Der Markt für Erzieherinnen und Erzieher ist sehr eng. Das Angebot entspricht auch nicht immer unseren Qualitätsvorstellungen und wir stehen im Wettbewerb zu anderen Arbeitgebern, die möglicherweise attraktivere Angebote machen können“, beschreibt Michael Jersch, Personalratsvorsitzender, die Situation der Stadt Eschborn als Arbeitgeber.
Die Gemeinde in unmittelbarer Nähe zu Frankfurt am Main hat 21.000 Einwohner, pro Tag kommen 31.000 Pendler hinzu. Das Image der Stadt und die Qualität der Kinderbetreuungsangebote sind wesentlich für die Ansiedlung junger Familien. Damit das so bleibt, werden optimale Arbeitsbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten für 181 Erzieherinnen und Erzieher in den sechzehn Einrichtungen angestrebt. Denn die monetären Spielräume sind eher begrenzt. Im Rahmen eines Pilotprojektes „Fit in die Zukunft“ und mit der fachlichen Unterstützung des RKW Hessen konnten 2014 auf der Grundlage von Altersstruktur- und Krankenstandsanalysen sowie von Einzelinterviews mit Beschäftigten Lösungsansätze für eine zukunftsfähige Arbeitsgestaltung in den Kindertagesstätten entwickelt werden.
Potenziale erkennen
Während die Altersstruktur in den Kitas aktuell nur wenige Beschäftigte über 55 Jahre aufweist, kann in 10 Jahren mit einer Verdoppelung in dieser Altersgruppe, das heißt mit einem Anteil von 25 Prozent, gerechnet werden. Es stellte sich deshalb die Frage, wie es weiterhin gelingt, junge Beschäftigte einzustellen und dauerhaft an den Arbeitgeber zu binden. Wie sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Familienphase möglichst rasch wieder in den Beruf zurückzuholen? Welche Rolle spielen dabei flexiblere Arbeitszeiten? Andererseits fehlten Erfahrungen, ob möglicherweise ältere Mitarbeiter zu einer Aufstockung von Arbeitszeit motiviert und welche Belastungen reduziert oder vermieden werden können, um deren Leistungsfähigkeit und -bereitschaft zu unterstützen. Denn die Untersuchung des Krankenstandes hatte ergeben, dass der allgemeine Trend eines mit dem Alter steigenden Anteils von Langzeiterkrankungen, auch in den Kitas zu finden ist.
„Spielen Sie mal als nicht besonders sportlicher Endvierziger eine viertel Stunde Fußball mit einem Sechsjährigen, da stoßen Sie ganz schnell an Ihre Leistungsgrenzen,“ so Michael Jersch und nennt dabei ein Beispiel für die körperlichen Belastungen, denen Erzieher ausgesetzt sind. Heben und Tragen von Schützlingen, in die Hocke gehen, auf kleinen Stühlen sitzen, über niedrige Tische beugen, auch schon mal unter die Bank kriechen. Jeder kann sich vorstellen, dass das im wahrsten Sinne des Wortes „auf die Knochen“ geht und mit fortschreitendem Alter eine Herausforderung darstellt.
Aber es gibt auch ordentlich was auf die Ohren in den Kitas: Der Lärmpegel erreicht nicht selten ein grenzwertiges Niveau. Folgerichtig rangierten die Belastungen durch Lärm mit an der Spitze der in den Interviews festgestellten Gefährdungen nach den Klagen über eine hohe Arbeitsdichte.
Belastungen reduzieren
In einer Lenkungsgruppe wurden zunächst Möglichkeiten zur Lärmdämmung eruiert. Mit baulichen Maßnahmen (geräuschdämpfende Bodenbeläge, Lärmampeln), Lärmmessungen in den Räumen und in der Außenanlage sowie Ausweichmöglichkeiten in Tobe-Raum und Fluren sind bereits Erfahrungen gesammelt worden. Die Fachkräfte in den ausgewählten Pilot-Kitas erhielten „Lärm- und Zuhörtagebücher“, die sie für das eigene Verhalten und das der Kinder sensibilisieren sollten. Eine Fortbildung diente unter anderem dem Kennenlernen von Spielen zur Geräuschwahrnehmung und zum bewussten Einsatz der Stimme. Die Nutzung von Hörbüchern in der pädagogischen Arbeit und die Auswirkungen von Lärm auf das Sprachverstehen von Kindern wurden thematisiert. Aus diesen Qualifizierungsmaßnahmen gingen Ideen für weitere lärmdämpfende Maßnahmen hervor, die zum Teil kostengünstige, aber dennoch effektive Lösungen darstellten, etwa Wachstuch- bzw. Moltondecken auf Esstischen und Filzgleiter für Tische und Stühle. Darüber hinaus wurde die Installation von Holztrennwänden oder Türabdichtungen angeregt.
Dem Thema Verringerung der Arbeitsdichte näherte man sich in der Personaleinsatzplanung durch die Entwicklung eines einheitlichen Prototyps für alle Einrichtungen und das Erstellen eines „Plan B“ für Personalausfälle. Die gemeinsame Erarbeitung von Richtlinien zum richtigen Verhältnis von Projektarbeit und persönlicher Betreuung der Kinder wurde angeregt. Dem Verwaltungsaufwand sollte unter anderem durch die Vereinfachung von Formularen entgegengetreten werden. Im Bereich der Kommunikation sollte eine Einigkeit über die Auslegung der Kita-Satzung für den Umgang mit Eltern erzielt werden. Ferner wurde die Erarbeitung von Regeln für den Email-Verkehr und die telefonische Erreichbarkeit geplant.
Die Maßnahmenentwicklung und -umsetzung erfordert einen langen Atem. Es ist sehr wichtig, Lösungsansätze und Umsetzungsstände zu dokumentieren, denn das Tagesgeschäft oder Ereignisse wie der Erzieherstreik 2015 bringen immer wieder Verzögerungen in ein Projekt“, so Michael Jersch.
Und so geht’s weiter…
In der nächsten Zeit soll für das Thema Lärm über die Pilot-Kitas hinaus in allen Einrichtungen sensibilisiert werden. Fachtagungen und Workshops für Kita-Leitungen und MitarbeiterInnen werden angeboten. Beratungen durch die Gemeinnützige Stiftung Zuhören sind geplant. Bauliche Aspekte, die die Lärmbelastung verringern, werden gesammelt und bei künftigen Neubauten berücksichtigt.
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