„Haben die kein WhatsApp?“ Ein wenig erstaunte mich die Frage meines 16 jährigen Neffen, der ein Unternehmen zum Angebot eines Schülerpraktikum anfragen wollte.
Nach der JIM Studie 2016 versenden 95 % der 12 – 19 Jährigen mehrmals täglich text- und bildbasierte Nachrichten mit WhatsApp. Im Vergleich zu Instagram und Snapchat und Co. liegt WhatsApp uneinholbar an der Spitze. Das Versenden von E-Mails ist für 40 % der zumeist 17 – 19 jährigen Jugendlichen alltäglich.
Im Arbeitsalltag vieler Unternehmen sind die sozialen Kommunikationsmedien noch nicht angekommen. Die Bewerberkommunikation passt nicht mehr zu den Anforderungen des heutigen Ausbildungs- und Fachkräftemarktes. Ein Unternehmen bewirbt sich bei Interessierten auch mit modernen Kontaktmöglichkeiten.
Die Stadtwerke Velbert sind neue Wege gegangen. Seit dem Frühjahr 2017 ist die Personalabteilung für Fragen rund um Stellenangebote, Ausbildung und Praktika per WhatsApp erreichbar. Wir fragen die Personalreferentin Bärbel Krohn nach ihren bisherigen Erfahrungen aus dem Modellprojekt und welche Tipps sie an Unternehmen weitergeben kann.
Frau Krohn, Sie sind telefonisch, per E-Mail und online über die Webseite erreichbar. Warum jetzt auch per WhatsApp?
Wir haben die Erfahrungen gemacht, dass gerade Jugendliche zwischen 16 und 19 keine E-Mails mehr lesen, geschweige denn darauf antworten. Für sie ist das ein überaltertes Medium. Zudem telefonieren insbesondere die jüngeren Schüler und Schülerinnen ungern. Angesichts des Nachwuchskräftemangels stellten wir uns die Frage, wie wir schnell in persönlichen Kontakt mit den Jugendlichen treten können. Faktisch jeder Jugendliche hat ein Handy und kommuniziert auch darüber und WhatsApp erschien uns als die pragmatischstes Lösung.
Wie sollen wir uns das vorstellen? Und welche Fragen werden an Sie gerichtet?
Auf der Homepage und jeder Stellenanzeige weisen wir über die Kontaktmöglichkeit mit WhatsApp hin. Dort steht auch die Telefonnummer eines ausschließlich dafür genutzten Handys. Es gibt keine WhatsApp-Gruppe mit Externen und wir werben nicht über diesen Kanal.
Die Fragen, die mich über WhatsApp erreichen, sind sehr allgemein. Schüler und Schülerinnen fragen nach Angeboten zu Praktikumsplätzen. Angehende Azubis wollen wissen, ob es sich noch lohnt sich zu bewerben. Fachkräfte und Aushilfen fragen nach einer offenen Stelle oder dem Bewerbungsprozess. Ich antworte schnell und in einer wenig formalen Sprache. In Zeiten, in der Stellenanzeigen geschaltet sind, gehen verdichtet Anfragen ein. In der Sommerpause waren es eher weniger.
Kommt Ihr Angebot bei den Menschen an? Und sind die Stadtwerke Velbert als Arbeitgeber attraktiver geworden?
Definitiv ja. Wir bekommen Grund weg positive Rückmeldungen und werden vor allem von den Jüngeren als modernes Unternehmen wahrgenommen, das auf Augenhöhe kommuniziert. Zudem erreichen wir ein größeres Talentpool, denn die Anzahl der Anfragen über die klassischen Medien sind konstant geblieben.
WhatsApp in einem Unternehmen einzuführen ist sicherlich neu? Welche Tipps können Sie Unternehmen mit auf den Weg geben?
Am Wichtigsten ist es, frühzeitig die Geschäftsführung, den Betriebsrat und die Fachbereiche IT und Recht mit einzubeziehen. Legen Sie gemeinsam die Rahmenbedingungen und Regeln fest und verabreden Sie eine Testphase.
Um die Sicherheit zu gewährleisten, sollten Sie dieses firmeneigene Handy ausschließlich für die WhatsApp-Kommunikation nutzen. D.h. richten Sie keine weiteren Apps ein, die Verbindung zu interne Informationssysteme herstellen könnten.
In der Testphase ist es sinnvoll, die Zuständigkeit in die Hand einer Person zu legen, die kompetent Auskunft geben kann und im Umgang mit hochsensiblen Daten vertraut ist.
Zum Abschluss noch die Frage: Haben Sie neue Mitarbeiter gewonnen und wollen Sie in Zukunft die Handynutzung noch weiter einbinde?
In der Tat konnten wir fünf neue Mitarbeiter und Auszubildende in diesem Zeitraum einstellen. Viel wichtiger ist aber, dass es uns mit wenig Bordmitteln gelungen ist, auf sehr persönliche Ebene mit der jungen Generation in Kontakt zu kommen.
Persönlich nehme ich wahr, dass die Kolleginnen und Kollegen aufgeschlossener und weniger skeptisch dem Modellprojekt gegenüber sind. Unsere neuen Mitarbeiter, insbesondere die Auszubildenden, nutzen den WhatsApp-Kanal jetzt weiter, um gerade in der ersten Zeit schnellen Kontakt zur Personalabteilung zu halten und somit schnelle Antworten auf ihre Fragen zu bekommen. Es gibt sogar erste Überlegungen dahingehend, WhatsApp Gruppen für die interne Kommunikation zwischen Auszubildenden und dem Personalbüro einzurichten. Dies ist ein Projekt, welches wir nach noch offenen Fragen zum Thema Datenschutz gerne zügig einführen möchten.
Herzlichen Dank für diese Einblicke!
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