Der kontinuierliche Verbesserungs-Prozess
Kontinuierliche Verbesserung (KVP) kann ein sehr wirksames Instrument der Personalentwicklung sein, das das Lernen im Prozess der Arbeit wie auch das unternehmerische Denken der Mitarbeiter unterstützt.
Außerdem leistet KVP Wissensmanagement in der Produktion und erzielt erhebliche Produktivitätssteigerungen.
Seit 2004 nutzt das Management der FEINGUSS BLANK GmbH in Riedlingen in den Bereichen Produktion, Instandhaltung und Kontrolle das Wissenspotenzial der 400 Mitarbeiter für Verbesserungen, um die Effizienz des Unternehmens zu steigern.
Ganz bewusst entschied sich die Unternehmensleitung für eine KVP-Methode, die vorrangig die Mitarbeiter “an der Basis” anspricht und mit der die vielen alltäglichen, wenig komplexen Probleme in relativ kurzer Zeit bearbeitet werden können. Mittlerweile ist ein Großteil der Mitarbeiter in Prozesse der kontinuierlichen Verbesserung integriert, es gibt 20 ausgebildete Moderatoren, die die Mitarbeiter darin unterstützen.
Was hat sich durch KVP bei Blank verändert?
Die anvisierten ökonomischen Effekte traten in vielfältiger Form auf. Heute werden Flächen und Hilfsmittel besser genutzt, Ausschussanteile und Nacharbeitskosten konnten gesenkt, der Materialeinsatz verringert werden, Arbeitsabläufe wurden vereinfacht. Die Arbeitsplätze insgesamt sind heute sauberer, es wurden neue, “pfiffige” Hilfsmittel konstruiert.
Beispiel: Herstellung von Gussformen verbessert
Ein Beispiel dafür findet sich bei der Herstellung der Gussformen. Das zu gießende Teil wird zunächst in Wachs hergestellt, herum wird in mehreren Arbeitsgängen die Form geklebt, beim Gießvorgang schmilzt das Wachs wieder. Früher benutzte man bei Blank einfache, in ihrer Größe unveränderbare Holzkisten, auf die die Wachsbäume während des Klebevorgangs aufgelegt wurden.
Das Handling war für die Mitarbeiter sehr umständlich, denn die Bäume unterscheiden sich stark in Länge und Durchmesser. Je nach Baumtyp waren die Mitarbeiter gezwungen, zwischen Kiste und Baum Keile zu unterlegen oder den Holzrahmen provisorisch zu verlängern. Eine äußerst wacklige Angelegenheit, oft brachen die Behelfskonstruktionen auseinander, die Bäume fielen herunter.
Heute verwenden die Mitarbeiter in Breite, Länge und Höhe variable Metallrahmen, in denen die unterschiedlichen Baumtypen fixiert werden. Mit dieser von den Mitarbeitern erarbeiteten Lösung konnte der Ausschussanteil in diesem Bereich gesenkt und der Arbeitsablauf stabilisiert werden.
“Nebeneffekte” des KVP
Nach Aussage von Mitarbeitern und Moderatoren hat sich KVP auch auf die “weichen” Faktoren ausgewirkt. So hat sich etwa das Miteinander und das Betriebsklima verbessert; die Mitarbeiter haben mehr Freiräume, ihre Ideen und Vorschläge werden ernst genommen; sie sind zufriedener.
Neben diesen typischen KVP-Effekten entstanden bei Blank aber auch Effekte, die eher im Bereich der Personalentwicklung anzusiedeln sind. “Ganz nebenbei” haben die Mitarbeiter gelernt Prioritäten zu setzten, präziser zu kommunizieren, Dinge auf den Punkt zu bringen und diese auch einzufordern.
Sie erweitern in den Sitzungen ihr Fachwissen, lernen Ursache-Wirkungs-Beziehungen kennen, setzen sich konstruktiv mit anderen Meinungen, Ideen und Interessen auseinander, hören sich gegenseitig mehr zu und respektieren sich. Sie lernen, warum vermeintlich “gute” Ideen oft nicht in die Praxis umgesetzt werden können und was alles berücksichtigt werden muss, damit ein Vorschlag realisiert werden kann.
Nicht wenige sind mittlerweile in der Lage, Probleme in einem größeren Zusammenhang zu sehen, gewohnte Abläufe oder Leistungen kritisch zu hinterfragen und Verbesserungspotentiale zu erkennen. Manche entwickeln in einem gewissen Maß unternehmerisches Denken (z.B. welche Auswirkungen hat ein bestimmtes Problem auf den Planzeiterreichungsgrad?) und erkennen, dass Entscheidungen von verschiedenen zum Teil einander widersprechenden Kriterien beeinflusst werden. Wie war das möglich?
KVP in vier Phasen
KVP bei Blank ist ein System, das aus vier Phasen besteht: Sammeln und Bewerten der Themen, Durchführung der KVP-Sitzungen, Begutachtung der Lösungsvorschläge und Realisierung der Maßnahmen. Dieses System wird gestützt und gesteuert durch drei organisatorische Einrichtungen:
- KVP-Koordinatoren, bei denen ein Großteil der Informationen über das System zusammenläuft,
- Entscheidergremium, dem die Steuerung des Systems obliegt,
- Controlling-Programm, das alle wichtigen Daten erfasst und diese dem System in Form von Auswertungen zur Verfügung stellt.
1. Sammeln und Bewerten der Themen:
Jede Gruppe bzw. Abteilung erstellt gemeinsam mit ihrem Moderator zwei- bis dreimal im Jahr einen sogenannten Problemspeicher. Aufgabe der Mitarbeiter ist es dabei, folgende Fragen zu beantworten: Was hindert uns immer wieder daran, unsere Arbeit zu erledigen? Warum haben wir unsere Ziele (Planzeiterreichungsgrad, Kosten pro Umsatz-Euro, Ausschuss, Mehraufwand, rückständige Aufträge je Woche, Krankenstand) nicht erreicht? Hierzu schreiben alle Mitarbeiter dieser Gruppe Probleme sowie Behinderungen bei der täglichen Arbeit allgemein oder in direktem Zusammenhang mit diesen Kennzahlen auf Kärtchen, die in der Folge gemeinsam besprochen und mittels Punkten in ihrer Bedeutung gewichtet werden. Durch das Punkten wird Wichtiges von weniger Wichtigem getrennt und gemeinsam festgelegt, in welcher Reihenfolge die Gruppe die Themen bearbeiten möchte. Im Anschluss daran wird im Problemspeicher schriftlich festgehalten, welche Mitarbeiter an welchen KVP-Sitzungen teilnehmen, wer die Sitzungen moderiert und wann diese stattfinden.Die beiden Fragestellungen zeigen: Fehler sind bei Blank nichts, was vertuscht werden muss, sondern Anlass, bestimmte Abläufe oder Leistungen kritisch zu hinterfragen, zu korrigieren – und hierbei auch immer zu lernen. Daher werden in die Problemspeicher nicht nur die Themenvorschläge der Mitarbeiter aufgenommen, sondern auch Probleme aus Sicht der Vorgesetzten (z.B. Meister) sowie der vor- und nachgelagerten Stellen.
2. Durchführung der KVP-Sitzungen
Unter Leitung eines Moderators bearbeiten in den KVP-Sitzungen Kleingruppen (3-6 Personen) die zuvor fixierten Probleme durch eine strukturierte Vorgehensweise (4 Schritte) in einer begrenzten Zeit (ca. eine Stunde) und entwickeln Lösungsvorschläge. Als Arbeitsmittel dient dabei das KVP-Poster. Es enthält neben den Arbeitsschritten die identifizierten Ursachen für ein Problem, gibt Aufschluss über deren Bewertung und dient als Protokoll für die erarbeiteten Lösungsvorschläge.
Haben die Teilnehmer zu Beginn der Sitzung das Problem genau abgegrenzt und sich auf die Formulierung geeinigt, werden im nächsten Schritt die Ursachen des Problems ermittelt, gemeinsam besprochen und anschließend im KVP-Poster geordnet. Im dritten Schritt werden die Ursachen bewertet. Für die als wichtig erachteten Ursachen werden im vierten Schritt Lösungsvorschläge erarbeitet und Verbindlichkeiten festgelegt (wer macht was bis wann?), die im Poster dokumentiert werden.
3. Begutachtung der Lösungsvorschläge
Bei der Umsetzung der Lösungsvorschläge haben die Gruppen eine gewisse Autonomie. Erst wenn sie ein bestimmtes Budget überschreiten, müssen sie von einem Entscheidergremium (zwei bis drei Führungskräfte) begutachtet und verabschiedet werden. Die Entscheider sind weniger als hierarchische Kontrollinstanz zu sehen, sondern vielmehr als coachende Instanz, die Vorschläge auf deren Plausibilität prüft und evtl. Änderungen / Ablehnungen nachvollziehbar begründet.
Dazu muss das Entscheidergremium die Lösungen in ihrer Gesamtheit erfassen: Erkennen, welche Ursachen das Problem hervorgerufen haben und aus welchen Gründen die Gruppe zu ihren Vorschlägen kam. Daher präsentiert der Moderator die Arbeit der Gruppe nach einem ganz bestimmten Schema und steht während der Begutachtung zur Klärung von Verständnisfragen zu Verfügung.
4. Realisierung der Maßnahmen
Die verabschiedeten Maßnahmen werden in der Folge umgesetzt, wobei der Moderator die sach- und zeitgerechte Umsetzung kontrolliert. Stellt er Verzögerungen oder Abweichungen fest, reklamiert er.
Die Erfolgsfaktoren
Das Beispiel Blank zeigt, dass KVP ein sinnvolles Instrument der Personalentwicklung sein kann, wenn bestimmte Faktoren berücksichtigt werden:
- Im Mittelpunkt der Problemlöseprozesse stehen die Ideen, das Wissen und Können der Mitarbeiter.
- Es müssen verschiedene “Plattformen” vorhanden sein, in denen regelmäßig ein intensiver Gedankenaustausch über den betrieblichen Alltag stattfinden kann.
- Auf diesen Plattformen sollten Mitarbeiter unterschiedlicher Hierarchieebenen miteinander ins Gespräch kommen, damit die Kommunikation zwischen “oben” und “unten” intensiviert wird und Mitarbeiter mehr Hintergrundwissen bekommen.
- Die Kommunikation muss zielorientiert und präzise gestaltet werden; die Elemente Moderation, Visualisierung und Dramaturgie (systematischer Ablauf der verschiedenen Treffen) sollten konsequent eingesetzt werden.
- Um unternehmerisches Denken zu fördern, sollte das Sammeln der Probleme an Abteilungs- bzw. Unternehmensziele / -kennzahlen gekoppelt werden.
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