Bei der Westermann GmbH & Co. KG aus Denkendorf gehört das Digiscouts-Projekt schon fast zum regulären Ausbildungsgeschehen. Dieses Jahr hat der Innenausbaubetrieb mit rund 80 Beschäftigten schon zum vierten Mal in Folge seine Azubis am Projekt Digiscouts teilnehmen lassen. Über die Beweggründe zur Teilnahme und den Nutzen des Projektes sprechen wir mit dem Ausbildungsleiter Raphael Knecht. Er hat selbst im Jahr 2014 seine Ausbildung zum Technischen Zeichner bei der Westermann GmbH & Co. KG absolviert und arbeitet heute im technischen Büro in der Arbeitsvorbereitung sowie der Projektleitung. 

 Ihr habt bisher vier Mal in Folge am Projekt Digiscouts in der Region Stuttgart teilgenommen. Welche Projektideen wurden denn im Rahmen des Projektes bisher umgesetzt?

Wir haben das erste Mal 2018 am Projekt Digiscouts teilgenommen. Damals wurde eine digitale Ladeliste von den Azubis bei uns im Betrieb eingeführt. Danach kam das digitale Kantenlager, letztes Jahr dann das Intranet bzw. das digitale schwarze Brett und bei der diesjährigen Runde in der Region Stuttgart haben sich unsere Azubis sich die digitale Werkzeugverwaltung vorgenommen.

Wurden diese Ideen denn nachhaltig im Unternehmen integriert?

Alle unsere Projekte sind vollständig integriert und werden täglich aktiv genutzt. Ein großer Meilenstein war damals die Einführung der digitalen Ladeliste. Für jede erstellte Stückliste wird heute automatisch auch eine Liste für die Kommissionierung generiert. So ist alles digital verknüpft, was uns einen umfassenden Überblick verschafft. Sowohl die Mitarbeitenden in der Auftragsverarbeitung als auch in der Fertigung nutzen diese Ladeliste täglich. Das gesamte System war natürlich nicht sofort nach dem sechsmonatigen Digiscouts-Projekt einsatzbereit, aber wir haben es kontinuierlich weiterentwickelt.

Ähnlich verhält es sich mit dem digitalen Kantenlager. Auch wenn es nicht von allen genutzt wird, ist es besonders für uns im technischen Büro unerlässlich, um den Überblick über den Bestand zu behalten, bevor neue Kanten bestellt werden. Über unser Branchenprogramm kann ich schnell nach Farbcodes filtern, sehe, welche Kanten im Lager sind, welchem Lagerplatz sie zugeordnet sind, und wie viele Meter noch verfügbar sind.

Auch unser im letzten Jahr eingeführtes Intranet findet immer mehr Anwendung. Zwar gibt es noch vereinzelt Ausdrucke am Schwarzen Brett, aber Themen wie Mitarbeiterinformationen und allgemeine Ankündigungen werden mittlerweile fast ausschließlich über das Intranet kommuniziert. Dazu gehören auch Umfragen zur Prozessoptimierung oder Einladungen zum Firmen-Grillen.

Gibt es weitere Projekte, die nach den Digiscouts-Projekten mit den Azubis umgesetzt wurden?

Wir haben eine „Digi-Taskforce“ im Betrieb gegründet, die sich um notwendige Digitalisierungsprojekte bei uns im Hause kümmert. Teil der „Digi-Taskforce“ sind eigentlich alle Azubis sowie Gesellinnen und Gesellen des Unternehmens. Es werden immer kleine bis mittelgroße Themen oder auch Prozesse untersucht, ausgearbeitet und für alle Mitarbeitenden dann in Besprechungen erklärt.

Ein großer Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass man Beschäftigte hat, die am Ball bleiben, sich immer wieder wo „reinfuchsen“ und sich zu Experten für ein Thema entwickeln – eigentlich wie beim Digiscouts-Projekt.

Ist das auch der Grund warum ihr am Digiscouts-Projekt teilnehmt? 

Digiscouts bietet unseren Azubis die Möglichkeit ein „Projekt zu ihrem Eigenen zu machen“. Dabei können die Azubis neue Fertigkeiten erlangen, wie z.B. Zeitplanung, Meilensteine setzen, ein Projekt leiten und selbstständig arbeiten. Sie lernen sich einfach selbst auch besser einzuschätzen – und wir sehen gleichzeitig, was so in den Azubis steckt.

Andere positive Nebeneffekte sind natürlich auch, dass die Azubis mit den Kolleginnen und Kollegen aller Abteilungen ins Gespräch kommen, das Unternehmen richtig kennen lernen und verstehen wie es „tickt“. Zusätzlich wird über den im Digiscouts-Projekt gesetzten Rahmen und den Kontakt zu einem externen Coach ein gesunder Erfolgsdruck erzeugt, der sich positiv auf die Azubis und den Projektverlauf auswirkt. Viele Erfahrungen, die die Azubis machen, ähneln eben auch unserem Projektgeschäft und das fördert enorm. Auch die Azubis sagen, dass die Projektteilnahme keine Belastung, sondern eine Bereicherung war, die sie persönlich und fachlich weitergebracht hat.

Es steigert natürlich auch die Attraktivität der Ausbildung und wird im Gespräch mit Bewerbenden angesprochen. Da spüren dann zukünftige Azubis auch, dass man in der Ausbildung nicht nur irgendwelche vorgefertigten Aufträge abarbeitet, sondern Vertrauen entgegengebracht bekommt, eigene Projekte verfolgen und damit die Zukunft des Unternehmens mitgestalten kann. Das kommt gut an.

Wenn wir schon von der Attraktivität eurer Ausbildung sprechen. Bekommt ihr denn genügend Bewerbungen und wenn ja, was macht ihr dafür?

Ich denke, wir sind in einer recht komfortablen Lage und erhalten eine gute Anzahl an Bewerbungen. Wir sind aber auch auf verschiedenen Veranstaltungen präsent, wie zum Beispiel bei den Firmeninfotagen an Partnerschulen. Dort sind wir regelmäßig vertreten, insbesondere in Bezug auf das Schreinerhandwerk.

Wir bekommen aber auch immer wieder Bewerbungen über die Agentur für Arbeit, ebenso über unsere Website und Social-Media-Kanäle wie Instagram. Im kaufmännischen und technischen Büro sowie der Schreinerei haben wir jedes Jahr durchschnittlich etwa zwei bis vier Auszubildende, die eine Ausbildung beginnen. In diesem Jahr sind fünf Azubis in drei Berufsbildern bei uns gestartet.

Wie läuft bei euch der Bewerbungsprozess ab?

Nach einem ersten Bewerbungsgespräch laden wir die Interessenten oft zu einem Praktikum von zwei bis drei Tagen ein, damit wir die Fähigkeiten der Bewerbenden besser einschätzen können und sehen, ob sie ins Team passen – was ja auch ein wichtiger Faktor ist.

Gibt es eigentlich auch Erfolgstories von Azubis die besonders vom Digicouts-Projekt profitiert haben?

Prinzipiell bilden wir unsere Azubis aus, um sie nach der Ausbildung in ein normales Angestelltenverhältnis zu übernehmen. Deswegen sind auch Azubis, die bei unseren bisherigen Digiscouts-Projekten mitgewirkt haben, nach wie vor im Unternehmen tätig.

Meist kristallisiert sich mit der Zeit heraus, in welchen Abteilungen bzw. in welchem Themenbereich sich der/die jeweilige Mitarbeiter/in besonders gut auskennt und dort vermehrt tätig ist. Zum Beispiel hat ein ehemaliger Azubi und Digiscout mittlerweile die Verantwortung als Projektleiter für das größte Digitalisierungsprojekt in der Geschichte des Unternehmens und übernimmt Führungsverantwortung im Team. Den Grundstein für diese Entwicklung hat auch die Teilnahme am Digiscouts-Projekt vor einigen Jahren gelegt: er konnte in dem damaligen Projekt seine Stärken zeigen und ausbauen und wir haben diese Stärken erkannt und entsprechend gefördert.

Das Projekt Digiscouts gehört für euch ja beinahe schon zum regulären Ausbildungsgeschehen. Welche Rolle übernimmt aus deiner Sicht das Projekt für euch Ausbilder und Ausbilderinnen?

Das ist eine sehr gute Frage. Ich denke, das Projekt übernimmt tatsächlich einige Aspekte des Ausbildungsplans wie z.B. das Thema Selbstständigkeit und die Fähigkeit, sich in neue Themen einzuarbeiten. Das wird in diesem Fall dann nicht direkt von uns betreut, sondern von euch. Dadurch werden uns als Unternehmen einige Aufgaben abgenommen.

Ich sehe deshalb das Projekt als eine wertvolle Unterstützung, wodurch die Auszubildenden einige Fähigkeiten unabhängig von uns erwerben können. Besonders interessant ist natürlich auch die Möglichkeit, bei Digiscouts-Veranstaltungen in Kontakt mit anderen Unternehmen zu kommen und zu sehen, wie dort die Ausbildung abläuft – unabhängig von der Berufsschule. Ich finde dieses Konzept nach wie vor großartig.

Vielen Dank für das Interview und den Einblick in eure Ausbildung!

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  • © Raphael Knecht / Privat/Non-kommerziell – Azubi_Projekt_Knecht.jpg

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