Medizinisches Fachwissen und physiologische Fähigkeiten sind selbstverständliche Lerninhalte in der Ausbildung zur Pflegekraft. Was aber viele nicht wissen, ist, dass auch die Dokumentation individueller Pflegeprozesse der Klienten einen weiteren Schwerpunkt in der Ausbildung zur Pflegekraft bildet. Mit diesem Thema hat sich das sechsköpfige Team der Alten- und Pflegezentren des Main-Kinzig-Kreises, oder kurz APZ-MKK, im Projekt „Auszubildende als Digitalisierungsscouts“ beschäftigt und damit die „digitale Praxisanleitung“ ins Leben gerufen.
Wie es zum Projekt „digitale Praxisanleitung“ kam
Wie in nahezu allen Projekten, so wurde auch im APZ-Azubiteam zunächst gebrainstormt – damals mit noch zwölf Azubis. Die ersten Ideen waren zum einen die Einführung von Barcodes, über welche die digitalen Patientenakten abgerufen werden können, und zum anderen ein Mitarbeiterportal – à la Intranet mit individuellem Login. Es folgten noch drei weitere Ideen:
- ein digitaler Info-Bildschirm mit Notfallplan für die Mitarbeiter, mit dem Ziel, Hinweise und Informationen direkt zu kommunizieren bzw. zu teilen – geht bspw. in der Einrichtung ein Virus um, erscheint auf dem Bildschirm „Achtung! Norovirus im Wohnbereich 5“. Entsprechend könnten Pfleger und Pflegerinnen reagieren und so Ansteckungspotentiale minimieren.
- die digitale Essenbestellung – ähnlich dem <link fachkraeftesicherung/praxisbeispiele/digitalisierung-schenkt-den-menschen-zeit/>Digiscouts®-Projekt vom AZURIT-Azubiteam</link>.
- Last but not least, die digitale Praxisanleitung.
Ohne Frage, keine dieser Ideen lässt Zweifel am Nutzen zu, am liebsten hätten wir alle Ideen kombiniert und umgesetzt – weil sie einfach so gut und hilfreich sind. Aber man muss auch realistisch bleiben, denn eine Projektlaufzeit von sechs Monaten ist schnell vorbei. Und mit dem Digiscouts®-Projekt wollten wir vor allem auch unseren Azubis etwas Neues bieten. Deshalb war es uns sehr wichtig, dass sich die Azubis mit dem Projekt identifizieren können.
– Nils Kornherr, Referent für Digitalisierung bei APZ
Das APZ-Azubiteam entschied sich, für das Projekt digitale Praxisanleitung, welche sie der Geschäftsführung vorstellen.
Der Leitsatz der Azubis:
Bessere Ausbildung, bessere Fachkräfte, mehr Zufriedenheit bei den Bewohnern!
überzeugte auch die Geschäftsführung.
Die Strukturierte Informationssammlung (SIS) in drei Sätzen:
Die Abkürzung SIS steht für strukturierte Informationssammlung und stellt ein Modul im Umgang mit einer Pflegesoftware dar. Inhaltlich bildet SIS eine der vier Ebenen im vierstufigen Pflegeprozess. Durch SIS wird eine, an den individuellen Bedürfnissen der pflegebedürftigen Person orientierte, Maßnahmen- und Pflegeplanung ermöglicht.
Die digitale Praxisanleitung der Zukunft
Ein paar Tage nach der Projektvorstellung hatte das APZ-Azubiteam das Go der Geschäftsführung schwarz auf weiß erhalten. Der Projektauftrag war unterschrieben und die Umsetzung der geplanten Meilensteine konnte beginnen:
- Kommunikation mit den beteiligten Abteilungen
- Planung, Gestaltung und Ausarbeitung der digitalen Oberfläche
- Praktischer Modellversuch + Beseitigung von möglichen Fehlern
- Abschlussveranstaltung
Parallel dazu erstellten die Azubis mithilfe des Dokuments SIS-Schüler fiktive Handlungsfälle und Handlungsabläufe, welche später von anderen Azubis bearbeitet werden sollen. Anschließend sortierten sie diese in Form von Lernkapitel, sodass Lerninhalte sich auch nach Themen filtern lassen. Ganz wichtig war auch die Sichtbarkeit von Lernfortschritten eines jeden Einzelnen, welche durch das Abarbeiten der Aufgaben zukünftig ermöglicht wird. Zudem wurde auf jedem Computer der Einrichtung ein Ordner für die Azubis angelegt, in welchem sie die Lerninhalte, Handlungsfälle und Handlungsabläufe digital vorfinden. Mit Beginn des Digiscouts®-Projekts wurde zudem die wöchentliche „Praxisanleitungsstunde“ für alle Azubis der gesamten Einrichtung eingeführt. Nach Projektende haben Besucher bei der Abschlussveranstaltung in Frankfurt am Main das Azubiteam gefragt, worauf sie besonders stolz wären. Die Antwort der Azubis:
Dass wir durch unser Projekt etwas umgesetzt haben, wovon alle profitieren, also die Azubis, die Mitarbeiter und die Bewohner; darauf sind wir besonders stolz.