Mit Herz und Avocadobums zu Frankfurts neuem Superteig-Start-up (Teil 2)
Das Gründen ist beiden nicht ganz unbekannt: Marc hat bereits einen stilvollen Sex-Toy-Shop und eine Design- und Grafikagentur aufgebaut, Matthias eine Online-Pokerschule. Ein gemeinsames Gründerprojekt mit der Dating-App "fumaki" gab´s auch schon. Jetzt mischen sie mit ihrem "Superteig" aus Chia- und Leinsamen Frankfurts Street-Food-Märkte und -Festivals auf.
Nach all den Erfahrungen, die ihr in den letzten Monaten gesammelt, aber auch weiter gegeben habt, wie lautet euer erstes Zwischenfazit übers Gründen?
Matthias: Gründen bedeutet eine 100-Stunden-Woche – Gleichzeitig lernt man nirgendwo mehr als in der Gründungsphase. Das erfüllt mich extrem.
Marc: Gründen macht gerade der Intensität wegen Spaß. Es ist erfüllend, selbst entscheiden zu können was und wie man etwas angeht. Man sieht das eigene Baby wachsen und geht fast täglich mit einem guten Gefühl ins Bett, wieder etwas geschafft zu haben.
Gibt es da einen besonderen Augenblick, an den ihr euch zurückerinnert?
Marc: Zum Beispiel als wir morgens um halb zwei, nach einem anstrengenden Verkaufstag und darauffolgendem Abend ein Catering für fast 100 Personen ausgerichtet haben, in einem Kiosk in Sachsenhausen standen und in Rekordzeit zwei Tafeln Ritter Sport verdrückten.
Matthias: Oder als wir vor knapp drei Wochen zum ersten Mal aus dem Foodtruck verkauften, was gefühlte 1.000 Prozesse vereinfachte – bis dahin hatten wir stets hunderte Kilo an Material mit Carsharing zum Markt bzw. Festival gebracht, aufgebaut, verkauft und wieder abgebaut bzw. nach Hause transportiert...
Euer Gründerleben klingt nach schönen, aber auch sehr anstrengenden Tagen. Habt ihr denn überhaupt noch ein Privatleben?
Matthias: Es muss einem bewusst sein, dass das Privat- mit dem Arbeitsleben vermischt wird. Der große Unterschied zum Angestelltenverhältnis ist: Du kannst hier nicht einfach untertauchen, mitschwimmen und kaffeetrinken. Das kannst du dir als Start-up nicht leisten, bzw. wenn du es tust, musst du die Stunden eben hinten dranhängen.
…oder ihr holt euch Unterstützung in Form von Mitarbeitern? Ist Wachsen überhaupt schon ein Thema für euch?
Marc: Ja, wir wollen wachsen und haben grosse Pläne. Wir möchten Lizza einem bundesweiten Publikum schmackhaft machen. Dafür sind wir mittelfristig auf der Suche nach Mitarbeitern, Foodies, Gastroverliebten und Neudenkern.
Würdet ihr, um zu wachsen, in der Region die passenden Fachkräfte für euer Start-up finden?
Matthias: Die Frage ist ob wir es schaffen, das Unternehmen so aufzubauen, dass es auch von anderen "bedient" werden kann. Wir sind (noch) kein Hightechunternehmen mit zwingend nötigem Spezialwissen in komplexen Wissenschaften. Unsere zukünftigen Mitarbeiter müssen Spaß an Kommunikation haben, smart, geschickt und flink sein und Begeisterung rund um gutes Essen mitbringen. Die Prozesse zu vereinfachen und das Produkt zu standardisieren ist unsere Aufgabe. Je besser uns das gelingt, desto einfacher wird die Suche nach Mitarbeitern.
Könntet ihr euch vorstellen, nach einer Weile auch etwas in den Hintergrund zu treten und anderen die Arbeit zu überlassen?
Matthias: Uns beide kann man momentan noch nicht komplett ersetzen, weil wir die Geschichte hinter Lizza mitverkaufen. Wir bekommen momentan noch Kundenfragen wie zum Beispiel: Wie seid ihr auf die Idee mit dem Teig gekommen? Unsere große Aufgabe wird es sein: Das Produkt von uns als Personen loszulösen. Der Fokus sollte auf dem Produkt liegen und nicht auf uns als Gründer.
Marc: Im Moment kaufen die Kunden uns als Gründer tatsächlich mit. Wir als Person machen wohl noch ein beträchtliches Stück am "Lizza-Kuchen" aus.
Was wünscht ihr euch an staatlicher Unterstützung für euer Start-up?
Matthias: Die Behörden sollten sich Zeit nehmen, mit uns zu reden, anstatt auf Basis eines Businessplans mit künstlich herbeigezauberten Zahlen über einen möglichen Gründungszuschuss zu urteilen. Gerade im Gespräch findet man heraus, ob eine Gründungsidee und vor allem das Gründerteam Potenzial haben oder nicht.
Marc: Anstelle von Dokumentationspflichten und auferlegter Bürokratie möchten wir lieber Zeit in die Weiterentwicklung unseres Produkts investieren. Wir wollen ein großes Unternehmen aufbauen, Arbeitsplätze schaffen und weniger Diskussionen mit dem Steuerberater führen, ob am Verkaufsort X die 7-Prozent oder 19-Prozent-Mehrwertsteuer-Regel zutrifft.
Noch eine allerletzte Frage, dann habt ihr es geschafft: Ihr steckt mit Lizza zwar noch in den Kinderschuhen, aber was ist euer persönliches "Geheimrezept", damit es mit dem Start-up klappen kann?
Matthias: Ich glaube, dass wir Erfolg haben werden, weil wir sehr vieles kritisch hinterfragen und gleichzeitig von verschiedenen Seiten Anregungen aufnehmen und einbringen. Uns interessiert nicht so sehr, was "man normalerweise macht" – vielmehr interessiert uns, wie man Dinge machen sollte, wenn man die Chance hat, sie neu zu erdenken. Marc: Wenn ich alle Ratschläge, Hinweise und Tipps auf das absolut Wichtigste kondensieren müssten, käme diese "Schlüsselformel" dem Nike Slogan ziemlich nahe. JUST DO IT. Du hast wahrscheinlich knapp 80 Jahre auf diesem Planeten. Mach was draus. Fang an, fall um, steh auf, mach weiter. Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten und schwersten, wichtigen Schritt.
Vielen lieben Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg mit Lizza!
Noch mehr persönliche Infos über die beiden Gründer Matthias und Marc und ihre Lizza gibt es auf ihrer Website. Appetit auf eine Lizza bekommen? Wo die beiden mit ihrem Foodtruck unterwegs sind, steht im Veranstaltungskalender.
Hier geht´s zum ersten Teil des Interviews.
Update der Redaktion (08.09.2016)
Inzwischen ist über ein Jahr vergangen, bei Lizza hat sich inzwischen einiges verändert.
Matthias, was ist seit unserem Interview im letzten Jahr alles bei Lizza passiert?
Nach dem Interview ging ein langer Weg für uns los, da wir uns entschlossen hatten, den Foodtruck abzugeben, um in eine eigene Produktion zu investieren. Von September 2015 bis Februar 2016 haben wir uns dazu entschlossen, alles in die Produktentwicklung zu investieren. Wir konnten eine alte Backstube anmieten, haben sie grundgereinigt und Maschinen gemietet, gekauft und geliehen, um zu zweit zu produzieren. Wir haben entschieden, den reinen ausgerollten Teig zu verkaufen, damit die Kunden diesen zuhause belegen und backen können. Als Verkaufsstrategie wählten wir zunächst den Onlineshop, was ein großes Wagnis war, da es bisher noch keinen Onlineshop für rohen Superfood Teig gibt.
Mitte Februar ging es los und bis heute haben wir mehr als 11.000 Bestellungen generieren können, sind seit dieser Woche in über 300 Supermärkten und haben ein Team mit zehn tollen Mitarbeitern. Wir erhalten viel tolle Promo in Social Media und in Zeitungen, konnten den "Food Invention 2016" Preis gewinnen und sind glücklich über die unglaubliche Lernkurve.
Wir (Anmerk. der Red.: Marc und Matthias) verstehen uns nach wie vor prima, haben uns aber dazu entschlossen, mit unseren jeweiligen Freundinnen zusammenzuziehen, weswegen wir nun nicht mehr gemeinsam in einer Wohnung leben. Es wurde eigentlich nur stressiger, aber wir können besser damit leben, dass die To-Do-Liste nie leer ist und auch mal Feierabend sein darf.
Das große Ziel ist nun unsere Lizza im Markt zu etablieren, das Produkt noch viel besser zu machen und weitere Produkte in dieser Richtung zu entwickeln.
Am 27. September werden Lizza bei VOX in der Sendung "Die Höhle der Löwen" um einen oder mehrere Investoren pitchen! Wen werden die beiden Jungs überzeigen? Jochen Schweizer, Ralf Dümmel, Judith Williams, Frank Thelen oder Carsten Maschmeyer? |
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Wir sind gespannt, wie es für die beiden Gründer weitergeht und drücken natürlich die Daumen! Selbstverständlich bleiben wir an Lizza und ihrer erfolgreichen Gründungsgeschichte dran.
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