „Ich konnte viele Einblicke gewinnen und entscheiden, was für mich das Richtige ist. So nutzte ich die Zeit viel effektiver und konnte gleich drei Betriebe kennenlernen – und auch verschiedene Bereiche der Arbeitswelt“, so der angehende Veranstaltungstechniker. Und ergänzt: „In der Schule weiß man vorher nicht, wie es in der Praxis aussieht.“ Entsprechend wertvoll waren für ihn die gesammelten Erfahrungen.
Bei Britze Elektronik und Gerätebau GmbH absolvierte er eine der drei Stationen des RingPraktikums. Rückschauend lernte er vieles kennen, erinnert sich der 17-Jährige noch gut und erzählt vom Zusammenstellen der Bauteile für die Platinen, dem Löten, der Kontrolle und dem Verpacken – das habe ihm viel Spaß gemacht.
Mit Christoph Rabitsch, dem Fertigungsleiter bei Britze, unterhalten wir uns später. Er betreut die Azubis und auch Praktikanten in der Fertigung. Das Praktikum im Allgemeinen wie das RingPraktikum im Besonderen seien für ihn ein wichtiger Bestandteil bei der Suche nach den richtigen Kandidaten für eine Ausbildung. „Dort erkennen Praktikanten und der Betrieb, ob man gut zusammenpasst“, sagt Rabitsch. Und wie beginnt so ein Praktikum? Zunächst erfolgt eine Unterweisung und man unternimmt zusammen einen Firmenrundgang. Die Abteilungen, die der Praktikant durchlaufen wird, lernt er so gleich am ersten Tag kennen. Aber nicht nur der Ablauf des Praktikums ist wichtig. Der Fertigungsleiter hat einen Tipp parat für andere Betriebe, die ihrem Praktikum das gewisse Etwas geben wollen: „Die Attraktivität eines Praktikums steigt mit der Verantwortung, die man Praktikanten überträgt. Je mehr Verantwortung sie übernehmen können, desto mehr macht es ihnen in der Regel auch Spaß – man merkt es deutlich.“
Und wie sehen die Eltern die Praktika und Ausbildungsplatzsuche? Sascha wird von seinem Vater Stefan Behrendt begleitet, daher fragen wir ihn einfach, ob es für die Eltern wichtig sei, das Unternehmen kennenzulernen, in dem das eigene Kind ein Praktikum absolviert oder später gar eine Ausbildung anfängt. Ein klares Ja. „Ich wollte das Unternehmen kennenlernen, weil ich der Meinung bin, nicht nur ein bisschen mitreden zu können, sondern auch zu sehen, ob es das Richtige ist, was mein Kind anstrebt – oder vielleicht ihm doch noch ein paar Tipps und Ratschläge zu erteilen.“ Auf die Frage jedoch, ob er Anteil an der Entscheidung hatte, wo und was für eine Ausbildung sein Sohn absolviere, verneinte er: „Wenn sich das Kind etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht er das auch so durch.“
Allerdings – und das zeigen viele Beispiele – sind es immer wieder auch die Eltern, die ein Betrieb für sich gewinnen und von sich überzeugen muss, damit der Sprössling seine Ausbildung dort wirklich macht. Daher sollten Betriebe danach trachten, auch mit den Eltern ins Gespräch zu kommen – schaden kann es nie.