Es ist nicht so, dass es keine Menschen gibt. Aber im gewerblichen Bereich kriegen wir Fachkräfte ganz schwer. Für manche Berufsgruppen sind wir sechs Monate am Suchen.
So beschreibt Christian Veser, Geschäftsführer der VEMA technische Kunststoffteile GmbH, die Lage am Arbeitsmarkt. Als kompetenter und zuverlässiger Full-Service-Partner für Produktentwicklungen, Kunststoffverarbeitung, Werkzeugbau und Spritzguss steht die VEMA ihren Kunden seit Jahrzenten zur Seite. Die Produktpalette umfasst über 1.800 verschiedene Teile. Vom optischen Bauteil für die Automobilindustrie bis zum wasserführenden Teil im Sanitärbereich reicht das Portfolio. Christian Veser führt das mittelständische Unternehmen, welches fest verwurzelt im schönen Hinterland des Bodensees liegt, bereits in zweiter Generation. Eine wirtschaftsstarke Region und entsprechend hart ist der Kampf um kompetente und zuverlässige Arbeitskräfte.
Deshalb steckt das Unternehmen viel Engagement in seine Personalarbeit. Die VEMA ist ein anerkanntes Ausbildungsunternehmen der Handelskammern und bietet zudem die Möglichkeit, ein duales Studium zu absolvieren. Damit sollen unterschiedliche Personengruppen angesprochen und Mitarbeitende, die sich weiterqualifizieren möchten, gehalten werden. Ein weiteres Standbein ist das Anlernen von Quereinsteigenden. Auch an der Steigerung seiner Arbeitgeberattraktivität arbeitet das Unternehmen stetig: Gleitzeitmodelle und mobiles Arbeiten erleichtern es u.a. Teilzeitkräften, Beruf und Familie zu vereinen. Vielfältige Qualifizierungsangebote verbessern das Teamklima und bringen neue wichtige Impulse. Auch das Thema Mitarbeiterführung spielt für Christian Veser eine wichtige Rolle: "Alle Führungskräfte bekommen ein Coaching. Man muss da einfach mit der Zeit gehen, denn Mitarbeitende wollen heute anders angesprochen, motiviert und geführt werden als früher." Diese Professionalität spiegelt sich auch nach außen wider: Auf prominent platzierten Karriereseiten bekommen Interessenten beispielsweise durch authentische Videos Einblicke ins Unternehmen.
Mitarbeitende entlasten und neue Kapazitäten schaffen dank der Unterstützung von Cobots
Daneben setzt VEMA auf Automatisierung. "Wir versuchen im Wesentlichen nicht, Leute zu ersetzen, sondern zu ergänzen. Wir schauen, wie wir die Arbeitsbedingungen noch weiter verbessern können," beschreibt Christian Veser seine progressive Strategie. Deshalb setzt er auf kollaborierende Roboter sogenannten Cobots – Roboter, die Hand in Hand mit den Mitarbeitenden arbeiten.
Wir versuchen mit den Cobots die ganzen monotonen, routinierten Aufgaben sozusagen abzugeben, wie z.B. das Verpacken oder das vom Band nehmen von Teilen, damit unsere Mitarbeitenden Tätigkeiten ausführen können, die ihnen mehr Entscheidungsspielräume lassen und sie mehr fordern.
Am Anfang seines Automatisierungsprozesses setzte sich VEMA intensiv und doch spielerisch mit dem Thema auseinander: "Wir haben zunächst eine Taskforce gebildet, und zwar mit Mitarbeitenden aus dem Werkzeugbau, der die Anlagen später baut, dem Spritzguss, der sie verwendet, aus der Konstruktion, dem Projektmanagement und mir aus der Geschäftsführung, um das Thema voranzutreiben. Wir haben uns angeschaut, was die unterschiedlichen Systeme können und die Mitarbeitenden befragt."
Die Wahl fiel bewusst auf Cobots: "Der Cobot ist langsamer als ein Industrieroboter und er ist auch nicht ganz so präzise. Aber die Akzeptanz ist bei uns im Mittelstand das größte Thema. Wenn die Mitarbeitenden die Maschine nicht mögen, wird sie nie problemlos laufen. Und da hat der Cobot psychologisch gesehen riesige Vorteile. Die eine Sorgen rund um Automatisierung, insbesondere bei den in alle Richtungen beweglichen 6-Achs-Robotern, gibt es ja immer: Sie ersetzt mich oder schlägt mir den Schädel ein." Da der Mitarbeitende den Roboter jederzeit einfach mit der Hand stoppen kann, benötigt dieser auch nicht immer einen Schutzzaun wie viele andere gängige Roboterlösungen. Auch einen Wegfall von Arbeitsplätzen verneint Christian Veser. Das minimiert Ängste und begünstigt die Akzeptanz der Cobot-Kollegen in der Belegschaft, die ihnen sogar eigene Namen gegeben hat. Bruno, Elfriede, Günter, Jürgen und Elsa können von den Maschineneinrichtenden nach einer Onlineschulung selbst programmiert werden. "Die Usability passt. Unsere Mitarbeitenden müssen nicht fünf Stunden am Laptop sitzen und programmieren, sondern nehmen das Ding und richten alles in fünf Minuten ein. Fertig." Damit ist der Cobot sehr flexibel einsetzbar und perfekt, um auch kleinere Serien zu automatisieren.
"Als nächstes haben wir den Cobot auf den blanken Tisch gestellt und haben im Automatisierungsteam angefangen damit zu spielen.", beschreibt Christian Veser den letzten Schritt in die Umsetzung.
Wir haben geschaut, was er kann. Das würde ich immer wieder so machen. Sie müssen die Mitarbeitenden da einfach mit ins Boot nehmen.
Danach wurde geklärt, wo Cobots eingesetzt werden sollen und was das Unternehmen dafür braucht: "Wie organisieren wir unsere Prozesse neu? Auf welche Lösungen stellen wir den Cobot, damit er als Verpacker dienen, worauf, damit er nachts Teile vom Band nehmen kann? Muss er verschiedene Greifer halten können oder reicht einer? Wie arbeitet er mit anderen bereits im Einsatz befindlichen Robotern zusammen?"
Attraktiver und effizienter dank Automatisierung
VEMA hat bislang nur gute Erfahrungen gemacht und eineinhalb Jahre nach Projektstart verstärken bereits fünf Cobots die Mitarbeitenden der Produktion.
Wir haben die Auslastung unserer Maschinen von 85% auf 90% erhöht und konnten einige zusätzliche Projekte annehmen, weil wir dadurch die Möglichkeit haben, über Nacht zu arbeiten.
"Auch die Planbarkeit erhöht sich, denn Mitarbeitende können krank werden, Cobots nicht." Die Qualität steigt, da sich die Mitarbeitenden auf das Wesentliche konzentrieren können. Ein weiterer wichtiger Vorteil: Während die Mitarbeitenden tagsüber in einem Zwei-Schicht-System arbeiten, läuft nachts eine "Geisterschicht". Möglich wird das durch den Einsatz von Cobots. Die Mitarbeitenden kommen am nächsten Morgen wieder ins Spiel, um die nachts produzierten und verpackten Teile optisch zu prüfen. Trotz Automatisierung wurde kein Mensch ersetzt, im Gegenteil: Die Cobots machen die Arbeit sinnstiftender und attraktiver.
VEMA hat viel investiert, um sich weiterzuentwickeln und als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. "Viele Dinge brauchen sehr viel Kraft zur Umsetzung, da muss man sich als "Kleiner" zusammenreißen. Automatisierung und Digitalisierung kosten auch sehr viel Geld. Es ist aber unglaublich was es bringt."
Es gibt wahnsinnig viele Möglichkeiten und nach unseren Erfahrungen ist es durchaus realistisch, Cobots auch in noch wesentlich kleineren Unternehmen einzusetzen. Man muss dafür vielleicht einfach mal einen anderen Weg denken.
Das Unternehmen:
VEMA technische Kunststoffteile GmbH
Branche: Kunststoffspritzguss
Mitarbeitende: 80
Ort: 72505 Krauchenwies-Göggingen
URL: www.vema-gmbh.de
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