Jasmin Arbabian-Vogel ist Gründerin und Geschäftsführerin der Interkultureller Sozialdienst GmbH in Hannover. Am 1. Februar 2016 feiert ihr Unternehmen Interkultu-reller Sozialdienst GmbH 20-jähriges Jubiläum. Inzwischen beschäftigt sie etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Nationen, die Pflegedienste leisten für Menschen mit verschiedenen kulturellen, sprachlichen und religiösen Wurzeln sowie Lebenssituationen. Für ihr Engagement wurde die zweifache Mutter 2008 mit dem Stadt-Hannover-Preis geehrt.

Frau Arbabian-Vogel stammt aus dem Iran, spricht fließend Farsi und informiert die Anruferinnen beim Aktionstag natürlich auch in dieser Sprache.

Frau Arbabian-Vogel, was hat Sie dazu inspiriert, sich direkt nach Ihrem Studium mit einem Interkulturellen Sozialdienst Selbständig zu machen?
Dafür gab es im Grunde drei verschiedene Motivationen. Am meisten zur Entscheidung beigetragen hat wohl meine eigene Zuwanderungsgeschichte. Meine Familie stammt ursprünglich aus dem Iran. Das Verlassen der Heimat ist in gewisser Weise der zweite Grund. Denn ich habe beobachtet, dass Menschen, die schon einmal „etwas hinter sich lassen“ mussten, das Risiko mitunter weniger scheuen. Zum dritten hat die damalige Einführung der Pflegeversicherung die Gründung von Pflegediensten im Allgemeinen und damit auch meines Unternehmens begünstigt.

Hatten Sie am Anfang Angst davor, zu scheitern?
Natürlich war eine gewisse Sorge stets latent spürbar. Hätte ich aber wirklich Angst gehabt, hätte ich es sicher nicht durchgezogen. Ich habe beobachtet, dass die Angst vor dem Scheitern bei Menschen mit Migrationshintergrund insgesamt geringer ist. Sie mussten bereits einmal ganz von vorn anfangen, das stärkt den Glauben an sich selbst. Außerdem scheint mir, dass es in Deutschland keine „Kultur des Scheiterns“ gibt. Scheitern wird als Schwäche gesehen, nicht als ein Zeichen des Strebens nach Erfolg. In der iranischen und anderen Kulturen wird das anders gesehen.


Njeri Kinyanjui, Gründerin und Geschäftsführerin der Hottpott Saucen Manufaktur. Njeri Kinyanjui machte sich im Jahr 2009 mit einer außergewöhnlichen Geschäftsidee Selbständig: Die gebürtige Kenianerin stellt in ihrer Manufaktur afrikanische Saucen, Chutneys, Pasten und Pestos her. Sie verkauft sowohl in ihrem Laden als auch online sowie in vielen Feinkostläden in der Region. „Afrikanische Gelassenheit und schwäbische Tüchtigkeit“ sind dabei ihr Geheimrezept. Die 52-Jährige hat aber nicht nur ihr Hobby zum Beruf gemacht, auch in der Politik ist die Geschäftsfrau mit Migrationshintergrund schon seit vielen Jahren aktiv. Als Mitglied des Gemeinderats von Reutlingen wirkt sie bei der Integration von Migranten mit und ermutigt Menschen auf ihrem Weg in die Selbständigkeit. Im Interview gibt sie Erfahrungen weiter, die sie persönlich auf dem Weg zur Unternehmerin sammeln konnte, und berichtet, welche Rolle ihr kultureller Hintergrund dabei gespielt hat.

Frau Kinyanjui, was waren die größten Herausforderungen bei der Gründung Ihres Unternehmens?
Das größte Problem war anfangs, die passenden Räumlichkeiten zu finden: Für die Saucenherstellung benötigt man nicht nur Platz, sondern auch ein Umfeld, das sich von den dabei entstehenden Küchendüften nicht behelligt fühlt. Deshalb sind wir auch hier im ländlichen Raum nördlich von Reutlingen gelandet.

Sie können anderen Frauen mit Migrationshintergrund also nur empfehlen, sich Selbständig zu machen?
Auf jeden Fall, und nicht nur Frauen sollten diese Chance und die Gründungsfreudigkeit nutzen, die in manchen Kulturen selbstverständlicher ist als in Deutschland. Die Möglichkeiten am Arbeitsmarkt sind in einigen Ländern deutlich begrenzter, und so versucht man, auf eigenen Beinen zu stehen – dabei muss nicht alles gleich perfekt sein. In der Anfangsphase packt oft die ganze Familie mit an.

Über die Initiative "FRAUEN unternehmen"

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) möchte Frauen ermutigen, ihre Fähigkeiten, Talente und Qualifikationen für die Umsetzung ihrer Geschäftsideen und den Aufbau erfolgreicher Unternehmen einzusetzen. Dazu hat das BMWi die Initiative "FRAUEN unternehmen" gestartet. Gemeinsam mit der bundesweiten gründerinnenagentur (bga) wurde ein Netzwerk aus rund 180 von einer Jury ausgewählten "Vorbild-Unternehmerinnen" aufgebaut. Ziel ist es, andere Frauen zur beruflichen Selbständigkeit zu ermutigen und Mädchen für das Berufsbild „Unternehmerin“ zu begeistern.

Die "Vorbild-Unternehmerinnen" stammen aus dem gesamten Bundesgebiet. Vertreten sind sowohl Einzelunternehmerinnen als auch Unternehmerinnen mit mehreren hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nahezu alle Branchen werden abgedeckt.

Zentrale Anlaufstelle für alle an der Initiative Interessierten ist die Nationale Koordinierungsstelle beim RKW Kompetenzzentrum.

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